„State of Jazz“ – ein Bericht von den Jazztagen Leipzig 2016

In keinem anderen Festival ist die jüngere deutsche Jazzgeschichte derart präsent wie bei den Leipziger Jazztagen. 1976 gegründet, waren die Jazztage Sammelbecken und Heimat für die DDR-Kreativen und gleichzeitig das Fenster in den Westen, sowohl was die amerikanischen Stars anging, als auch die westdeutschen Kollegen. Die 40. Ausgabe der Leipziger Jazztage stand bewusst in dieser historischen Tradition und präsentierte zum einem den internationalen „State of Jazz“, zum anderen spürte sie den Lebenslinien ostdeutscher Jazzmusiker nach und damit ihrer eigenen Vergangenheit. Ein geradezu historisches Konzert gab es in der neu renovierten Kongresshalle am Zoo, die bereits in den 70er-Jahren der Hauptspielort der Jazztage gewesen war. Dort wo erst wenige Tage zuvor  „der Löwe los war“ – im Zoo war tatsächlich ein Löwe seinem Käfig entkommen und musste erschossen werden – hatte der Tastenlöwe Joachim Kühn zusammen mit seinem 15 Jahre älteren Bruder und Klarinettisten Rolf Kühn zu einem beispiellosen, fast vier Stunden dauernden Konzert eingeladen. Mit ihrem Duo, ihren jeweiligen aktuellen Formationen – etwa einem Klaviertrio mit Eric Schaefer (dr) und Chris Jennings (b) oder einem Quartett mit Christian Lillinger (dr), Ronny Graupe (g), Johannes Fink …

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Geschichten zur Jazzgeschichte

Im Rahmen der Hürther Jazznacht führt Arne Reimer Schülerinnen und Schüler in den Jazz ein. Anlässlich der 23. Hürther Jazznacht, die am 1. Oktober 2016 Jazzfreunde von nah und fern ins Bürgerhaus locken wird, bietet der Hürther Jazzclub wieder ein breites Rahmenprogramm. Am 13. und 14. September lud der Jazzclub im Albert-Schweitzer-Gymnasium und im Ernst-Mach-Gymnasium interessierte Schüler zu Vorträgen mit Arne Reimer ein. Der Fotograf und Journalist ist der Autor zweier Bildbände, die unter dem Titel „American Jazz Heroes“ erschienen. Um amerikanische Jazzgrößen der Vergangenheit zu portraitieren, reiste Reimer in die USA. Reimer erzählte den Jugendlichen aufschlussreiche Details aus dem Entstehungsprozess der intimen Momentaufnahmen, die jeweils den Menschen hinter dem Star zeigen. Das gilt z. B. für das Portrait des Jazzpianisten Cecil Taylor, den Reimer nach zahllosen Versuchen nur vor die Kamera bekam, weil er ihn spontan in seiner Wohnung besuchte. Auf dem entstandenen Foto sitzt Taylor rauchend in einem heillosen Wohnungsdurcheinander – schmutzige gelbe Socken an den Füßen und ein Handtuch um die Hüften. Reimer verließ Taylors Zuhause nach einem achtstündigen Gespräch erst um 5 Uhr morgens. Solche Hintergrundinformationen aus den Biographien anerkannter Jazzlegenden …

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Carla Bleys musikalischer Zauber in der Unterfahrt

Letzten Donnerstag (14.7.2016) in der restlos ausverkauften Münchner Unterfahrt: 214 Jahre Jazzerfahrung auf der Bühne mit Carla Bley, Steve Swallow und Andy Sheppard, jenem Trio, das vor mittlerweile 22 Jahren(!) in dieser Besetzung ihr erstes, sensationelles Album „Songs with Legs“ einspielte. Vom ersten Ton an zogen die drei das Publikum in ihren Bann und verwandelten den Club in einen kammermusikalischen Raum. Carla Bley’s pointiert typische Harmonien am Piano, der singend swingende Bass von Steve Swallow dazu und das melodisch tönende Saxophon von Andy Sheppard sorgten für ungeteilte Aufmerksamkeit der Zuhörer, die nach 2 Sets mit dem wunderbaren Stück „Lawns“ als Zugabe belohnt wurden. Eine tiefe Verbeugung vor drei Meistern ihrer Zunft – das war eines DER musikalischen Highlights dieses Jahres in der Unterfahrt! Für alle Connoisseurs noch die Setlist des Abends. Set: Copycat / Up & down / Naked Bridges – Diving Brides / Healing Power Set: Saints alive / Tricycle / Andanto el Tiempo Encore: Lawns Text & Fotos: Thomas J. Krebs  

