Tobias Hoffmann Jazz Orchestra – Conspiracy
Tobias Hoffmann Jazz Orchestra – Conspiracy

Verschwörungen, Steinblumen und Illusionen – Jazz-CDs in der HörBar

Aktuelle Platten von Benjamin Schaefer, Kaan Bulak, dem Tobias Hoffmann Jazz Orchestra, den Hotties und Enso. Neuere Jazz-Rezensionen in der HörBar der neuen musikzeitung. Benjamin Schaefer – Stone Flowers Kaan Bulak – Illusions Tobias Hoffmann Jazz Orchestra – Conspiracy Enso – Strings & Percussion Hotties – #happyorsad Mehr zu den Platten, hinter dem Titellink in der HörBar (meistens mit Musikbeispielen von einem Streaming-Anbieter oder Bandcamp etc). Benjamin Schaefer – Stone Flowers Ich habe selten eine Platte aus diesem Bereich gehört, bei der diese Durchwirkung musikalischer Parameter auf so umfassende Art und Weise passiert wie hier. Also sowohl Rhythmus, Metrum, Melos und Harmonik,… Kaan Bulak – Illusions … Bulaks Kunst liegt dabei in dem Aufbau der Details der Klanggestaltung, bei der sich hinter Türen weitere Türen öffnen … . Wer dies tut, wird immer wieder Neues entdecken, bzw…. Tobias Hoffmann Jazz Orchestra – Conspiracy … Man könnte das jetzt Stück für Stück bewundernd weiterführen. Alles sitzt! Nix klemmt! Die Band ist großartig, die Kompositionen sind voller Raffinesse und mit genug Platz für genügend Freiheiten. Alle charaktervoll gesetzt, mal Schönbergs Komposition mit 12 nur aufeinander bezogenen Tönen …

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Mathias Rüegg – The Advantage of Writing Music

Trios, Ensembles, Big Band, Orchestras – Jazz-CDs in der HörBar Januar 2023

Eine bunte Mischung durch Aufnahmen aus den letzten Monaten mit Big Bäng! Trio, Magnus Mehl, Mathias Rüegg, Theo Croker, Axel Kühn Trio und Chris Torkewitz. Die Jazz-Rezensionen in der HörBar der neuen musikzeitung. Für die kompletten Rezensionen mit den Hörbeispielen folgen Sie den Links in den Überschriften. Big Bäng! Trio – Singularity … Keine Frage, auch diese drei Jungs spielen sauber und feinsinnig, mal grob, mal luftig und mal eng. Dafür ist die CD mit ihren 18 Tracks auch umfangreich genug. Da kann man schon mal die ganze aktuelle Poetik des Triospiels abgrasen. Da darf es eben alles sein. Das ist gekonnt, aber es ist auch «nur» gekonnt. … Magnus Mehl – Upside Down And In Between … Schon mit dem ersten Track «Punchline» kocht die klingende Materie hoch. Wirkt anfangs die Themenbildung arg konstruiert mit ihren Sprüngen, verwinden sich im Laufe des Stück die Linien der beteiligten Musiker zu einem echt geilen Ding. … Mathias Rüegg – The Advantage of Writing Music Der Leiermann bettelt nicht mehr … Das alles hat seinen Charme und seine eigene Qualität. Vielleicht sind es sogar schon Denkmäler der Tonkunst …

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„Rainbow Bubbles“ zum Staunen

Von Mathias Bäumel Immer mal wieder kann man in CD-Begleittexten lesen, dass die Musik vollständig ohne Overdubs, also live ohne irgendwelche „künstlichen” Zusätze, in einem Rutsch eingespielt worden sei. Solche Hinweise sind verräterisch. Tendenziell unterstellen sie, dass eine Musik ohne nachträglich im Studio hinzugefügter Klangelemente authentischer und somit künstlerisch wertiger sei. Oder sie heben heraus, dass das spieltechnische Vermögen des Musikers so frappierend groß ist, dass eine studiotechnische Nachbearbeitung nicht nötig sei. Beides kann zutreffend sein und die Qualität der betreffenden Musik verdeutlichen. Aber könnte ein gegenteiliges Konzept nicht auch zu einer brillanten Musik führen? Einer der ersten, der einen solchen Weg im Bereich des zeitgenössischen Jazz beschritt, war 1969 Miles Davis mit seiner LP „In A Silent Way”. Hier wurden die Stücke durch Schneiden, Zusammenfügen, Kopieren und Wiederholen aus etwa 80 Minuten Material zurechtgeschnitten. In einem solchen Fall ist die Jazz-LP ganz wesentlich ein Produkt von Studioarbeit, nicht mehr bloß eine Dokumentation von Live-Musik (im Studio oder beim Konzert). Der Ausnahmegitarrist Samo Salamon veröffentlicht mit „Rainbow Bubbles” wieder eine ganz spezielle Platte. Während im Falle von „In A Silent Way” Produzent und Musiker das …

