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„Der Jazz ist eine Mentalität“, betont Joe Kienemann im Gespräch mit der Jazzzeitung und damit drückt der frisch gebackene Träger des Bayerischen Jazzpreises die innige Verbundenheit aus, welche er im Laufe seines Lebens für diese Art von Musik entwickelte. Der gebürtige Heilbronner, der am 11. Mai seinen 68. Geburtstag feiert, konnte sich bekanntlich als ausdrucksstarker Jazzpianist ebenso einen Namen machen wie durch seine langjährige Tätigkeit als Radiomoderator im Rahmen vieler Jazzsendungen des Bayerischen Rundfunks.
Kienemann ist nach eigenen Angaben über die Klassik zum Jazz gekommen. Die Musik der US-Radiosender AFN oder „Voice of America“ in der amerikanisch besetzten Zone sowie später die amerikanischen Clubs im Nachkriegs-München haben ihn fasziniert und inspiriert. So fand der Wahlmünchner nach dem Studium in Tübingen im Jahre 1960 seine neue Heimat in der bayerischen Landeshauptstadt, der er bis heute zusammen mit seiner Gattin treu geblieben ist. Der Pianist, der anfangs auch gern mal zur Trompete griff, lernte das Jazzhandwerk von der Pike auf. „Wir haben richtig von vorn angefangen, in der Hot-Jazz-Zeit sozusagen“, erklärt Kienemann mit leuchtenden Augen beim Gedanken an „seine“ New-Orleans- und Dixieland-Phase. Man habe sich damals die gesamte Stilistik „über die Ohren aneignen müssen“, erst später in München habe der eine oder andere GI auch mal Noten mitgebracht. Ein Highlight in seiner Karriere sieht Kienemann in der Zusammenarbeit mit dem uruguayischen Schlagzeuger Aldo Caviglia in den achtziger-Jahren. „Mit Aldo Caviglia am Schlagzeug und Thomas Stabenow am Kontrabass erlebte ich mein erstes wirklich relevantes Trio“, schwärmt der Pianist. Caviglia habe in dieser Zeit „ganz authentische südamerikanische Rhythmen“ eingebracht, was äußerst inspirierend für das Trio gewesen sei. Die Triobesetzung mit Klavier, Bass und Schlagzeug hatte in Kienemanns Projekten immer Priorität und das soll auch in Zukunft so bleiben. Dabei fasziniert ihn an dieser Besetzung neben dem kammermusikalischen Aspekt auch immer die Herausforderung, Stücke, die für eine größere Combo mit Bläsern geschrieben sind, für diese minimalistische Art Jazz zu interpretieren, zu arrangieren. Im Rahmen eines Benefizkonzerts, das den Hurrican-Opfern der Jazzmetropole
New Orleans zugute kam, wurde Joe Kienemann nun am 29. März dieses
Jahres im Rathaussaal im niederbayerischen Straubing der Bayerische Jazzpreis
des Jahres 2005 verliehen, da er die Auszeichnung aus terminlichen Gründen
nicht bereits schon im Dezember persönlich entgegennehmen konnte. Der Preisträger präsentierte mit seinem aktuellen Trio, dem auch der junge Bassist Andreas Kurz und der Schlagzeuger Michael Keul angehören, im Rahmen des Preisträgerkonzerts eine stilistisch breite Palette aus Eigenkompositionen und originellen Arrangements, die vom Latin über Bebop bis hin zu originellen, jazzigen Volksliedbearbeitungen reichte. Unter den zahlreichen Musikerkollegen war neben Harald Rüschenbaum auch der Klarinettist Stefan Holstein, der das Trio für einige Nummern zum Quartett erweiterte. „Über den Bayerischen Jazzpreis freue ich mich außerordentlich, denn wenn man über viele Jahre hinweg seine Kollegen streichelt, freut man sich, wenn man auch mal selbst gestreichelt wird“, kommentierte Kienemann sympathisch bescheiden und doch nicht ohne ein klein wenig Hintergründigkeit die Entscheidung der Jury. Dem kann man guten Gewissens zustimmen. Stefan Rimek |
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