„Wilden Saiten“ täte Auffrischung gut: Cordes Sauvages‘ Tribute für Django Reinhardt

Regensburg. Die „wilden Saiten“, als Cordes Sauvages seit langem ein fester Begriff der hiesigen Musikszene, sind in letzter Zeit schwer gebeutelt worden. Vor über zwei Jahren ist ihr musikalischer Mastermind, der Gitarrist, Arrangeur und Komponist Helmut Nieberle, mit gerade mal 63 Jahren verstorben. Beim diesjährigen Palazzo-Auftritt fehlte unerwartet Gitarrist Ferry Baierl, seit Jahrzehnten die unerschütterliche Rhythmusstütze der Band. Festivalimpresario Alex Bolland wies in seiner Anmoderation darauf hin, dass Baierl einen Herzinfarkt erlitten habe, auf dem Weg der Besserung sei und im Konzert durch den jungen Nieberle-Schüler Patrick Schichtl ersetzt würde.   Mit neuen Köpfen Der Neuzugang fügte sich in dieser Rolle, als steter Rhythmusgeber, mit Gespür und Passion wunderbar ein und ließ in einigen kurzen Soli durchblicken, dass von ihm noch weit mehr zu erwarten ist. Seit jeher hat sich Cordes Sauvages vorrangig der Musik Django Reinhardts, des Swing und Bebop verschrieben und widmete dem Franzosen und dem Bebop-Pionier Charlie Parker mit dem Tribute-Konzert in lauschiger Arkadenhof-Atmosphäre auch den Abend. Als Gast stellte Klarinettist Stefan Holstein, der seit vielen Jahren zusammen mit Schlagzeuger Michael Scotty Gottwald und Bassist Wolfgang Kriener das swingende Klangbild des Ensembles …

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Jazz im Garten: Der 30. Internationale Augsburger Jazzsommer 2022

1993 aus der Taufe gehoben, wurde aus den Sommernachtskonzerten im Botanischen Garten der Stadt Augsburg zwei Jahre später der Augsburger Jazzsommer und schließlich der Internationale Augsburger Jazzsommer. Beeindruckend, wer unter dem Dach des Pavillons des Botanischen Gartens bereits aufgetreten ist: angefangen von Michel Petrucciani, über McCoy Tyner, Charles Lloyd, Steve Kuhn, John Scofield, Avishai Cohen oder Brad Mehldau, um nur beispielhaft ein paar Jazzgrößen aufzuführen. Dieses Jahr feierte die Konzertreihe mit dem einzigartigen Ambiente ihr dreißigjähriges Jubiläum. Das Lineup war wiederum fulminant und genauso sensationell wie das Wetter, das bei Open-Air Konzerten eine nicht unwesentliche Rolle spielt.   Nachdem Bassist und Festivalinitiator Christian Stock vor drei Jahren die künstlerische Leitung an den Schlagzeuger Tilman Herpichböhm übergeben hatte, war die Welt noch in Ordnung. Der erste internationale Klaviersommer unter Herpichböhm im Jahr 2020 fand wegen Corona nur in abgespeckter Form mit zwei Konzerten statt. Im Jahr darauf konnte man dann wieder unbekümmert mit vollem Programm aufwarten. Und dieses Jahr das dreißigjährige Jubiläum! Wie bereits in der Vergangenheit fanden sechs international besetzte Konzerte im Pavillon des Botanischen Gartens statt, flankiert von fünf Konzerten im Brunnenhof des Augsburger …

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Out Of The Box: Riesenradoper Umadum von Christian Muthspiel