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Album „ABSTRAKT“ – Leo Betzl Trio besinnt sich auf den Jazz

(von Stefan Pieper) LBT – hinter diesem Kürzel verbirgt sich das Münchener Leo Betzl Trio – und die machen seit einigen Jahren mit ihrer rein akustisch gespielten Techno-Fusion mächtig Furore. Auf ihren neuen Album „Abstrakt“ zeigen sie sich aber auch als zeitloses Jazz-Pianotrio auf kreativer Höhe. Nach eigenem Bekunden ziehen Leo Betzl (piano), Sebastian Wolfgruber (Schlagzeug) und Maximilian Hirning (Bass) heute eine klarere Trennlinie zwischen ihrem spektakulären Acoustic Techno und ihrer Jazz-Linie. Heraushörbar und spürbar bleibt die verbindende große Sache. Ob Jazz oder Techno, LBT haben ihren typischen, unverkennbaren Sound, hinter dem eine eingeschworene Rollenverteilung in dieser Band steht. Los geht „Abstrakt“ in fließendem Puls, wenn das Schlagzeug dezente Klangtupfer wie bei einer Tabla setzt. Aber daraus erwachsen viele Verästelungen und Entwicklungen, die auch mal rockig aufbrausen und immer wieder neu mit ihrem verfeinerten Ideenreichtum verblüffen. Bassist Maximilian Hirning tut eben das, was der Rolle des Bassisten idealtypisch entspricht: Führen und dabei zentriert sein. Vielschichtigkeit als Markenzeichen. Untenrum klare, kraftvolle Muster vorgeben, gleichzeitig und in höheren Lagen eine effektvolle Sound-Dramaturgie. Einen Hybrid aus guten Aspekten zu erzeugen, gehört zur Philosophie der Münchener Leo Betzls Klavierspiel …

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Plötzlich Hip(p) – Ilona Haberkamps Jutta-Hipp-Biografie

Sie war die erste deutsche Jazzpianistin und weltweit eine Pionierin des weiblichen Jazz: die Rede ist von Jutta Hipp. Das Multitalent wurde 1925 in Leipzig geboren, lernte vier Jahre klassisches Klavier, und fand während des Zweiten Weltkriegs durch den Jazz erst wieder zu ihrem Instrument. Während ihres Studiums an der Akademie für graphische Künste (1942-1945) begann sie zu improvisieren und trat als Amateurin in einer Jazzband im Leipziger „Hot Club“ auf. Heimlich hörte sie die von den Nazis verbotenen Radiosender, vor allem Radio Hilversum und BBC London. 1945/46 entstanden Demo-Aufnahmen mit Freunden aus dem „Lime City Jazz Club“ in Leipzig (unter anderem mit Rolf Kühn), die 2015 erst veröffentlicht wurden. 1946 ging sie mit ihrem damaligen Verlobten Teddie Neubert und Thomas Buhé in den Westen, um in amerikanischen Offiziersclubs und Tanzlokalen am Tegernsee zu spielen. Ihr 1948 geborener Sohn Lionel, ein sogenanntes Brown Baby, wuchs in einem Kinderheim und bei Pflegeeltern auf, er suchte als Erwachsener nie Kontakt zu ihr. Ihr abenteuerlicher musikalischer Weg führte sie nach Stationen in München und Frankfurt am Main schließlich 1955 nach New York als „Europe’s First Lady of Jazz“. …

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Insomnia Brass Band mit neuer CD „Road Works“

