30. Jazzfest der Jazzmusiker-Initiative München, Teil 2: Noch mehr Bilder eines Festivals

Der zweite Teil des 30. Jazzfestes München der Jazzmusiker-Initiative München JIM brachte an drei Abenden je drei Bands auf die Bühne der Black Box im Gasteig. Bei diesen 9 Konzerten wurde das Festival-Thema „Bilder einer Ausstellung“ in unterschiedlicher Weise aufgenommen, aber insgesamt deutlicher als an den vorausgegangenen Festival-Abenden Ende Oktober: Das Modern String Quartet nahm das Motto wörtlich und spielte Mussorgskys „Bilder eine Ausstellung“ swingend im eigenen Jazzarrangement. Ganz unmittelbar projizierte Sängerin Nina Michelle ihre eigenen, starkfarbigen Gemälde, meist mehr oder weniger abstrakte Kompositionen, zu ihren Liedern passend auf die große Leinwand hinter der Bühne. Begleitet von Peter Tuscher, Jan Eschke, Andreas Kurz und Rick Hollander. Das Duo Elwood & Reßle hatte sich um die Performerin Ruth Geiersberges verstärkt, um ihr Projekt wort- und klangstark zu präsentieren. Leider erschloss sich der Hintersinn dieser „Zeitreise 1877, 1966, 2019“ mit Bezug auf bestimmte Bilderwelten ohne erklärende Ansage nur dem, der ihn auf der Internetseite http://www.jazzfestmuenchen.de gelesen hatte. Kräftige Bilder im Kopf entstanden allerdings auch so. Für heimatliche Bilder hatte Bassklarinettist und Saxophonist Hugo Siegmeth mit seiner Bayrisch Jazz Group (Irmi Haager, Josef Reßle, Andreas Kurz, Bastian Jütte) …

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Ein Werwolf tanzt den Rap

Im Jazzclub Leerer Beutel in Regensburg bekommt die portugiesische Sängerin Maria João im Duo mit João Farinha frenetischen Applaus.           Singen? Klar, singen kann sie auch, die Portugiesin mit der Mehroktavenstimme – und wie! Was sie aber sonst noch alles mit ihrer Stimme, der Zunge, den Lippen und mit dem Mundraum macht, geht – um es mit einem vertrauten Bild zu beschreiben – auf keine Kuhhaut. Maria João gurrt, schreit, gurgelt, sie piepst und kickst, lässt die Stimmbänder flattern und fügt alles zu einer vibrierenden Klangcollage, einem rauschhaften musikalischen Erlebnis allerersten Güte zusammen. Nach Jahren der Absenz erlebten die Besucher des Jazzclubs im gut gefüllten Leeren Beutel die Vokalkünstlerin mit Kompositionen und Stücken aus ihren letzten beiden Alben.  „Plastico“ ist in Quintettbesetzung mit Ogre entstanden und von Joãos Begleiter, dem Komponisten João Farinha am Flügel, diversen Keyboards und Synthesizern für das intimere Duo neu und schlüssig arrangiert worden. Häufig spielt der Sound eine wesentlich stärkere Rolle, als herkömmliche musikalische Parameter. Eektronische Grooves ersetzen Schlagzeug und teilweise Bass, während Farinha die stimmlichen Eskapaden Maria Joãos klangmalerisch unterstreicht, kontrastiert oder auch mal herausfordert. Wechselt er bei ruhigeren, …

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Chico Freeman’s „Exotica“ eröffnet das Herbstprogramm „New York im Bayerischen Hof“