(Von Ralf Dombrowski): Sie könne sich vorstellen, das Ganze auch nach Dubai zu exportieren, meinte Martina Taubenberger, Kuratorin der Out Of The Box Festivals. Oder nach London zum Beispiel. Schließlich sei Umadum ihres Wissens die erste Riesenradoper überhaupt und schon als solche eine Besonderheit. Zum Finale der dritten Festivalausgabe im Münchner Werksviertel (5.-7. August 2022) dem bereits das Gebärdensprachenballett „Babel“ und das Datenhandschuhkammerorchesterkonzert „Digitale Poesie: The Human Touch“ vorausgegangen waren, setzte das Auftragswerk des österreichischen Komponisten Christian Muthspiel technisch und konzeptuell noch einmal einen drauf. Denn für die Verwirklichung wurden 27 Musiker*innen seines OrJazztras Vienna in die Kabinen des Riesenrads gesetzt und jeweils über einzelne Kanäle mit dem Mischpult auf dem Bauplatz des geplanten Münchner Konzerthauses verknüpft, das wiederum aus den einzelnen Signalen ein Ganzes entstehen ließ und es dem ungezwungen auf Liegestühlen verteilten Publikum präsentierte.     Zwischen Jahrmarkt und Zoom-Sitzung Dabei gab es neben der Besonderheit der Konstruktion noch weitere ungewöhnliche Elemente. Zum einen konnte man als Zuhörerin jeweils eine Umdrehung in einer der Kabinen mitfahren und erlebte damit die Laborsituation der jeweiligen isolierten Künstlerinnen, die nur sich selbst und eine rudimentäre Klanggestalt …

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Franz Hackl

Blasen platzen lassen: Das Outreach Festival 2022

(Von Oliver Hochkeppel) Ein beachtliches Jubiläum konnte man im Tiroler Städtchen Schwaz feiern. Vom 4. bis 6 August fand die 30. Ausgabe des Outreach Festivals der 13.000-Einwohner-Kommune statt, mit dem Silbersaal des SZentrums als zentrale Bühne. Was umso bemerkenswerter ist, als das Outreach schon immer zu den experimentellen, innovativen und damit nicht nebenbei zu konsumierenden Festivals gehört. Dies wiederum liegt wie so oft ganz wesentlich am Gründer, der bis heute am Ruder steht.   Der Trompeter Franz Hackl (Titelfoto) gründete das Outreach Festival 1993 in seiner Geburtsstadt, auch als Möglichkeit, die Verbindung zur Heimat zu halten – neben der Blasinstrumentenschmiede, die er mit seinem Vater betreibt. Denn eigentlich hatte ihn seine Karriere nach New York verschlagen, wo nicht nur die von ihm gegründete Familie, sondern auch ein Gros seiner Musikerfamilie sitzt. Aus den Erfahrungen zwischen Europa und USA, zwischen Kleinstadt und Metropole, zwischen Tradition und Postpostmoderne, aber auch zwischen Volksmusik und Jazz speist sich das Outreach Festival. Versteht es sich doch interdisziplinär, genreübergreifend und ganzheitlich. „Die Vision von Outreach ist“, sagt Hackl, „Musik und alle anderen bildenden und darstellenden Künste zu verwenden, um Grenzen aufzubrechen …

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Das Jazzfestival im südschwedischen Ystad in seiner 13. Ausgabe

Abgespeckt – aber idyllisch wie eh und je: das Jazzfest in Wallanders Heimat Traumhimmel im gelblichem Abendlicht, sanfte Wölkchen – und lauter Töne zum Schwelgen: Der südschwedische Ort Ystad, den Krimi-Fans durch die Filme um Kommissar Kurt Wallander kennen, bietet eine der schönsten Kulissen für ein Jazzfestival. Im hinreißenden dortigen Theater, einem 400-Plätze-Juwel von 1894, gab es diesmal gehäuft Konzerte mit besonders anrührenden Momenten – etwa mit der Sängerin Cyrille Aimée und dem Schlagzeuger Ronnie Gardiner. Sowie ein traumschönes Kammer(welt)musik-Gastspiel mit dem Quartett des Oud-Spielers und Komponisten Anouar Brahem. Jazz mit auffällig starkem Erlebniswert – in einem Jahr, in dem viele Zuhörer genau solche Momente offenbar noch mehr zu schätzen wissen als sonst. Zum dreizehnten Mal fand das seit 2010 existierende Festival jetzt statt – nach zwei Pandemie-Jahren, in denen es nicht ausgefallen war, sondern seine Kontinuität mit begrenzten Zuschauerzahlen und Konzertstreaming fortgesetzt hatte. Jetzt herrschte wieder Normalbetrieb, die Spielorte waren voll (90 Prozent Auslastung), und die Besucher wie auch viele der sechzig ehrenamtlichen Helfer des Festivals strahlten mitunter, als seien sie auf einer Insel der Glückseligkeit gelandet. Solch eine Insel waren die vier Jazz-Tage …

