BR kickt Hammerstein ins Aus

„Mit…“, dann folgt eine unmerkliche Verzögerung bis die Anmoderation mit „…Lukas Hammerstein“ abschließt. Seit Jahr und Tag beginnt der bei München lebende Journalist und Autor Jazz & Politik jeden Samstagnachmittag damit, dass er sich vorstellt. Angesiedelt ist das Magazin bei der Politikredaktion des Bayerischen Rundfunks (B2), die Musik wählt der Musikredakteur Roland Spiegel aus. Abgesang auf eine Magazinsendung Kurz vor Sommerbeginn traf ich Hammerstein zu einem Interview im Eingangsbereich des  Rundfunkhauses des BR, nahe beim Münchner Hauptbahnhof. Ich wollte ein Porträt des 65-jährigen Freiberuflers verfassen, dessen politisches Feuilleton zum Interessantesten, manche Hörer*innen würden sagen „zum Besten gehört“, was vom BR produziert wird. Während der Arbeit am Text landete im Postfach eine Nachricht, dass Jazz & Politik Anfang kommenden Jahres (2024) eingestellt wird. Unversehens bekommt das Interview einen anderen Drall und die Geschichte gerät zu einem Abgesang auf eine Magazinsendung, die innerhalb des durchaus immer noch vielfältigen deutschen Rundfunkwesens einmalig ist. Nische Jazz & Politik Im Schatten großer Reichweiten und Quoten, die vom hohen Sendemast herab alles überblicken, führt Jazz & Politik ein Nischendasein für politisch Interessierte und  Hörerinnen die wissen wie zäh praktische Politik in …

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Vielfalt pur – das Südtirol Jazzfestival Alto Adige hat begonnen

Seit Jahrhunderten gibt es viele Gründe für einen Deutschen, die Alpen zu überqueren. Seit 2004 einen weiteren: Das Jazzfestival Südtirol Alto Adige. In diesem Jahr hatte der praktische Arzt, Bergsteiger und Gitarrenmusik- und Jazz-Liebhaber Klaus Widmann das Südtirol Jazzfestival von Gründer Nicola Ciardi übernommen und machte es über die Jahre zu dem, was es heute ist: Ein Magnet für Jazzmusiker aus Italien, Deutschland, Großbritannien, Belgien und den skandinavischen Ländern, kurz gesagt aus ganz Europa und darüber hinaus. Will man neue Trends und neue Namen kennenlernen, dann ist man hier richtig. Das Festival 2023 eröffneten konsequenterweise junge Namen aus Spanien, Deutschland, Österreich, Italien und Korea: etwa Juan Saiz mit einer recht konventionellen Quartettbesetzung, aber gehörig Groove. Oder die Berliner Mit-Anführerin des Subcultural Collective „Subwater Beats“, alias Kid Be Kid, als charismatische Alleinunterhalterin, die sich auf waghalsige NeoSoul-, Beatboxing- und Klavier-Improvisationen mit der französischen Sängerin Leila Martial einließ, die wiederum mit ihrem Trio  Oliphantre nach Bozen angereist war. Ein Festival braucht einen Ort, um zu wirken. Musik braucht einen Raum, um zu klingen. Das Südtirol Jazzfestival hat hier weiterhin unkonventionelle und immer wieder überraschende Lösungen anzubieten: Etwa …

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Metax Modern – Riedenburger Tag der Gegenwartsmusik

