Stefanie Lottermosers neues Album: In-Dependence

Nach Stefanie Lottermosers letztem Album „Hamburg“, das letztes Jahr erschienen ist, wartet sie nun mit Ihrer brandneuen Aufnahme „In-Dependence“ auf und präsentiert darauf weiter konsequent ihre Vorliebe für dynamische Fusionklänge. Die geborene Münchnerin und zwischenzeitliche Wahlhamburgerin war schon immer neben dem Jazz, auch den Genres Funk, Soul und Pop verbunden. In der Tradition des klassischen Fusionsounds der 80er Jahre stellt sie mit ihrer Band auf der CD „In-Dependence“ elf Eigenkompositionen vor, die inhaltlich bei den von ihr auf dem Album gesungenen Texten einen ganz persönlichen biografischen Einblick wiedergeben. Musikalisch ist sie nach wie vor auf funkig soulige Sounds abonniert, die sie mit ihrem Saxophonspiel seit Jahren stetig weiter entwickelt hat. Echtes Händchen für Jazzgroove Schaut man sich die aktuelle Akzeptanz, etwa von Wolfgang Haffners Dream Band, an weiß man, dass sich musikalisch ein Fusionrevival anbahnt. Eines muss man Stefanie Lottermoser lassen, sie hat über die Jahre ihre eigene Sprache gefunden, ein echtes Händchen für den Jazzgroove und begeistert mit dem Sound die Zuhörer. Ihre Mitstreiter Keyboarder Maik Schott, Martin Ziaja am Bass und Schlagzeuger Felix Lehrmann runden den homogenen Lottermoser-Sound ab. Die Melodien sind eingängig, …

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Gregor Hübner mit „Preludes“ aus dem Lockdown auf CD und Note

Keine Konzerte, keine Treffen zu Proben, kein Einkommen – in Musikerbiografien haben die Auswirkungen der Corona-Pandemie tiefe Spuren hinterlassen. Auch wenn jeder Künstler anders mit den beruflichen Einschränkungen umging, gemeinsam ist allen, dass sie in diesen Wochen und Monaten das taten, was Musiker*innen immer tun können: üben, komponieren und im Homestudio aufnehmen. Und natürlich sich fit halten und Sport treiben. Damit kommen wir zu dem Geiger Gregor Hübner, der seit Jahrzehnten zwischen NYC und München pendelt. In Big Apple hat er vor fast drei Jahrzehnten sein Studium an der Manhattan School of Music mit Auszeichnung beendet und seine internationale Karriere aufgenommen, in Harlem wohnt seine Familie. Im größten Dorf der Welt, in München – aus transatlantischer Perspektive nicht weit vom Bodensee, wo Hübner aufwuchs – hat er eine Professur für Komposition an der Musikhochschule. „Stories from the New York-Lockdown“ In Coronazeiten war die Wahl klar: Hübner blieb bei der Familie in Harlem. In dieser Zeit begann er neben dem Geigenspiel auch wieder mehr Klavier zu spielen. Hübner ist natürlich keiner, der stur Geläufigkeitsübungen und Harmonielehre paukt – er komponierte beim Üben und so entstanden nach …

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Keith Jarrett – Bordeaux Concert
Keith Jarrett – Bordeaux Concert

Keith, Lorenz und Sebastian allein am Klavier; Jubiläum, Strukturen, Loops – Jazz-CDs in der HörBar Okt. 2022