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Alpenrausch Festival: Z’Fuaß am Flaucher mit dem Duo Schriefl-Bär

Am vergangenen Wochenende fand an zwei Tagen in der Münchner Isarphilharmonie HP 8 das erste Alpenrausch Festival statt, kuratiert von Stefanie Boltz, die in den vergangenen Jahren bereits erfolgreich nach dem Alpen Jazz am Tiroler Achensee das Alpenspektakel auf Gut Sonnenhausen organisiert und durchgeführt hat. Präsentiert wurde sowohl in der Philharmonie, im Saal X und dem Außengelände ein abwechslungsreiches, grenzüberschreitendes und vielseitiges Programm rund um das Thema Neue Volksmusik. Ein kleiner Höhepunkt des Festivals war eine musikalische Wanderung mit Matthias Schriefl und Johannes Bär, die im Anschluss dazu ihren Dokumentarfilm „Auf Tour Z’Fuaß“ vorstellten. Zusammen mit den beiden Musikern ging der Ausflug von der Isarphilharmonie über die Schinderbrücke zum Flaucher und wieder zurück. Im Gepäck ein Sammelsurium an Instrumenten von Alphörnern bis hin zu Trompeten, Akkordeon und Tuba. Auf dem Weg gab es ein Alphornkonzert mit Jodelworkshop, am Flaucher bei den „Nackerten“ wurde u.a. der 60ziger Jahre Hit „Für Gaby tu‘ ich alles“ zum Besten gegeben, samt Tipps zum Trinken und Pieseln auf Wanderungen, immer wieder begleitet von musikalischen Einlagen. Nach gut  einer Stunde ging es dann wieder zurück zur Isarphilharmonie. Das Ganze alles in …

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Das Out Of The Box Festival im Werksviertel München geht weiter

Der synästhetische agierende Pianist Ralf Schmid war mit einem Kompositionsauftrag „Human Touch“ zum Out Of The Box Festival  ins Werk7 des Münchener Werksviertel geladen. Er sei eigentlich der Hausmeister, meint Asle Karlstad, und weiß natürlich, dass er untertreibt: Allein für die schnurlosen Mikrophone des O/Modernt Kammerorchesters müssen 21 Kanäle koordiniert werden. Dazu kommen die Sender der Trondheim Voices, zahlreichen Laptops, iPads, die Datenhandschuhe von Ralf Schmid, auch ein paar Informationen über das Licht, die synchronisiert und sinnvoll auf Lautsprecher und Scheinwerfer im Werk7 des Münchner Werksviertels übertragen werden müssen. Es ist eine gewaltige Organisationsleistung, die im Hintergrund geschieht, um den Vordergrund schwerelos, verspielt, selbstverständlich wirken zu lassen. Karlstad hat sie im Griff, auch wenn er hier nur das erfülle, was andere von ihm wollen, wie er mit einem weiteren Lächeln des Understatements betont. Er ist einer der erfahrenen Sounddesigner Europas, einer, ohne den die Trondheimer Sängerinnen ungern in die Welt der Musikprojekte ziehen. Einer, den man holt, wenn Projekte wie „Human Touch“ des Festivals „Out Of The Box“ gut klingen sollen. Ralf Schmid jedenfalls wirkte mehr als zufrieden, als er nach der Premiere noch im …

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Nachlese zum 19. Internationalen Jazz-Weekend in Unterföhring