Die Wege der Musik sind manchmal unergründlich. Im Jahr 1988 bekam Heinz Winbeck eine Professur in Würzburg angeboten. Das war gut für den Lebensunterhalt, aber schlecht für die Inspiration. Also suchte der Komponist eine Bleibe, die ihm seine kreative Grundentspanntheit ermöglichte und fand sie im Alten Pfarrhof in Schambach bei Riedenburg. Er ließ das Gemäuer renovieren, zog dorthin und wirkte von dort aus in die Szene zurück. Sein Kollege Franz Hummel wiederum war ebenfalls am Ort und so entstand eine Art Miniaturenklave der Neuen Musik, was wiederum die Kuratorin des Metax Modern Festivals Birgit Clupacek dazu veranlasste, mit der regional verorteten Veranstaltung nach Riedenburg zu ziehen und dort am 18.Juni 2023 den ersten Tag der Gegenwartsmusik anzuberaumen. Der Pfarrhof wurde einer der Spielorte, in dessen Privaträume die Witwe des Komponisten Gerhilde Winbeck mit charmanter Grandezza einlud. Die Pianistin Shuteen Erdenebaatar und das Duo Manuel Adt und Kathrin Isabelle Klein präsentierten im Salon des Hauses Stücke aus eigener Feder, von Kokurator und Moderator der Veranstaltung Henrik Ajax und von Adriana Hölszky, ernst dunkle, aber auch schweifend harmonisch schwelgende Klavierexkurse mit der Tendenz, im Hören aus den …

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Chorleiter und Bühnenderwisch: Jacob Collier beim Tollwood-Festival in München

Jacob Collier passt in die Zeit. Er wirkt wie die künstlerische Verkörperung einer Ära der Optionen. Der junge Brite rennt auf die Bühne des Tollwood Musikzelts, sprintet zu den Instrumenten und wechselt sie oft und präzise choreografiert. Er spielt eine Handvoll davon ziemlich gut, vor allem Klavier und Bass, außerdem Gitarre und Percussion, flankiert und sekundiert von einer hervorragend stilflexiblen Band. Er packt viel in die zwei Stunden Konzert, Funk und jazzgetönten Soul, dunkle Club-Beats und helle Latin-Passagen, Freddie-Mercury-Pathos und Singer-Songwriter-Intimität. Die Rasanz der Opulenz erinnert strukturell ein wenig an Kulturtechniken, die die Mobiltelefonie in die Welt gebracht hat, das Wischen vom einen zum anderen, geklammert über die Plattform, die die Vielfalt zur Verfügung stellt. Magische Zusammenklänge Ein wesentlicher Unterschied ist aber, dass Collier nicht nur vom Publikum etwas will, sondern ihm auch viel zurückgibt. Zu den magischen Momenten des Abends gehören neben hinreißend privaten Songs wie „The Sun Is in Your Eyes“ die Passagen, wo sich der hyperaktive Bühnenderwisch in einen brillant intuitiven Chorleiter verwandelt, der die Menschen im Zelt zu einer Stimme zurückführt, von der sie wahrscheinlich gar nicht wussten, dass sie sie …

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Jazz Sommer: Oliver Hochkeppel über das Comeback des Münchener Jazzfestivals

Drei Ausgaben des Münchener Jazz-Sommers sind coronabedingt ausgefallen. Jetzt geht das einzige Münchener Jazzfestival mit internationalem Zuschnitt an den Neustart. Oliver Hochkeppel ist seit März der neue künstlerische Leiter und sprach mit Jacinta Grundler von der JazzZeitung über das Festival und seine persönliche Vision. JazzZeitung: Der Jazz Sommer blickt in München auf eine lange Geschichte zurück. Wie sehen Sie sich als neuer künstlerischer Leiter in dieser Tradition? Oliver Hochkeppel: Das ist eine Tradition, die ich hochhalten will. Aber natürlich will ich auch etwas verändern, einfach weil sich die Szene und die Zeiten geändert haben, in denen der Jazz passiert. Man kann in meinen Augen kein Festival mehr machen, das nur von Namen lebt. Man muss die Leute über ein Thema einfangen. Ein Festival muss heute eine Geschichte erzählen. Deswegen hat der Jazz Sommer erstmals ein Motto – frei nach Mark Twain „Bummel durch Europa“. JazzZeitung: Welches Konzept verbirgt sich hinter diesem Motto? Hochkeppel: Es wird ein Rundgang, der die Eigenarten des europäischen Jazz zeigen soll. Seit etwa 30 Jahren hat sich dieser über die Entdeckung oder Wiederentdeckung seiner vielen eigenen Musiken und vor allem auch …

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Elbjazz 2023: Jazz & Dance unter der Diskokugel

