Jazz in Berlin (4)

Es ist noch nicht lange her, da strömten Jazzmusiker von überall her, um hinfort in der Hauptstadt zu leben. Umbruch! Aufbruch!! Experiment!!! In geschätzten 200 Clubs konnte man Tag und Nacht performen, mal mit zwei Schlagzeugern, mal mit drei DJs, lauter Überraschungs-Gigs mit Überraschungs-Gästen – und 30 Euro Gage gab’s auch noch! Heute – so habe ich mir im Schwarzen Café in der Kantstraße erzählen lassen – muss man einen Überraschungs-Gig schon ein halbes Jahr vorher anmelden, die Wartelisten für interessierte Musiker sind ellenlang. Gagen gelten in Berliner Clubs schon seit einer Weile als uncool, also spielt man auf Eintritt. Eintrittsgelder gelten aber inzwischen auch als uncool, also lässt man nur noch den Hut rumgehen. Die Tendenz ist klar: Bald ist der Hut uncool und die Musiker müssen dafür bezahlen, dass sie überhaupt spielen dürfen. Die typische Ansage nach der Pause lautet jetzt schon: „Danke, dass ihr noch nicht gegangen seid.“ Dann sind die 15 Zuhörer immer ganz stolz auf sich.

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Jazz in Berlin (3)

Der Süddeutschen Zeitung vom 8. November entnehme ich, dass das JazzFest Berlin dieses Jahr ein erhebendes spirituelles Ereignis war. Die beteiligten amerikanischen Künstler hatten sich offenbar auf dem Weg nach Europa allesamt irgendwie verloren, vermutlich beim langen Warten vorm Flughafen-Check-in, also war erst mal gründliche Selbstfindung nötig. Lizz Wright zelebrierte auf der Bühne ihre „Suche nach Identität“, Joe Sample verarbeitete seine „private Identitätsfindung“ und auch bei Gregory Porter stand „Identitätsfindung“ ganz im Mittelpunkt. Gefunden haben sie sich schließlich durchweg in der Erinnerung an glückliche Tage im Schoße ihrer Kirchengemeinde. Wie rührend! Lizz Wrights Vater hatte nämlich eine „Südstaatenkirche“, Joe Sample entdeckte ebenfalls seine „Wurzeln in der Kirche“, für Gregory Porter war die „schwarze Kirche“ der Ausgangspunkt für alles, auch Charles Lloyds Großvater baute eine „schwarze Südstaaten-Kirche“, während Carla Bley in einer „weißen Kirche im kalifornischen Oakland“ entscheidende Orgel-Impulse erfuhr. Hallelujah!

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Jazz in Berlin (2)

In der englischen ersten Fußballliga spielen fünf Vereine aus London, in der spanischen immerhin zwei aus Madrid, in der italienischen zwei aus Rom. In der deutschen ersten Bundesliga spielt ab und zu die Hertha mit. Wo sollen die Fußballer auch herkommen? In Berlin gibt es nur drei große Bevölkerungsgruppen: die Polit- und Business-Kaste, die Kunst- und Bildungs-Bohème und die Hartzer Schicksalsgemeinschaft. Der Rest sind Touristen – für die macht man weiterhin das Hauptstadt-Jazzfestival. Ein paar Musiker aus Berlin, Polen und Skandinavien und ein paar amerikanische Sänger sollten dafür schon reichen. Und für die Berliner Nachtschwärmer gibt es dazu am Wochenende noch ein bisschen Party im Quasimodo: Brass, Funk, Groove, HipHop, schwarze Haut, Tattoos, Jazz Pants, „Hello Berlin“ und eine Menge Feelgood. Die Touristen, die sich zufällig dahin verirren, berichten hinterher begeistert: „Das ist Berlin wie in den Zwanzigern, Exotik, freie Sitten, Hot Music, Spaß und Revue Nègre! Fa-bel-haft!“

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Jazz in Berlin (1)