Als Veranstalter eines Sommer-Jazz-Weekends braucht man nicht nur in diesen Zeiten Mut, sondern vor allem Visionen. Bereits in den vorangegangenen Jahren holte Bassist Harald Scharf, der die künstlerische Leitung des Festivals 2014 übernommen hat, Stars wie Tom Harrell, Kurt Elling, Marquis Hill, Kinga Glyck, Terri Lyne Carrington, Dianne Reeves, China Moses, den diesjährigen „BMW Welt Jazz Award Winner“ Marco Mezquida oder Chuco Valdés auf die Bühne in Unterföhring. Auch dieses Jahr gab es ein rundherum beeindruckendes, abwechslungsreiches und vielseitiges Internationales Jazz-Weekend in Unterföhring. Traditionell startet das Jazz-Weekend mit einem Kinderjazzkonzert. Die Jazzbande aus Nürnberg führte mit ihrer musikalischen Reise kreuz und quer über alle Kontinente und begeisterte groß & klein. Am nächsten Abend gab sich die aus Charleston in South Carolina stammende und gerade mit einem Grammy ausgezeichnete Truppe Ranky Tanky die Ehre. Noch als Geheimtipp gehandelt, kombiniert die Band in ihrer Musik soulige Songs der Gullah-Kultur mit Blues, Jazz und einer gehörigen Portion R&B. „Ranky Tanky“ bedeutet übersetzt so viel wie „Get Funky“, und das Publikum nahm dies wörtlich. Zum Schluss tanzten alle ausgelassen im Saal zur vom Hocker reißenden Musik. Den Folgeabend bestritt …

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Die Energie der Berge – eine Nachlese zum 40. Südtirol Jazzfestival Alto Adige

„Der Berg verlangt einen großen Energieeinsatz, aber er gibt umso mehr Energie zurück“ – der Allgäuer Multiinstrumentalist Matthias Schriefl weiß, wovon er redet. Beim Südtirol Jazzfestival Alto Adige zirkulieren vergleichbare Energien, wenn es um aktuelle musikalische Gegenwart in den Ländern Europas geht. Klaus Widmann, der langjährige künstlerische Leiter des Festivals gibt den Staffelstab nun weiter an Max von Preetz, Roberto Tubaro und Stefan Festini Cucco, die sich jetzt darauf freuen, das Festival in die Zukunft zu tragen. „Die drei sind echte Bergmenschen“ bewertet Matthias Schriefl das sichere Gespür der drei für die richtige Route. Sie sind sowieso schon seit vielen Jahren in die Organisation involviert. Genug Gelegenheit „zu üben“, wie es Klaus Widmann in seiner virtuellen Begrüßungsansprache formulierte, hatten sie bei der 40. Ausgabe allemal, allein, weil Widmann die ersten Festivaltage corona-bedingt nicht zugegen sein konnte, später dann aber kam. Matthias Schriefl, der schon seit 15 Jahren beim Festival präsent ist, war diesmal den Bergen besonders nah, als er sich im Duo mit Johannes Bär drei Tage lang auf Hüttenwanderung begab. Sich vom Bergsommer in seiner ganzen Pracht verzaubern lassen und dabei offener für neue …

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Das 41. Jazzweekend Regensburg ist gestartet: Ukrainische Lieder und Neo-Scat aus München

Rund 100 nationale sowie internationale Bands, Kombos und Einzelkünstlerinnen und -künstler sind der Einladung nach Regensburg gefolgt und bespielen von heute Abend bis Sonntag 17 Bühnen und Schauplätze auf die ganze Innenstadt verteilt. Heute um 18:00 eröffnet die Regensburger Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer das 41. Bayerische Jazzweekend am Regensburger Platz der Musik, dem Bismarckplatz, an dem sowohl Stadttheater als auch Musikschule zuhause sind. Bevor aber heute kurz nach 18:00 das Bayerische Landesjugendjazzorchester das Weekend eröffnet, gab es – auch das eine jahrzehntelange Tradition – am Abend zuvor die Voreröffnung auf der Piazza im Gewerbepark. Super Wetter, volle Piazza und drei wunderbare Konzerte: Es spielten das das AVA Trio und das Berliner Ensemble der ukrainischen Sängerin Ganna Gryniva. Die dritte Band, das Frankfurter Jazz Ensemble SH4iKH 9 extended, hatte einen coronabedingten Ausfall und reiste erst gar nicht an. Dafür sprang der Münchener Sänger Kilian Sladek mit seiner Band FRAGMENTS ein. Sein Konzept: Neo-Scat, das heißt Gesang, der ganz ohne Lyrics auskommt. Mit den feinen Klängen seiner Songs ohne Worte läutete er gestern Abend unspektakulär aber geschmackssicher das 41. Jazzweekend ein. https://jazzwe.de/

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