Gleich vorweg: Auch das diesjährige Hamburger Elbjazz war wieder ein voller Erfolg. Bei Temperaturen bis zu 28 Grad und herrlichem Sonnenschein am 10. und 11. Juni waren die wettertechnischen Voraussetzungen optimal, vorausgesetzt man hatte Sonnencreme und Kopfbedeckung dabei. Als vorausschauende Maßnahme des Veranstalters wurden kostenlose Trinkwasserstellen aufgestellt, die angesichts der mittlerweile doch recht hohen Getränkepreise an den Ständen absolut sinnvoll waren. Ebenfalls hilfreich die Festival App, die über Programmänderungen, etwa den Einlassstand oder Staus an der Schiffbauhalle informierte. Bemerkenswertes Programm für ein Jazzfestival Auf den ersten Blick war das Elbjazz Programm schon ein wenig ungewöhnlich. Internationale Jazzgrößen, respektive typische Jazzheadliner, suchte man dieses Jahr vergebens. Dafür traten Bands wie Dope Lemon mit Mastermind Angus Stone oder das Unknown Mortal Orchestra aus Neuseeland auf, die alle wenig, bzw. gar nichts, mit Jazz am Hut haben, das Publikum trotzdem enthusiasmierten, welches zum Teil szenemäßig mit Weißwein im Glas und Icepack (!) anstieß, ausgelassen tanzte und feierte. Wahrscheinlich ist das Line-up ohnehin für die meisten Besucher zweitrangig. Der Fokus liegt offensichtlich auf einer entspannten Atmosphäre und guter Laune, kombiniert mit einem vordergründig ansprechenden, aber solide aufgestellten Programm. Für …

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Regensburg präsentiert das Programm für das 42. Bayerische Jazzweekend

Das Programm des Jazzweekends 2023 steht fest. Vom 13. bis 16. Juli werden 105 kostenfreie Konzerte von 101 Bands, Combos und Einzelkünstlerinnen und -künstlern über die Bühnen der Stadt gehen. Das Konzept gibt es seit 42 Jahren, dem seit 2022 wirkenden neuen künstlerischen Leiter, Christian Sommerer, gelingt es wie versprochen, in Kooperation mit dem Regensburger Kulturreferat, auch im zweiten Jahr unter seiner Leitung neue Akzente zu setzen. Jazzweekend-Satellit im Landkreis Mit gleich fünf Konzerten ist das Bayerische Jazzweekend ab diesem Jahr auch im Landkreis Regensburg zu Gast. Im Schlosshof Schönberg in Wenzenbach gibt es unter anderem die Münchner Jazz-Formation WestendProjekt sowie den spannenden Brasiljazz des Juliana Blumenschein Quartett feat. Isabela Meirelles aus Mannheim und Salvador da Bahia zu hören. Artists in Residence mit Gastgeber Geff Der Regensburger Jazz-Drummer Gerwin „Geff“ Eisenhauer gestaltet im Austausch mit international bekannten Musikerinnen und Musikern ein Artist-in-Residence-Programm für das Jazzweekend, das in gemeinsamen Konzerten und Formaten mündet und neue Perspektiven eröffnet. So ist Wolfgang Flür, Schlagzeuger der legendären Band Kraftwerk, am Samstag, 15. Juli, um 22.30 Uhr im Leeren Beutel gemeinsam mit Eisenhauer zu erleben. Wolfgang Flür war von 1973 …

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Moers – (k)ein Jazzfestival? Ein Bericht von der 52. Festivalausgabe

„This is not a jazz festival“ lautete im letzten Jahr das Motto. Aber ist das wirklich so? Vielleicht entsteht Jazz, verstanden als universelle Haltung von Improvisation und kultureller Toleranz, gerade dann, wenn das Wort mit den vier Buchstaben als einengende Schablone wegfällt. Weil sich dann die Dinge wieder aneinander reiben können. Da gab vor allem der feierfreudige soziale Kosmos einer Open-Air-Bühne zur blauen Stunde der Musik ganz viel Luft zum Atmen. Günter „Baby“ Sommers „Brother- and Sisterhood“ klang genau so, wie dieses neue Projekt heißt. Der aus Dresden stammende Schlagzeuger ist mit fast 80 Jahren ein unermüdlicher Ideengeber und Menschenfänger. Hier skandierte er, als wenn es ein Rap wäre, die Lautpoesie des Dadaisten Hugo Ball, die einem seiner aktuellen Stücke mit dem Titel „Karawane“ zu Grunde liegt. Das gute Dutzend Musikerinnen und Musiker, die einen Querschnitt der deutschen Jazzszene ausmachten, und ebenso ihr Publikum stiegen in all dies und noch viel mehr dankbar ein. Drei Bühnen – drei Aspekte von Livekultur Seit letztem Jahr gibt sich das Moers-Festival mit unterschiedlichen Bühnen an ganz verschiedenen Orten „dreigeteilt“: Die Festivalhalle bietet konzentriertes Zuhören und auch visuelle Inszenierungen, …