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Das Bayerische Jazzweekend – ein Spaziergang

Text und Foto: Michael Scheiner – Bei einem Streifzug durch das Bayerische Jazzweekend kann man einiges erleben. An einigen Stellen, meist Übergängen zwischen Plätzen und verschiedenen Spielorten hat man als Flaneur auf der einen Seite noch den launigen Dixieland der Berliner „Dizzy Birds“ im Ohr, während einem bereits die düster-schweren Klavierklänge des in New York lebenden Kubaners Aruán Ortiz in den Gehörgang des anderen Ohres kriechen. Dazwischen schnappt man noch einige Takte eines funky Acidjazz-Groove auf, der aus dem Zelt eines Kartenverkäufers quillt. Nur wenige Schritte weiter in einem Durchgang dann ein Saxofonsolist mit einem unsäglichen Poprührstück, der auch etwas vom großen Aufmerksamkeitskuchen abbekommen will. Neben der verbreiteten Kategorie der Jazzweekend-Flaneure, die sich drei oder vier Stücke einer Band anhören, während des Applaus aufstehen und weiterziehen, gibt es ortsfeste Zuhörer. Sie bleiben auf ihrem einmal ergatterten Platz sitzen und hören sich oft mehrere Bands hintereinander an. Im Hof des Thon-Dittmer-Palais eröffnete heuer die Schlagzeugerin Eva Klasse mit ihrem Trio „No Kissing“ den Abend. Zusammen mit Alma Neumann am Kontrabass und E-Gitarrist Werner Neumann entfaltete sie einen hybriden Kosmos aus heftig grollenden Klangbrechern, leisen Stimmungen und …

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„Der Flügel hält das aus“ – Gelungenes Auftaktkonzert im Foyer der Uni-Bibliothek Regensburg

Der Ort war so ungewöhnlich, wie Zeit und Anlass. Ein Jazzkonzert mitten am Nachmittag im Foyer der Universitätsbibliothek. Ein Novum und ein Versuchsballon, der – soviel schon vorweg – abgehoben hat. Chris Gall und Andreas Dombert spielen seit zwei Jahren zusammen und haben bisher ein gemeinsames Album veröffentlicht, schlicht „Duo“ betitelt. Die Besetzung mit zwei Akkordinstrumenten, Klavier und Gitarre, ist nicht gerade alltäglich, deshalb aber auch besonders reizvoll. Musikalisch liegt der besondere Akzent des perfekt aufeinander eingestimmten Gespanns in einer konsequenten Überschreitung herkömmlicher Stil- und Genregrenzen. Vor allem der Einfluss aus dem musikalischen Minimalismus, der Minimal Music, ist dabei unüberhörbar. Ein Flügel, verstärkt über ein Mikrofon, eine Jazzgitarre und ein kleiner Verstärker mit zwei Lautsprechern. Darum herum ein paar Stühle, die bei Konzertbeginn fast alle besetzt waren. Mehr war nicht nötig für ein spannendes Konzert. Zwischen einer impressionistischen, lyrisch-verhaltenen Stimmung und einem brausenden Orkan hereinbrechender Akkorde entfachten die beiden ein musikalisches Wetterleuchten, das es in sich hatte. Mit der Begrüßung durch Professor Dr. Katelijne Schiltz vom Institut für Musikwissenschaft wurde auch klar, wie es zu dem musikalischen Ereignis gekommen ist. Als Student bei Professor Dr. …

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Live im Bayerischen Hof: Der Jazz Sommer 2016 naht mit sonnigem Funk und stürmischen Soundgewittern