Sternal, Kellhuber und Jarrett geben ihrem Piano Raum. Christian Muthspiel wird mit zwei Doppel-CDs gefeiert. Das Hornung-Trio wühlt mit humanoiden Strukturen auf und „Oh No Noh“ loopt sich froh und glücklich. Die Jazz-Rezensionen in der HörBar der neuen musikzeitung. Muthspiel – Diary 1989-2022 Sebastian Sternal – Thelonia Muthspiel & Orjazztra Vienna – ­Homecoming Hornung Trio – Strukturen Lorenz Kellhuber – Live at Elbphilharmonie Oh No Noh – Kanzi Keith Jarrett – Bordeaux Concert Muthspiel – Diary 1989-2022 Die zahlreichen Aufnahmen der diversen Ensembles in denn Muthspiel aktiv war oder ist sind auf eine Art aneinander gesetzt, die diese beiden CDs zugleich zu einem Hörstück besonderer Art über insgesamt zwei Stunden und 27 Minuten macht. Sebastian Sternal – Thelonia Musik, die einen hörend einbettet und sich selbst ebenso. Ich kann nicht verhehlen, dass mich gerade die etwas «einfacheren» Stücke besonders berührt haben. So viel Wärme ohne Wehleidigkeit ist selten und geht nur, in dem man sich in Distanz zu sich selbst verliert – man muss es laufen lassen können, Vertrauen in sich haben und das, was einem technisch und spirituell zur Verfügung steht. Muthspiel & Orjazztra …

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Masako Ohta & Matthias Lindermayr – CD „MMMMH“

Die in München lebende Pianistin Masako Ohta und der ebenfalls in München ansässige Trompeter Matthias Lindermayr haben auf der gerade erschienenen Aufnahme „MMMMH“ im Duo zusammen gefunden und präsentieren ein wunderbar fließendes, homogenes Album. Dass sich die Musiker, die aus unterschiedlichen Genres stammen, kenngelernt haben ist dem Musikförderpreis der Stadt München zu verdanken, der im Jahr 2019, wohl verdient, an die beiden Künstler verliehen wurde. Dabei wirken sie in unterschiedlichen musikalischen Bereichen: Masako Ohta ist maßgeblich sowohl der Klassik als auch der zeitgenössischen Moderne verbunden, während Lindermayr in erster Linie als Jazz-Solist und diversen Formationen beheimatet ist. Trotz allem haben beide eine gemeinsame Verbindung: sie legen sich nicht per se auf eine bestimmte musikalische Richtung fest, sondern loten Stile aus und musizieren vielseitig wie abwechslungsreich. Das Album „MMMMH“, aufgenommen im Unterföhringer Mastermix Studio, präsentiert neun Kompositionen von Lindermayr und Ohta, die leichtfüßig und beruhigend den Hörer in ihren Bann ziehen. Inspirierte Themen werden vorgestellt, die mit Fingerspitzengefühl weiter gesponnen werden, darüber schichten sich Improvisationen, ab und zu mit leichter Rhythmik, versetzen den Hörer dabei in eine Art Trance. Sich fallen lassen Man kann sich zur …

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Fisch und Fischer schuhplatteln – Christian Kühn vertont Grimm’sche Märchen

„Manntje, Manntje, Timpe Te / Buttje, Buttje inne See…“ grummelt Christian Kühn zwischen leicht tänzelnder Gitarre und schweren Bassschritten. Der einfallsreiche Komponist und Gitarrist hat mit seiner Band Kuhn Fu das alte Grimm‘sche Märchen vom „Fischermann und syner Frau“ vertont und interpretiert es auf dem siebten Album mit dadaistischer Lust völlig neu.   Um es vorneweg zu sagen: Es ist ein kolossales Vergnügen, ein köstlicher exzentrischer Spaß mit manchmal heftiger Sturmgitarre und entsetzt jaulenden Klarinetten, tanzendem Bass und raunender Erzählstimme. An jeder Ecke springt ein neues musikalisches Ballett aus dem Wasser, tanzt mit dem Fischer Marcel De Champignon, einem Hornspieler, und dem Fisch „Bruno the Architect“ einen Schuhplattler, Blues oder punkgesättigten Reigen.   Mit improvisatorischer Spielfreude Mit forciertem deutschem Akzent wird die Geschichte auf Englisch zu einem modernen Märchen umgeformt. Hauptfigur ist der Fischer, der auf der Suche nach der perfekten Melodie ist – nach „the melody that makes millions“. Diesen Wunsch soll ihm der Fisch erfüllen. Dabei entstehen – auf dem gleichzeitig veröffentlichten Live-Album (Vinyl) aus Saalfelden zu hören – die Texte immer wieder spontan auf der Bühne. Neben zwei Klassikern der wunderbar abgedrehten …