Vom nächtlichen Küchenmeeting ihres Debütalbums sind die Insomnia*stinnen auf die Strasse gewechselt. Vielmehr auf die ,Rail road’, denn die drei Musikanten nutzen umwelttechnisch korrekt den Schienenverkehr, um zu ihren Auftrittsorten zu gelangen. Dort rollt das schwergewichtigen Trio dann seinen Klangteppich aus scheckigen, tanzbaren Rhythmen, feinen Melodien und verschlungenen Soundgeweben aus, auf dem sie mit dem Publikum in eine eigene Welt reisen. Es ist eine Welt aus „Frosch-Rock“ (Frog Rock) mit geblähten Backen, einem Mittagsschläfchen im „Schatten eines Elefants“ (Sleeping in the Shade of Elephants) und Träumen, die vom Londoner South East (Dreaming of South East London) bis zu den Sternen (Super Constellation) reichen. Wie beim Erstling spielen bei den Bläserinnen und ihrem Schlagzeuger Ironie und Witz eine gewichtige Rolle, wenn die Goldene Hochzeit (Golden Wedding) in eine schnappatmende Verwirrtheit taumelt und ein Drum-Solo das Ding wieder anschiebt. Ironie, Witz und tiefere Bedeutung Eine innere Reise oder Hinwendung beschreibt die Mini-Brassband in Anne Lucks` (trombone) wunderbar zarter und persönlicher Komposition „So dicht Bei Mir“. Diese scheint selbst in der mehrfach übersetzten Form einer Studioaufnahme Charakter und menschliche Züge offenzulegen. Es ist eine Art musikalisch-künstlerischer Introspektion, die …

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Subconscious Trio – Water Shapes

Da Vinci Jazz, Musik mit Schwungs und Genreclash – Jazz-CDs in der HörBar Dez. 2022/01

Drei aktuelle Platten vom italienischen Label Da Vinci Jazz, dazu eine genreübergreifende Jazz-Folk-Pop-Platte und ein Trio mit Marimba, Bassklarinette und Gesang. Und überall wird „auch“ von Frauen gesungen. Die Jazz-Rezensionen in der HörBar der neuen musikzeitung. Mimanée – The Invisible Will Remain Subconscious Trio – Water Shapes Questo Tempo Teresa Bergman – 33, Single & Broke Ceccarelli – Pagine Vere Mimanée – The Invisible Will Remain «Die Musik sumpft nie zu, sie lässt vielmehr den Hörenden die Freiheit, sich hineinzuschwingen und einflechten zu lassen – ebenso locker kommt man da auch wieder mit Schwungs heraus.» Subconscious Trio – Water Shapes «Die ästhetische Eigenart dieses Trio liegt meines Erachtens darin, dass es den Musikerinnen immer wieder gelingt, den zunächst geplanten Aufbau innerhalb der einzelnen Stücke (dem man ja wie selbstverständlich mitfolgt) irgendwann mehr oder weniger plötzlich zu transformieren und man sich in einer anderen Tiefenschicht hörend wiederfindet.»   Questo Tempo «Zehn Bilder gestaltet das Quartett auf diese Weise. Unhektisch, nicht in Eile, nicht in lange Weile verfallend. So frei die Bögen der einzelnen Stücke gestaltet sind, ja beinahe vegetativ, so präzise ist am Ende doch alles …

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Olga Reznichenko Trio – Somnambule

Doppelmond, Folk, Math Rock, Minimal und ein Trio-Debüt – Jazz-CDs in der HörBar Nov. 2022

Musik mit Murakami, Grenzgänge zu Folk und Math Rock und Minimal. Und ein großartiges Trio mit Olga Reznichenko am Piano. Die Jazz-Rezensionen in der HörBar der neuen musikzeitung. Sebastian Gahler – Two Moons C. Behrendtsen Evelyn Kryger – Live at JazzBaltica 2021 Hans Arnold – Interim Olga Reznichenko Trio – Somnambule Sebastian Gahler – Two Moons «Dass der japanische Weltschriftsteller Haruki Murakami Jazz liebt, ist bekannt. Sebastian Gahlers neues Album beweist, dass auch das Gegenteil gilt: Jazz liebt Murakami.» So liest man es im Waschzettel zur Platte. Da kann man wenig gegen sagen. Aber auch nur wenig dafür. Ob es hier der Fall, da sind bescheidene Zweifel doch gestattet. H. C. Behrendtsen «Wir befinden uns in der Leipziger Klangtiefebene, die Furchen schlägt in das Gestrüpp aus Barbecue-Muzak-Saucen-Bullshit. Strampeln wie im Moder. Moderer wird’s kaum irgendwo.» Evelyn Kryger – Live at JazzBaltica 2021 «Tanzmusik gewiss, aber irgendwie fehlt da der letzte Biss für das Ungewisse. Manchmal dudelt die Musik geradewegs so vor sich hin und treibt eher Sand vom Timmendorfer Strand statt Tränen der Ver- und Entzückung in die Augen. Und wenn gar nichts mehr geht, …