Im Rahmen der Konzertreihe „New York im Bayerischen Hof“, die mittlerweile seit mehr als fünfundzwanzig Jahren (!) im Nightclub des legendären Münchner Hotels stattfindet, eröffnete Chico Freeman’s Formation „Exotica“ das diesjährige Herbstprogramm. Ein gelungener Auftakt letzte Woche, den Chico Freeman gemeinsam mit Heiri Känzig am Bass und dem Ausnahmepercussionisten Reto Weber präsentierte. Die drei Musiker, unbestritten allesamt Meister ihres Fachs, begeisterten das Publikum mit ihren Kompositionen, vielfältigen Klangfarben, differenzierten Rhythmen und wunderbaren Improvisationen. Seit Jahrzehnten geben sich internationale Stars, Größen der JAZZ- & LATIN-Szene die Klinke des traditionellen Nachtclubs in die Hand und auch dieser Herbst verspricht erneut musikalisch abwechslungsreiche und spannende Gigs! So wird am 21.10. erst einmal der legendäre Jethro Tull Gitarrist Martin Barre mit seiner Band den Nightclub rocken. Es folgt John Scofield im Duo mit Jon Cleary am 11.11. und als weiteres Jazz-Highlight am 19.11. Ron Carter‘s „Foursight“  Quartett (!), mit Renee Rosnes, Jimmy Greene und Payton Crossley. Am 26.11. gibt sich das Brooklyn Funk Ensemble wieder einmal die Ehre und wird den Club in gewohnter Weise in eine Jazz-, Funk- & Groove-Sauna verwandeln. Am Tag darauf, dem 27.11., wird Pianist …

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Folksmilch beim "Alpenspektakel" im Gut Sonnenhausen. Foto: Ralf Dombrowski

Alpenspektakel auf Gut Sonnenhausen

Ein schöner Ort, erstens. Ein schönes Festival, zweitens. Und das bedingt sich gegenseitig, denn das Gut Sonnenhausen im Ebersberger Hinterland bei Glonn und dessen Betreiberfamilie Schweisfurth hat kein Interesse daran, ein weiteres austauschbares Musikevent zu veranstalten, nur um damit ein wenig Glanz in die eigenen Mauern zu holen. Es geht eher darum, das eigene Profil als lokalen Knotenpunkt von Kultur, Kulinarik und Erholung zu schärfen, und so legt das Alpenspektakel Wert darauf, einerseits den trachtkostümierten Mainstream außen vor zu lassen, auf der anderen Seite das Moment der Avantgarde nicht überzubetonen. Das klingt kompliziert, ist aber vor allem Aufgabe einer geschickten künstlerischen Leitung, die wie Stefanie Boltz um die Feinheiten der Anspruchshaltungen weiß und sie entsprechend in die Planung integriert. Nachdem sich die ersten drei Ausgaben des Festivals auf der kulinarischen Seite vor allem dem Fleisch widmeten, waren diesmal Brot und Butter an der Reihe, die in verschiedenen Workshops zur Zubereitung dafür sorgten, dass die Zuhörer zufrieden gesättigt zu den Konzerten pilgern konnten. Dort wiederum erwarteten sie sehr unterschiedliche Näherungen an die Klangsprache der Alpenregion, die vom sphärischen Experimentieren mit folkloristisch improvisierenden Texturen bis hin zu …

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Fotos: Thomas J. Krebs

Francesco Tristano – Tokyo Stories live

„Tokyo Stories“ ist eine musikalische Hommage des aus Luxemburg stammenden Pianisten Francesco Tristano an die japanische Metropole. Mit achtzehn Jahren besuchte er Tokyo zum ersten Mal und daraus entstand im Laufe der Zeit eine innige Beziehung zu Momenten, Begegnungen und Ereignissen, die er musikalisch festgehalten hat. Nun stellte Tristano im Rahmen einer Tournee seine „Tokyo Stories“ live vor und gastierte u.a. im Münchner Club „Ampere“. Auf der Bühne ein Flügel, ein Laptop, Kabel, darüber eine Leinwand und ein Spot, der die Tasten beleuchtet. Francesco Tristano betritt die Bühne und legt ohne Umschweife los. Seine assoziativen Kompositionen werden begleitet von Fotosequenzen des japanischen Fotografen Ryuya Amao, den er seit mittlerweile über drei Jahre kennen und schätzen gelernt hat. Tristano und sein Team haben die Fotos in Sequenzen zu einem Visual Art Film zusammengestellt. Im Hintergrund laufen stylisch animierte Fotosequenzen zu seiner Musik. Manchmal durchaus stimmig, aber teilweise auch etwas losgelöst von seinen eigentlichen Kompositionen und ihrer Thematik. Der direkte Bezug der Bilder zur Musik erschließt sich nicht zwangsläufig. Musikalisch wie dramaturgisch ist Tristanos „Tokyo Stories“-Klangkosmos einzigartig und passt nur schwer in eine Schublade. Da wird zu …

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Mark Lettieri. Fotos: Thomas J. Krebs.