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Stumme Schreie und zirpende Frösche – Das Jubiläumsalbum von OM 50

Im trüben Schneeregen sitzen drei auf einer Leitplanke, der vierte steht daneben und streckt einen alten Schirm hoch. Das Bild auf der Homepage vom OM ist ein Signal, ein „OMen“ für die Beständigkeit und gemeinsame Energie, die es der Band ermöglicht, heuer das 50-jährige Bestehen mit einem neuen Album zu feiern, beziehungsweise das Feiern ermöglichen würde, muss man sagen, denn Schlagzeuger Fredy Studer ist kurz vor Veröffentlichung des Jubiläumsalbums überraschend verstorben.   „Wir haben natürlich von seiner Krankheit gewusst“, seufzt Christy Doran, „dass es aber so plötzlich passiert, hat uns alle überrascht und überrumpelt“, bekennt der Luzerner Gitarrist hörbar betroffen. Auf Tour werden die drei ergrauten Musiker Urs Leimgruber, Christy Doran und Bobby Burri nunmehr mit einem jungen Schweizer Schlagzeuger aus der Enkelgeneration unterwegs sein.   50 Jahre Stammbesetzung Auf dem quietschbunten Cover steht OM 50 in einem stilisierten, leuchtenden Konfettiregen, unverkennbar designed vom selbst legendären Nikolaus Troxler. Gegründet wurde die Band 1972 unter dem Eindruck (und Einfluss) von John Coltrane und Jimi Hendrix. Bald darauf traten sie am von Troxler gegründeten Willisau-Festival auf. Als Pioniere einer europäischen Electric-Free-Music schrieben sie damit an der europäischen …

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Chanson goes Jazz – das Christine Corvisier 5tet

Neues Album: „Chansons de Cologne“ – der Titel deutet schon an, was Christine Corvisier, die aus Südfrankreich stammende, in Köln lebende Saxophonistin, Komponistin, Arrangeurin und Bandleaderin auf ihrem neuen Album verspricht: Eine Hommage an die Chansons, die sie während ihrer Kindheit und Jugend in Nizza begleitet und die sie während ihrer Studien in Nizza, Amsterdam sowie NYC und später in ihrer beruflichen Karriere auch beeinflusst haben – bis heute. Zugleich verbeugt sie sich vor den Komponisten und berühmten Interpreten dieser unsterblichen Melodien, die sie als Jazzmusikerin neu interpretiert und auffrischt, gewissermaßen zu neuem Leben erweckt.   Edith Piaf ist frühes Vorbild Bereits auf ihren früheren Alben, die sie zumeist mit eigenen Kompositionen bespielt hatte, gab es einzelne Rückgriffe auf die Welt der Chansons. So wagte sie sich auf ihrer ersten eigenen CD „Walkin‘ Around“ (2007) mit einem die ausgespielte Melodie nur erst leicht zu improvisierenden Arrangement an den Edith-Piaf-Klassiker „La vie en rose“, um sich auf der nächsten CD „Reconnaissance“ (2015) ein weiteres, durch Piaf populär gewordenes Chanson – „La foule – que nadie sepa mi sufrir“  – in einer mitreißend vitalen Performance vorzunehmen. Im …

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Vismala / Neander – Digital Shaman

Hysterisches, Bilderstürmerisches, Schwebendes – Jazz-CDs in der HörBar August 2022

Ensemblemusizieren in verschiedenen Formationen und Ansätzen: Freies, Unfreies, Gebundenes, Ungebändigtes. Die Jazz-Rezensionen in der HörBar der neuen musikzeitung. Phraim – Hysteria Frank Fusion Trio – My Place Vismala / Neander – Digital Shaman Iconoclast – Demolition Of Wisdom Satie – Celloland DAY & TAXI: Run, The Darkness Will Come! SteDaJoDa: Schwebend Phraim – Hysteria „… Viele der Tracks entwickeln einen ausgesprochen intensiven Sog, weil die Grundideen der Kompositionen und ihr grundsätzlicher Aufbau architektonisch gelungen sind. Die Stücke werden in die richtigen Schuhe gestellt. Und in fast allen Tracks gelingt es, das Gerüst wunderbar innenarchitektonisch auszukleiden. Man schaut dabei gerne zu wie Basslinien in den „Colourblind Birds“ – um im Bild zu bleiben – wie Stromleitungen im Haus durchaus sichtbar auf Putz verlegt werden. Doch dann ist es bald mit der Ökonomie vorbei und die Piecen neigen ausgesprochen dazu, zu verfransen und zu verspielt leerzulaufen wie extrem im zweiten Track „Maleficent“.…“ Frank Fusion Trio – My Place „… Eine durchweg reichhaltige Mischung aus Noise in der Tex- und Gradlinigkeit in der Struktur, die nicht selten die „Grenzen“ zur Rockmusik mehr als deutlich überschreitet. Und gleichwohl klingen …