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Wuchtige Grooves, stille Momente: Kultband OM im Jazzclub Leerer Beutel

P-M-F/B, der Titel ist so rätselhaft, wie vieldeutig. Mit diesem mächtig groovenden Stück aus ihrem neuen Album „OM 50“ fallen die vier Musiker der schweizerischen Kultband beim Jazzclub in Regensburg mit der Tür ins Haus. Unnachgiebig jagt Bobby Burri mit dem Plektron über die Saiten des Kontrabasses, nicht weniger straff vorwärts getrieben von Gerry Hemingway am Schlagzeug. Dieser ersetzte Fredy Studer, der im Sommer plötzlich verstorben ist, aber das Album noch mit eingespielt hat. Mit dem Video eines typischen Suder-Solos vom Jazzfestival Schaffhausen, welches auf Leinwand projiziert wurde, erinnerte die Band an ihn. Gitarrist Christy Doran, Urs Leimgruber (ss), Burri und Hemingway gestalteten und begleiteten dieses anrührende Gedenken an ihren Freund mit leisen, intimen Klängen und geräuschhaften Sounds, die schließlich langsam verhallten. Danach setzten sie mit einer wuchtigen, energisch treibenden Improvisation erneut eine Duftmarke, bei der das spärliche Publikum im Leeren Beutel die Ohren anlegen musste. Leimgruber ließ sein Sopransax schrill aufheulen, fiepte, schmatzte und zog die Luft scharf ein, statt ins Mundstück zu blasen, während Doran zwischen brodelnden Eruptionen und geräumigm Slidespiel eine Fülle an Klängen mit seinen Effektgeräten generierte. Der Bayerische Runfunk hat …

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CD von Jens Düppe. CD von Jens Düppe.

Ego-d – Jens Düppe auf „Lebensweltreise“ – erstes Solo-Album des Schlagzeugers

Von Dietrich Schlegel. Es klingt keineswegs anmaßend oder gar snobistisch, wenn Jens Düppe im Gespräch beiläufig erwähnt, dass er auf seinen weltweiten Konzertreisen die Essay-Sammlung „Silence“ von John Cage im Gepäck mitführt, um sich von der Musikphilosophie und den Einsichten des in jeder Hinsicht alle Grenzen überschreitenden Zen-Buddhisten für seine eigenen Kompositionen  und Improvisationen inspirieren und seine eigene Weltsicht überprüfen und womöglich erweitern zu lassen. Der aus dem Schwäbischen stammende, seit langem in Köln heimische Schlagzeuger, Percussionist, Komponist, Bandleader, Klang-Erforscher, gilt als einer der einfallsreichsten Musiker im weiteren Bereich des zeitgenössischen Jazz mit offenen Grenzen zur Minimal Music. Anima Dabei geht er stets bedächtig vor, lässt vieles reifen. Für das erste Album unter eigenem Namen mit eigener Band (Anima, 2015) ließ er sich fast zwei Jahrzehnte Zeit, denn sie brauchte er mit seinen vielfältigen Engagements am Drumset mehrerer Big Bands und der fast unübersichtlichen Anzahl kleinerer Formationen der Kölner und rheinischen Jazzszene wie auch für seine ungewöhnlichen Kommunikationskonzerte etwa in einem „Geräusch-Café“. Nun hat er die Corona bedingte Zwangspause von Live-Auftritten genutzt, um sich den lang gehegten Wunsch einer Solo-Einspielung zu erfüllen. „The Beat“ Als …

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