Früher war das JazzFest Berlin bekannt dafür, dass es Projekte und Ensembles nach Deutschland holte, die man hier noch nie gehört hatte. Diese Zeiten liegen eine gefühlte Ewigkeit zurück. Jedenfalls hieß ein Schwerpunkt-Thema 2011: Polen. Dieses Land beginnt 80 Kilometer hinter Berlin – und niemand wird behaupten, dass Adam Pieronczyk, Leszek Mozdzer, Tomasz Stanko oder Vladyslav Sendecki noch nie in Deutschland gespielt hätten. Im Gegenteil: Die Logistik war diesmal sogar besonders leicht zu handhaben, denn praktischerweise konnte sich der scheidende künstlerische Leiter die Hälfte der genannten Musiker direkt vom Label seines Vertrauens vermitteln lassen. Mit im Label-Paket steckten dann überraschenderweise noch ein paar andere Künstler wie Michael Wollnys [em], Caecilie Norby, Joakim Milder, Christopher Dell, Ida Sand und Iiro Rantala – die gab es wahrscheinlich gebündelt zum Rabattpreis obendrauf. Gerüchten zufolge übernimmt Siggi Loch im nächsten Jahr gleich selbst die künstlerische Leitung beim ActFest Berlin.

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Orbit im Café Tasso mit Fotostrecke

Letzten Sonnabend, Berlin Friedrichshain, Café Tasso. Unten in der Ladezeile der alten sozialistischen Prachtstraßenbaus der ehemaligen Stalin-Allee. Dort hat sich das Café Tasso angesiedelt. Antiquariat und Café mit Bio-Touch. Ein Wohnzimmer mit Schaufenster. Es ist beinahe untypisch früh für einen Jazzauftritt. Aber es gibt keine Konzessionen. Gewöhnlich beginnen hier die kulturellen Veranstaltungen gegen 20 Uhr. Heute scheint ein Teil des Schlagzeugs defekt zu sein. Verspätung. Auftritt gegen kurz vor neun ein Quintett alten, bewährten Jazzerschlages: Trompete, Saxophon, Piano, Bass und Schlagzeug. Name: Orbit. Orbit im Sputnikgebiet. Draußen flanieren die frühen Vögel des Abends über den Boulevard, irgendwelche Getränke in der einen Hand haltend, die andere steckt in der Hosentasche oder wird zum Gestikulieren benötigt. So ist das mittlerweile ja Brauchtum.

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One for Richard – Two for the Rest

LUX – 3 Herbstkonzerte des Landes-Jugendjazzorchesters Bayern mit dem Bayerischen Jugendchor Das Herbstprojekt des Bayerischen Landes-Jugendjazzorchesters ist in diesem Jahr eine Gemeinschaftsproduktion mit dem Bayerischen Landesjugendchor unter dem Motto „Lux – Licht“. Im ersten Teil des Programms beschäftigt sich der Landesjugendchor unter der Leitung von Gerd Guglhör mit der zeitlosen Thematik des Lichts als lebens- und sinnspendender Kraft in Werken von Johann Sebastian Bach bis zum Zeitgenossen Thomas Jennefelt. Herzstück des gemeinsamen Programmteils mit dem Landes-Jugendjazzorchester Bayern wird ein Requiem von Nils Lindberg sein. Die Leitung dabei hat Fred Sjöberg, Chordirigent an der Royal Academy of Music in Stockholm und Örebro. Die Solisten sind Gunnel Sjöberg (Sopran), Ulrike Malotta (Mezzosopran) und Andreas Burkhart (Bariton).

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Jazz-Talk in Berlin: Musiker im Gespräch mit der Bundespolitik

Bundeskonferenz Jazz, Jazzinstitut Darmstadt und die Hessische Landesvertretung in Berlin laden ein: KONZERT / TALK: JAZZ TRIFFT POLITIK … nur für den politischen Frühschoppen? Gespräch zwischen Jazzmusikern und Bundespolitik Durch eine große Anfrage der SPD-Fraktion im Bundestag zur „Musikförderung des Bundes“ im April dieses Jahres und die inzwischen vorliegende Antwort der Bundesregierung richtete sich zuletzt der öffentliche Fokus auf den Einfluss bundespolitischer Entscheidungen im Bereich der öffentlichen Förderung von Musik sowie die Zweckmäßigkeit und Transparenz von bestehenden Förderstrukturen wie etwa der „Initiative Musik“. Dass Jazzmusikerinnen und -musiker in hohem Maße an solchen Themen interessiert sind, vor allem aber auch ihre eigene Stellung in der allgemeinen kulturpolitischen Wertschätzung hinterfragen, soll die Auftaktveranstaltung des diesjährigen Festivals „Jazz in den Ministergärten“ zeigen. Auf Einladung der Bundeskonferenz Jazz werden in der hessischen Landesvertretung die Jazzmusikerinnen Julia Hülsmann (Berlin) und Angelika Niescier (Köln) mit MdB Siegmund Ehrmann, Mitglied des Kulturausschusses im Deutschen Bundestag und Obmann der SPD-Fraktion für Kultur und Medien, zusammentreffen, um über die schwierige Wahrnehmung der Belange von Musikerinnen und Musikern aktueller improvisierter Musik in den für die Kulturpolitik zuständigen bundespolitischen Gremien zu sprechen.

