Story
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Basislager
Jazz
Joshua
Redman betritt musikalisches Neuland
Er wird wie ein Popstar gehandelt, hofiert, gehätschelt, beneidet.
Joshua Redman winkt mit einem erfrischenden Lachen ab. Wer mich
kennt oder kennen lernt, weiß, dass dieser ganze Hype, der um meine
Person gemacht wird, für mich absolut keine Bedeutung hat. Ich hatte
damals das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und
in das Imageschema zu passen, das sich meine Plattenfirma vorstellte.
Ich bin sehr erfolgreich, so erfolgreich, wie manch anderer Jazzmusiker
auch sein sollte, aber aus unerfindlichen Gründen nicht ist. Natürlich
ruft so etwas Neid und Missgunst hervor, aber ich muss sagen, dass mich
meine Kollegen, zumindest an der Oberfläche, immer so respektvoll
behandelt haben wie ich sie.
Den
Respekt hat er sich auch verdient. Selbst Skeptiker müssen anerkennen,
das aus Dewey Redmans Sohn ein Musiker geworden ist, der sich stets um
Entwicklung bemüht und an der Ernsthaftigkeit seines Anliegens keinen
Zweifel lässt. Auch hat er sich, wie so viele seiner Kollegen aus
dem Rudel der young lions, nie verbiegen und für marktschreierische
Konzepte einspannen lassen, sondern immer schön seinen Weg verfolgt.
Der führte den Tenor-, Sopran- und Altsaxophonisten kürzlich
mit seinem Quartett ins Tonstudio. Mit dem Pianisten Aaron Goldberg, dem
Bassisten Reuben Rogers, Drummer Greg Hutchinson und dem Gastsaxophonisten
Mark Turner (er ist nicht nur einer meiner besten Freunde, sondern
einer der besten lebenden Jazzsaxophonisten) spielte Joshua Redman
sein gerade veröffentlichtes Album Beyond (Warner Classics
& Jazz) ein. Auf dem erreicht er ein beachtliches Level sowohl,
was die Qualität seiner Kompositionen als auch die Intensität
seines Spiels betrifft. Der Titel meiner CD hat eine musikalische
und eine persönliche Bedeutung. Aber das lässt sich wohl nicht
trennen, da Musik ja auch etwas Persönliches ist. Beyond
steht für Abenteuergeist, für die Suche nach dem Ungewohnten,
für Reisen ins Unbekannte. Mit meiner Band unternehme ich derzeit,
von der Basis des Jazz ausgehend, Ausflüge in ein Terrain, das noch
unerforscht ist, zumindest für uns. Die Kompositionen stammen aus
einer Zeit, in der ich anfing, immer mehr Aspekte meines Lebens zu hinterfragen.
Ich wollte meinem Leben eine gewisse Bedeutung beimessen, wollte mehr
mit der Welt verbunden sein. Mit anderen Worten: Ich befand mich in einer
Phase der spirituellen sowie philosophischen Suche. Und natürlich
meint Beyond auch eine mystische Ebene. Es liegt in der Natur
von Musik, dass wir sie, egal wie viel wir über sie wissen, wohl
nie hundertprozentig ergründen können. Nie gibt sie alle ihre
Geheimnisse preis. Das ist das Schöne, das Faszinierende an ihr und
für mich der Grund, immer weiterzumachen.
Ssirus
W. Pakzad
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