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Entspannt zurückgelehnt vor dem Klavier, mit fast provozierender Nonchalance die Bop-Geister beschwörend: So kennt man Claus Raible. Nun glänzt der 44-Jährige aber auch als Orches-terleiter Nicht erst seit seinen Studien bei der Piano-Legende Barry Harris in New York gilt Claus Raible als waschechter Bop-Pianist, getränkt mit Essenzen aus Bud Powells und Thelonious Monks Klavier-Stilistik. Dem Werk dieser beiden Bebop-Heroen hat der Münchner Pianist bereits ganze Live-Programme gewidmet, ebenso ihren legendären Kollegen Elmo Hope, Tadd Dameron oder Horace Silver. Für Claus Raible ist diese dauerhafte Liebe zum Bebop schlichtweg ein Bekenntnis zu höchster Qualität. Denn Bebop, so sagt er, „ist nach meinem Empfinden der komplexeste Stil – rhythmisch, melodisch und harmonisch. Hank Jones hat in einem Interview in hohem Alter erklärt, er habe es nie geschafft, diesen Stil komplett zu meistern – und das war keine Koketterie. Er hat das ganz ehrlich gemeint.“ Hank Jones habe auch, so Raible, darauf hingewiesen, dass der so saloppe Stilbegriff „Bebop“ eher unglücklich sei, weil er in seiner Flapsigkeit „in keiner Weise einer derart hoch entwickelten Stilistik gerecht“ werde. Ein eleganter Klavierstilist wie Claus Raible ist normalerweise im
konventionellen Trio-Format zu Hause: Drei Alben hat er bereits mit Klaviertrio
aufgenommen,
zuletzt „Don’t Blame Me“ auf Pirouet (2007). Als Arrangeur
aber sucht er Aufgaben, die darüber hinausgehen: Schon 1996 gründete
er ein Sextett mit drei Bläsern und hat dieses Konzept fünf
Jahre später auch auf dem Album „Loopin’ With Lea“ vorgestellt.
Nun hat Bayerns Bop-König erneut zugeschlagen: Diesmal allerdings
sind es nicht drei, nicht vier, sondern sieben Bläser: zwei Trompeter,
zwei Posaunisten, drei Saxophonisten. Raible nennt die Formation sein „BOP-chestra“. Seit 2009 gibt es das BOP-chestra, nun liegt das erste CD-Album vor, „A
Dedication To The Ladies“ (TCB), für das Raible sämtliche
Arrangements selbst geschrieben hat. Bei zwei Stücken – Hank
Jones’ „Angel Face“ und Quincy Jones’ „Jessica’s
Birthday“ – orientierte er sich dafür an historischen
Vorbildern, bei allen anderen vertraute er ganz der eigenen Fantasie.
Zum Beispiel bei „Blue Pearl“, Bud Powells Ballade für
seine Mutter: „Das Stück ist in Moll, und ich wollte den melancholischen
Charakter unterstreichen, indem ich das erste Thema mit Bariton- und
Tenorsaxophon im echten Unisono in tiefer Lage vorstelle.“ Das
Tempo ist gegenüber dem Original etwas gedrosselt, und auch die
Wahl der Solo-Instrumente (Baritonsax und Kontrabass) betont den melancholisch-sonoren
Klang. Ein weiteres Stück des Klavierhelden Bud Powell eröffnet
bereits die CD: „Cleopatra’s Dream“ – im Original
eine Trioaufnahme von 1958, bei Raible eine völlig überzeugende
Bigband-Nummer. Die Idee zu dieser „Verbeugung vor der Damenwelt“ kam Raible und dem Altsaxophonisten Brad Leali bei ihrer gemeinsamen Arbeit an Lealis Album „Maria Juanez“. Und natürlich ist Leali, der ehemalige Solist und Satzführer der Basie-Band, auch beim BOP-chestra wieder beteiligt. „Brad ist als Lead-Altist unschlagbar, nicht zu sprechen von seiner Soloarbeit“, sagt Raible über den Amerikaner, mit dem er auch ein gemeinsames Quartett leitet. Zu den kompetenten Solisten im BOP-chestra gehören außerdem – um nur drei zu nennen – der Posaunist Hermann Breuer, eine Legende der Münchner Jazzhistorie, der Tenorist Claus Koch, bestens bekannt als souveräner „Boperator“, sowie der Trompeter Steve Fishwick, einer der virtuosesten Hardbopper der englischen Jazzszene. Das Repertoire des BOP-chestras passt längst nicht mehr auf eine einzige CD – oder in ein einziges Konzert. Raible hat für die Band inzwischen auch Stücke aus dem Basie-Bandbook bearbeitet und denkt sogar darüber nach, ein komplett neues Programm zu erstellen – natürlich auf Bop-Basis, aber dennoch stilistisch nicht limitiert. „Du kannst in meiner Arbeit verschiedenste Einflüsse finden“, sagt er, „darunter auch Polyphonie oder Polytonalität. Ich fühle mich in keiner Weise an eine Dekade gebunden.“ Auf eines allerdings wird Claus Raible, der Klavier-Stilist, niemals verzichten: den Swing. „Zu swingen ist eine hohe Kunst und in Europa eine absolute Seltenheit. Hier scheint man sich mit binärer Rhythmik ungleich leichter zu tun. Nicht zu swingen mag im europäischen Jazz heute vielleicht als zeitgenössisch betrachtet werden, ein musikalischer Fortschritt ist es nicht. Jedenfalls empfinde ich Blues, Soul und das Element des Swing als essenziell, zeitlos und nicht stilgebunden. Bop jedenfalls muss swingen. Und muss Soul haben. Und Blues.“ Hans-Jürgen Schaal Aktuelle CD Claus Raible & The BOP-chestra: A Dedication To The Ladies (TCB, 2011) Diskografie als Bandleader Claus Raible Trio: Introducing (Organic Music, 2000) |
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