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Sven Jungbeck invites

Musik für (sehr) viele Saiten – Jazz-CDs in der HörBar August 2022/01

Ganz viele Gitarrensaiten schwingen hier in den vier Rezensionen aus der ersten Augustwoche. Rezensionen in der HörBar der neuen musikzeitung. Sven Jungbeck invites Peter Weiss: Conversation With Six-String People Blind Spot & Philipp Wisser: Frontmirror Jazando Guitar Duo – La Fiesta Sven Jungbeck invites Sven Jungbeck lud ein, die Gastmusiker:innen durften größtenteils, wie man auf der Produktseite erfährt, selbst entscheiden, welche Titel sie spielen wollten. Und „rehearsals“ habe es auch nicht gegeben. Und alles läuft wie am magischen Schnürchen auf den 17 Tracks ab. Vielfalt in im Genre garantiert. Eine eigenartige kitzlige entspannte Platte ist das Resultat. Peter Weiss: Conversation With Six-String People Das geht alles ästhetisch auf ist aber kein immer leichtes Hörvergnügen, dem man sich blindmithörend überlassen könnte. Ich empfehle als besonders den Flow findend: „Nadved“ oder „Ohm“. Aber Geschmackssache. Blind Spot & Philipp Wisser: Frontmirror Anders als beim Debut-Album, das ich in der HörBar als „durchlaufend“ okay, könnte aber auch anders sein, wenig sonderbar fand, sind in dieser Trioformation die Dinge gerne etwas windschief gegen die Zeit – und das lässt wieder nach- und aufhorchen. Dadurch entstehen schöne neue Zeitbilder. Jazando Guitar …

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Klingendes Wimmelbild: Reza Askaris Trio Roar ft. Christopher Dell neu auf CD

(Von Sophie Emilie Beha) Diese CD springt mich an: knalliges Orange des Tonträgers auf absolutem Schwarz. Genauso in-my-face ist die Musik der Gruppe Roar. In zehn Stücken vereint die Band um Bassist Reza Askari Plötzlichkeit, Zielstrebigkeit, Komplexität und Fragmentarisches – stets durchdrungen von Humor und basaler Spielfreude. „Guts“ beginnt zunächst noch relativ gemäßigt-geordnet – zu sich schnell abwechselnden Rhythmen der Drums gesellen sich Melodiefetzen von Saxophonist und Klarinettist Stefan Karl Schmid, dann türmen sich schnell Rhythmen, Muster, Texturen und Einfälle auf. Alles schillert, blitzt und blinkt. Generationsübergreifend: Aus Trio wird Quartett Auf Roar‘s drittem Album macht Vibrafonist Christopher Dell aus dem Trio ein Quartett. Sein Spiel ist dabei entweder mit präziser Richtungsansage, die sich mühelos in den Gesamtklang der drei anderen integriert, oder mit betonter Zurücknahme. Die einzelnen Musiker kennen ihre Plätze in dieser Gruppe und agieren stets entschieden, egal ob sie dabei dem Solo des Kollegen folgen, selbst die Richtung angeben oder im Flow Klangflächen ausmalen. So entstehen Schlüssigkeit und ein großer Bogen. Die Stücke folgen aufeinander logisch und natürlich, wie von selbst. Nach dem freifließenden „Nessogenic Psymass“ lösen sich in „Maining Part Two“ …

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