Von Dietrich Schlegel. Für die Jazzsängerin Barbara Barth ist bezeichnend, dass auf sie dieser Begriff zu eng gefasst ist, denn sie besticht durch eine ungewöhnliche Bandbreite ihrer stimmlichen Präsenz. Folgerichtig zieht sie als Berufsbezeichnung auch „Stimme“ / „Voice“ vor. Die in Köln lebende Saarländerin bewegt sich bewusst zwischen den Polen swingender Standards und mit Elektronik experimentierender Avantgarde. In diesem weiten Spielraum bringt sie Erstaunliches an Klängen, Lauten, Geräuschen hervor, mit einer Stimme, die glasklar in den Höhen und voller Wärme in den tieferen Lagen klingt. Sie kann scatten like hell, fauchen, kreischen, flüstern, hauchen und auch wunderschön alte Songs singen, ein bestechender Reichtum an Facetten und Nuancen, dokumentiert auf bereits vier Alben. Eines nennt sie selbstbewusst „This is… Barbara Barth“. Zugleich bleibt sie selbstkritisch und bekennt „I’m still on my way…“ Von der Klassik zum Jazz Ihr Weg führte Barbara Barth, die 1983 in dem kleinen Dorf Braunshausen bei St. Wendel im Saarland geboren wurde, erst nach einem längeren Vorlauf zum Jazz. Gern gesungen hat sie schon als Kind und als Schülerin, sang in verschiedenen Chören, nahm dann an der Kreismusikschule in St. Wendel auch …
WeiterlesenKategorie: Portrait
Musik out of the Baustelle: Der Pianist Alain Roche beim Festival „Out of the Box“ im Münchener Werksviertel
Nach seiner Premiere im Januar 2019 wird das Festival Out Of The Box auch vom 10. Januar bis 2. Februar 2020 außergewöhnliche Orte im Münchner Werksviertel-Mitte bespielen. Der Veranstalter whiteBOX geht im neuen Jahr nicht nur mit Eismusik aufs Dach oder mit Musik unter Wasser, sondern sie schwebt mit „Piano vertical“ in schwindelnder Höhe. Die Schweizer Produktion des Pianisten und Komponisten Alain Roche ist atemberaubender Stunt, urbane Poesie und technologisches Meisterstück in einem. „Piano vertical“ wird am 24., 25. und 26. Januar 2020 jeweils bei Tagesanbruch um 7.00 Uhr morgens auf dem Grundstück des zukünftigen Konzerthauses stattfinden. Alain Roche hängt dabei mit seinem eigens dafür konstruierten Konzertflügel in schwindelerregender Höhe von einem Baukran. Andreas Kolb, neue musikzeitung und JazzZeitung.de, begleitete den Künstler bei seinem ersten Gang über die Baustelle und bei seinen Gesprächen mit Vertretern von staatlichem Bauamt und Bauträger des Werksviertel-Mitte. Im Anschluss nützte er die Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem Schweizer Höhen-Pianisten. Andreas Kolb: Alain Roche, wann haben Sie begonnen, hängendes Klavier zu spielen? Welche Idee steckt dahinter? Alain Roche: Alles begann 2013 in CICR Museum in Genf. Die Idee war, den …
WeiterlesenEine ungewöhnliche Big Band – das Fuchsthone Orchestra
Von Dietrich Schlegel – Es hat sich zusammengefunden, was längst zusammengehört: Die Saxophonistinnen Christina Fuchs und Caroline Thon haben ihre Erfahrungen mit großorchestralem Jazz gebündelt zu einer neuen Big Band – das Fuchsthone Orchestra, das mit ersten Konzerten in Köln, Dortmund, Wuppertal und Aachen begeisterte. Ungewöhnlich ist allein schon die kooperative Leitung der Band durch zwei Musikerinnen. Und ungewöhnlich ist, was sie mit dieser Band bereits geschaffen – und möglicherweise noch vorhaben. Die beiden in Köln lebenden, mehrfach ausgezeichneten Jazzmusikerinnen kennen sich seit langem. Beide haben neben ihrer instrumentalen und solistischen Arbeit immer auch kleinere und großorchestrale Formationen geleitet – Christina unter anderen das No Tango Quartett und das Duo KontraSax sowie das von ihr 1994 mitbegründete, bis 2009 bestehende United Women’s Orchestra. Caroline war vor allem mit dem Quintett Patchwork , von 2009 bis 2019 mit ihrem Thoneline Orchestra und letztlich auch mit dem international besetzten und preisgekrönten Ensemble EURASIANS UNITY erfolgreich. Ihren Big Bands, die – und das war der eigentliche Sinn ihrer Gründung – ausschließlich Kompositionen und Arrangements ihrer Chefinnen spielten, widmeten Christina Fuchs und Caroline Thon in jenen Jahren all ihre …
Weiterlesen#10: JAZZ MOVES TV zu Gast im Knust