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Frühling, Freude, Freiluftbühne: Der 38. Jazzfrühling in Kempten

„Gute Musik dutzendfach“ versprach Kemptens Oberbürgermeister zur Eröffnung des 38. Kemptener Jazzfrühlings auf dem Rathausplatz ohne Übertreibung. Standen doch 55 oft parallele Auftritte auf 23 Bühnen in der und um die Stadt im Allgäu – eine davon auf dem Nebelhorn – für die acht Tage um den 1. Mai im kostenlosen Programmbuch des veranstaltenden Kleinkunstverein Klecks. Wie immer waren auch die Eröffnungskonzerte im Freien umsonst. Zum Auftakt spielte auf der Freiluftbühne gegenüber dem spätmittelalterlichen Rathaus bei schönstem Frühlingswetter das Landes-Jugendjazzorchester Bayern unter der Leitung von Harald Rüschenbaum. Der ließ nicht nur seine „Landjugend“, sondern auch gleich den ganzen Rathausplatz den Anfangston einsingen. Das mitreißend und professionell gespielte zweistündige Programm reichte von Count Basie über Dizzie Gillespie, John Coltrane, Weather Report und Jaco Pastorius bis in die Gegenwart mit Walter Langs „Ocean 11“ und schloss A-cappella-Versionen des fünfköpfigen Vokalensembles des LJJB ein, das in seiner jetzigen Besetzung und mit Herz und Emphase der Big Band ein Alleinstellungsmerkmal unter den Jugendorchestern verschafft. Diese Eröffnung war zugleich eine gelungene Werbung für den Jazzfrühling und dieses Orchester. Für die nächsten 120 Minuten übernahm dann die Express Brass Band aus …

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Jazz in Deutschland, Jazz aus Deutschland: ein Fazit zur Messe jazzahead 2023

Unter jazzahead-Bedigungen geht Einiges: ein Bericht von der aktuellen Ausgabe der weltgrößten Branchenmesse für den Jazz Drei Tage trafen sich in Bremen Musikerinnen und Musiker, Kulturschaffende, Kulturverwaltende, Fördernde, Medienleute oder einfach nur Jazzfans. Das Kerngeschäft der jazzahead ist klar definiert: Es sind die persönlichen, oft spontanen Begegnungen „Face to face“ – und damit gibt es in Bremen ein verlässliches Gegengewicht zum sonstigen Berufsalltag in einer stark digital vernetzten Kulturwelt. Es gibt Jazz in Deutschland, aber auch Jazz aus Deutschland. Ersteres beschreibt vor allem eine hiesige Szene, die aus vielen lokalen und oft auch prekären Mikro-Biotopen besteht. Eine starke hiesige Szene ist ein wünschenswerter Zustand, für den sich die jazzahead seit ihrer Gründung tatkräftig engagiert. Umso mehr, als die weltgrößte Branchenmesse für Jazz diesmal das eigene Gastgeberland als Partner „einlud“. Der Messebetrieb, die offiziellen Veranstaltungen und Diskussionspanels plus ein riesiges, öffentliches Konzertmarathon – diese drei Paralleluniversen waren auch im zweiten Jahr nach der Pandemie wieder prall gefüllt. Erleichterung liegt in der Luft, dass die Pandemie den Jazz nicht zur Strecke gebracht hat. Nach der Euphorie im letzten Jahr überwog in diesem Jahr wieder eine entspanntere Routine …

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