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Antwort der Bundesregierung auf SPD-Anfrage zur Musikförderung

Die SPD-Fraktion des Bundestags hat an die Bundesregierung mittels einer Großen Anfrage eine Stellungnahme zu ihrer Förderpolitik im Bereich Musik gefordert. Gegenstand der insgesamt 74 Fragen war u.a. die rechtlichen Rahmenbedingungen der Kulturförderung, genaue Angaben zu Höhe und Adressaten der Zuwendungen sowie eine deutliche Beschreibung der Zielsetzung, die sich die Bundesregierung bei ihren Förderprojekten gibt. Auch die Umsetzung der Empfehlungen der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ wurde dabei kritisch nachgefragt. Die Online-Ausgabe der Welt hat einige der Angaben bereits in einem Artikel unter dem Titel Braucht Tokio Hotel unser Steuergeld?  angeprangert und nennt hier die kommerziell sehr erfolgreichen Bands Tokio Hotel und Die Toten Hosen als fragwürdige Empfänger der Steuer-finanzierten Zuwendungen. Auch die neue Prestige-Gala der Plattenindustrie ECHO Jazz wird erwähnt. Sie wurde bei ihrem Start 2010 mit 75.000 € „anschubfinanziert“, was die seit Jahren nach angemessener Förderung rufende „Jazz-Basis“ als Schlag ins Gesicht empfinden dürfte. Gleichzeitig wurden allerdings auch Jazzprojekte wie das German Jazz Meeting 2010, das Moers Festival 2011 oder das Münchner Jazz Lines Festival aus den gut 44 Mill. Euro gespeist, die der Bund im Jahr 2010 insgesamt für Musikförderung ausgegeben hat.

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Premiere des Jazz Orchester Bonn

Heute und morgen gibt es beim 3. Bundesbigbandfestival in Bonn die Gelegenheit, eine ganze Reihe von Amateur- und Profibigbands zu hören. Das Bundesbigbandfestival ist noch 2009 vom inzwischen verstorbenen Peter Herbolzheimer mit auf den Weg gebracht worden. Veranstalter ist der in Bonn ansässige Förderverein Jazz e.V., um Manfred Schoof, Ulrich Adomeit und Peter Ortmann. Am Samstag spielen auf dem Museumsplatz im Open-Air-Zelt verschiedene Amateurbands. Die Profis sind dann am Sonntag im „Forum“ der Bundeskunsthalle dran. Dabei gibt es dann um 15 Uhr eine Premiere auf dem Festival, wenn das neu gegründete Jazz Orchester Bonn sein erstes Konzert gibt. Die Profi-Bigband setzt sich aus verschiedenen Musikern der Bonner Gegend zusammen, deren Ursprünge ins BuJazzO sowie verschiedene Hochschulbigbands und Landesjugend-orchester zurückreichen. Die Konzerte sind an beiden Tagen umsonst. Mehr Jazz aus Bonn: Außerdem in der Nacht zum Sonntag (2. Oktober 2011) in der WDR Jazznacht ab 0.05 Uhr: Mitschnitte von diversen NRW-Jazzfestivals u.a. dem 2. Jazzfest Bonn: Sternal Symphonic Jazz Ron Carter Trio – The Golden Striker Helge Sunde Ensemble Denada Mehr zum Programm des 3. Bundesbigbandfestivals Line-Up Jazz Orchester Bonn

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