In Hamburg sagt man Knust 1.Teil: Jazzhouse Wer an Jazz in Hamburg denkt, dem kommt das Knust vermutlich nicht als erstes in den Sinn. Dabei hat der Club, der heutzutage vor allem Rock-, Pop- und Metal-Konzerte präsentiert und gerne zum Fußball gucken einlädt eine ganz andere Geschichte. 1966 eröffnete das Knust nämlich unter dem Namen Jazzhouse und machte diesen Namen zum Programm. Knapp fünfzig Jahre später wurde diese Tradition mit der Reihe Jazzhouse wieder zum Leben erweckt und gehört heute zu den bestbesuchten Jazz-Reihen in Hamburg. Amélie und Sophie waren mit der Kamera vor Ort und haben sich von Mitinitiator Tim Peterding erzählen lassen, was und wer hinter Jazzhouse steckt. Nachzugucken wie immer im JAZZ MOVES TV: https://www.youtube.com/watch?v=Eae0xQU4cmc
WeiterlesenSaxophonistin Carolyn Breuer räsoniert über 35 Jahre Jazz
Ende Juli hat die Saxophonistin Carolyn Breuer den Reigen der „Jazz Summer Weeks“ in der Unterfahrt eröffnet, mit dem der Münchner Jazzclub seit vielen Jahren nicht nur der Sommerflaute trotzt, sondern auch meist heimischen Musikern Gelegenheit gibt, über fünf Tage am Stück ein Projekt zu entwickeln oder gleich mehrere vorzustellen. Breuer stellte dabei ihr neues Quartett vor, an den letzten beiden Tagen auch um Gäste und das Eidos Streichquartett erweitert. Und zwar unter dem ganz persönlichen Titel „Celebrating 35 Years of Jazz“. Die ersten fünfzehn hat die Tochter des Pianisten und Ex-Posaunisten Hermann Breuer zum Studium und Karrierestart in Amsterdam verbracht, den Rest in der Münchner Szene. Zeit für eine Bestandsaufnahme – Oliver Hochkeppel traf sich mit Carolyn Breuer zum Interview. Oliver Hochkeppel: Haben Sie für sich persönlich erreicht, was Sie sich zu Beginn ihrer Karriere vorgenommen haben? Carolyn Breuer: Ich anfangs eine Zahl im Kopf. Mit zwölf hatte ich mit dem Saxophon angefangen, mit 15, als ich die ersten Gigs spielte, entschied ich mich, Musikerin zu werden und dachte mir: Mit 26 kannst du spielen. Ich weiß nicht, warum. Witzigerweise war das dann auch …
WeiterlesenDie Trompeterin Heidi Bayer – ein Porträt
„Es macht mir einfach keinen Spaß, andere nachzuspielen“ – Sie hat sich als feste Größe in der Kölner Jazzszene und vielerorts in Deutschland etabliert. Sie spielt gleichermaßen gern in Bigbands wie in kleinen Formationen, seien es die von Kollegen oder in ihrer eigenen Band. Sie beherrscht ihre Instrumente Trompete und Flügelhorn meisterhaft. Sie liebt Jazz und interpretiert ihn auf ihre ganz eigene Art. Sie hat in beeindruckender Weise ihren Weg aus dem fränkischen Kulmbach, wo sie 1987 geboren wurde, über Studien in Marburg, Mainz und Miami bis in die vitale rheinische Szene zurückgelegt – die Jazzmusikerin Heidi Bayer. Im Gespräch erweist sie sich als zugewandte, ernsthafte als auch humorvolle und lebensfrohe junge Frau. Ihr Curriculum Vitae könnte als Vorbild gelten für junge Jazzmusikerinnen, die fest an sich glauben, unentwegt an sich arbeiten, um sich in der noch immer männlich dominierten Jazzwelt zu behaupten und sich schließlich eine Existenz als professionelle Musikerin aufzubauen. Dabei wurde sie, wie sie nicht müde wird, dankbar zu betonen, während ihrer musikalischen Ausbildung stets von ihren Eltern unterstützt. Das war nicht selbstverständlich, denn sie und ihr älterer Bruder wuchsen keineswegs in einem …
Weiterlesen30 Jahre Loft in Köln – Ein Orchestermusiker engagiert sich für die freie Musikszene
Erst 2 Jahre Bergbaustudium, nach kurzem Musikstudium fast 40 Jahre stellvertretender Solo-Flötist des WDR Sinfonieorchesters Köln, 16 Jahre Vorstand dieses Orchesters, 8 Jahre Mitglied des Personalrats des WDR, 25 Jahre Lehrer einer Hauptfachklasse an der Kölner Musikhochschule und seit 30 Jahren Hausherr des Lofts in Köln-Ehrenfeld: eine stolze Zahlenbilanz, die der gebürtig vom Niederrhein stammende Flötist und Konzertveranstalter Hans Martin Müller aus Köln sein Eigen nennen darf. Über seine langjährige Berufserfahrung, seine breitgefächerte, mit einem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete, Nachwuchsarbeit und sein politisches Engagement sprach mit ihm Andrea Will. Andrea Will: Wenn man in Köln über Jazz spricht, kommt man am Loft – von der britischen Zeitung „The Guardian“ in eine Liste von „10 of the best jazz clubs in Europe“ aufgenommen – nicht vorbei. Die Verbindung von Flötist im WDR Sinfonieorchester und einem international bekannten Konzertort für improvisierte Musik, zeitgenössische Musik und Jazz ist nicht die naheliegendste. Wie kam es dazu? Hans Martin Müller: In meiner Jugend spielte ich neben Flöte auch Saxophon. Mit 14 Jahren habe ich dann schon in einer Rhythm and Blues Band gespielt und bis zum Abitur einiges an Banderfahrung gesammelt. Mit …