„M&M“ – Marc Ribot Quintett & das Mark Lettieri Trio im Jazzclub Unterfahrt

An zwei hintereinander folgenden Tagen gaben sich zuerst Marc Ribot und dann Mark Lettieri die Clubklinke in die Hand. Während Ribot mit seinem Quintett das aktuelle Programm „Songs Of Resistance 1942-2018“ vorstellte und den Club mit brachialem Sound wie ein Derwisch aufrüttelte und aufmischte, wandelte das Mark Lettieri Trio in der Münchner Unterfahrt auf überraschenderweise jazzigen Pfaden und überzeugte mit funkigen Lines und kraftvoll, soliden Grooves, getreu dem Motto seines aktuellen Albums „Things Of That Nature“. Zwei Abende, an die sich nicht nur Gitarrenaficionados lange und gern erinnern werden.   Marc Ribot Quintet – 09. September 2019 Mark Lettieri Trio – 10. September 2019  

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Das Miteinander bestimmt auch dieses Jahr den Augsburger Jazzsommer

Seit 27 Jahren findet der internationale Jazzsommer in Augsburg statt. Und auch dieses Jahr war das Programm wieder erlesen und für jeden Geschmack etwas mit dabei. Einziger Wermutstropfen: Christian Stock legt nach nunmehr 27 Ausgaben des Festivals sein Amt als künstlerischer Leiter nieder, um nach all den erfüllten aber auch anstrengenden Jahren endlich einmal ausspannen und zukünftig genießen zu können. Der internationale Jazzsommer und die wunderbare Zusammenarbeit zwischen Botanischem Garten, Sponsoren, Kulturamt und Helfern wird, das ist die gute Nachricht, ab nächstes Jahr weitergeführt von niemand Geringerem als dem Augsburger Schlagzeuger Tilman Herpichböhm – ein gute Entscheidung, es wird also auch weiterhin spannende internationale Jazzsommer in Augsburg geben! Ein ganz besonderes Merkmal dieses Jazzfestivals ist, außer den traditionellen Zeughaus/Brunnenhofkonzerten im Rahmen der Dixie & Swing Reihe, die außergewöhnliche Location im Botanischen Garten für die internationalen Acts. Dort befindet sich ein malerischer  „Pavillon“, unter dem bei gutem Wetter die eigentliche Bühne für die Konzerte untergebracht ist. Drumherum sitzt das Publikum dann im Freien auf Stühlen und kann bei hervorragender Akustik die Konzerte genießen. Bei Regen oder schlechtem Wetter zieht man ins benachbarte „Glashaus“ um, in dem …

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Jazz, Brazil & Beyond beim Jazzsommer im Bayerischen Hof

Neben Gilberto Gil, der Fusion-Formation Moshulu, über Joey de Francesco mit seinem Trio, Frankreichs Vocal Shootingstar Camille Bertauld, John Medeski solo am Flügel, gaben sich China Moses und last not least der großartige Ivan Lins die Klinke in die Hand. Bei diesem Festival war musikalisch für jeden etwas dabei. Stimmungsmäßig kochte der Festsaal am ersten Abend bei Gilberto Gil und in den nächsten Tagen waren auch im Nightclub spannende Nächte angesagt. Was für ein Fest beim diesjährigen Jazzsommer im Bayerischen Hof! Gilberto Gil überzeugte mit einer soliden, sehr persönlichen Performance, die im ersten Teil seines Konzertes erst einmal Wohlfühlatmosphäre versprühte, während er dann nach und nach musikalisch druckvoller auftrat. Mit dabei als Gastsängerin seine 10 jährige Enkelin, mit der er einen Reggae zum Besten gab. Danach trat im Nightclub die Fusion-Gruppe Moshulu mit David Sancious, Oz Noy, Jeff Berlin und Dennis Chambers auf, die allerdings mit angezogener Handbremse spielte – da wäre letztlich mehr Druck und Groove drin gewesen. So richtig ab, wie man es eigentlich erwartet hätte, ging es dann leider doch nicht. Dafür fackelte am Abend danach Joey de Francesco nicht lange und …

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