WeiterlesenZum Tod des Pianisten und Arrangeurs Jacques Loussier
Nach dem Geiger Jean Luc Ponty ist der französische Pianist und Arrangeur Jacques Loussier der zweite Franzose, der in Stuttgart die German Jazz Trophy erhielt. Anlässlich des Tods von Jacques Loussier (* 26. Oktober 1934 in Angers; † 5 März 2019) veröffentlicht die Jazzzeitung noch einmal die Laudatio auf den Preisträger der German Jazz Trophy 2010. Der damals noch mit 10.000 Euro (heute 15.000 Euro) dotierte Preis wird zusammen mit einer Statue des Stuttgarter Bildhauers Otto Hajek von von der Stiftung Kunst und Kultur der Sparda-Bank Baden-Württemberg, der neuen musikzeitung und JazzZeitung.de verliehen. German Jazz Trophy A Life For Jazz 2010 an Jacques Loussier Laudatio von Andreas Kolb Bad Boy of Music heißt ein Blog der neuen musikzeitung, der angeführt wird von dem Komponisten und Pianisten Moritz Eggert. Er sieht sich als Bad Boy, als Böser Bube der Musik, und will in seinem Werk, aber auch in seinen Blog-Texten bewusst provozieren, Stellung beziehen, Tabus in der Musik und im Musikleben brechen. Eggert bezieht sich mit diesem Namen wiederum auf George Antheil, den US-amerikanischen Pianisten und Komponisten des „Ballet mechanique“. Die Uraufführung der Filmmusik zum …
WeiterlesenEin Ton wie ein Leuchten
Der polnische Trompeter Tomasz Stańko ist am 29. Juli 2018 in einem Warschauer Krankenhaus gestorben. Stańko (geboren am 11. Juli 1942 in Rzeszów) galt als einer der bedeutendsten Musiker Polens und des europäischen Jazz. Tomasz Stańkos Musik ist umfänglich auf CD dokumentiert, neben etlichen polnischen und internationalen Labels vor allem bei bei ECM Records. Sein persönlicher Sound auf dem Instrument, von ihm selbst als Mischung aus „slawischer Melancholie und Blues“ beschrieben, ist stets vom ersten Trompetenton an wiederzuerkennen. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde der Trompeter in den frühen 60er- Jahren in den Gruppen des Komponisten und Pianisten Krzysztof Komeda. Stańko wirkte mit an Soundtracks von Polanski-Filmen und auch als Musiker des Komeda-Albums Astigmatic, das zu den Aufnahmen zählt, die erstmals einen neuen europäischen Jazz definierten. Sein ECM-Debüt hatte Tomasz Stańko 1975 mit dem Album Balladyna, featuring Tomasz Szukalski am Tenorsaxophon, Dave Holland am Bass und Edward Vesala am Schlagzeug. Wie sein Vorbild Miles Davis, war auch Stańko ein anspruchsvoller Bandleader und jede seiner Gruppen besaß ihren eigenen Charakter. Seit Anfang der 2000er-Jahre lebte er halb in New York, halb in Warschau. Seine jüngste Formation (für …
WeiterlesenJin Jim mit „Weiße Schatten“
Das Alte Pfandhaus in Köln. Pre-Release Konzert für die zweite CD der Band Jin Jim. Der Soundcheck beginnt mit einem wahren Gewitter von Schlagzeug, Kontrabass und E-Gitarre. Wie soll sich da der Flötist Daniel Manrique-Smith als Frontman der Band durchsetzen, fragt sich besorgt der Ohren- und Augenzeuge, der nicht zuletzt wegen dieses Solisten gekommen ist. Doch wie er sich durchsetzt, das zeigt er bald, nachdem die üblichen Abstimmungen mit dem Tontechniker geregelt wurden. Er zeigt es dann ausführlich im Opener des Konzerts, zugleich das erste Stück auch der neuen CD „Weiße Schatten“ der seit vier, fünf Jahren Aufsehen erregenden und in der Tat aufregenden Band „Jin Jim“. Ein wildes Entrée hat der Bassist Ben Tai Trawinski da für sich, den Schlagzeuger Nico Stallmann und den Gitarristen Johann May zusammengerührt. Und oh Wunder, sie sind unüberhörbar, die Flötentöne, Triller, langgezogene Melodiebögen, perkussive Klackgeräusche. Keine Zweifel mehr, Daniels Querflöten können sich behaupten inmitten der dröhnenden Beats des Schlagzeugs, des volltönenden Kontrabass und der flirrenden Gitarrenläufe. Alles in allem ein unverwechselbarer Sound, der mit dieser Konstellation erspielt wird, live im Konzert und atmosphärisch kaum vermindert im Studio. Im …
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