Wann wird es endlich wieder Sommer? Definitiv ab dem 18.07. im Münchner Hotel Bayerischer Hof! Dieses Jahr findet dort zum 25. (!) Mal der traditionelle „Jazz Sommer“ statt. Die Hintergrundgeschichte dazu ist schnell erzählt: Vor genau 25 Jahren stieg das Hotel Bayerischer Hof mit seiner Location in den 1981 von Friedrich Gulda begründeten „Münchner Klaviersommer“ als Mitveranstalter ein. Als das Festival dann 2001 kurz vor dem Aus stand, wurde der Bayerische Hof zweimal alleiniger Veranstalter und führte das Festival schließlich ab dem Jahr 2007 als „Jazz Sommer im Bayerischen Hof“ komplett in eigener Regie erfolgreich weiter. Damit ist der Stadt München ein wichtiges wie renommiertes Festival erhalten geblieben…Dank des Engagements des Bayerischen Hofes, der für Jazz-Impulse und Innovationen stets seine Pforten öffnet. Abgesehen vom silbernen Jubiläum des Jazz Sommers findet auch dieses Jahr wieder ein abwechslungsreiches, interessantes, hochkarätig besetztes Festival mit allem „Drum und Dran“ statt: Traditionell eingeläutet wird der „Jazz Sommer“ bereits am Vorabend, Sonntag den 17.07., mit der Band „Münchner Musik-Kritiker machen Musik“. Danach folgt am 18.07. der offizielle Eröffnungsabend im Festsaal mit keinem Geringeren als Marcus Miller, der gerade mit seiner aktuellen …

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Hochkarätig besetztes „Internationales Jazz Weekend“ in Unterföhring

So schnell ist doch ein Jahr vorbei. Vom 14.-17.Juli ist es endlich wieder soweit: Das „Internationale Jazz Weekend“ in Unterföhring bei München ist diesmal zum 14. Mal am Start! Am 14.07. beginnt die Konzertreihe um 15:00 Uhr mit einem Jazz Kinderkonzert zum Mitsingen und Mitswingen in der Schulaula (Bahnhofstrasse 3) unter dem Motto „Matze mit der blauen Tatze“. Den offiziellen Auftakt bestreitet im Rahmen „Jazz meets Brazil“ am 15.07. das Bossarenova Trio „Samba Prelúdio“ mit Paula Morelenbaum, Joo Kraus und Ralf Schmid in der Bibliothek des Bürgerhauses in Unterföhring. Zum Eröffungs- und Einführungsgespräch lädt Oliver Hochkeppel, Musikjournalist der SZ, um 19:30h ein, bevor um 20:00h schließlich das Konzert beginnt. Weiter geht es dann mit einem absoluten Highlight: Am Samstag, den 16.07., gastiert im Bürgerhaus um 20:00h die großartige und international renommierte Schlagzeugerin Terri Lyne Carrington mit ihrem „The Mosaic Project – Love and Soul“ … und sie wird mit hochkarätig besetzter Band zusätzlich prominent unterstützt von der Ausnahmesängerin China Moses – der Abend wird ein absoluter Knaller! Abschluss und Ausklang des diesjährigen „Internationalen Jazz Weekends“ findet dann am Sonntag, den 17.07., um 11:00h traditionell wieder …

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Classic-Jazz-Saisonhöhepunkt: das „International Hot Jazz Summit“ in Stuttgart

Seit 15 Jahren veranstaltet die Kulturgesellschaft Musik+Wort e.V. Jazz-Konzerte und Jazzreisen  zwischen Stuttgart, St. Gallen und New Orleans. Ihr Jubiläum begeht die Kulturgesellschaft Musik+Wort  beim Classic-JazzSaisonhöhepunkt des „International Hot Jazz Summit“  am Sonntag, 19. Juni 2016, in der  Stuttgarter Liederhalle Unter dem Motto „from Ragtime to Swing – from New Orleans to New York“ bringen 22 Ausnahmemusiker aus 7 Nationen und 3 Kontinenten eine einmalige Reise durch die Geschichte des Jazz auf die Bühne. Unter anderem zelebriert die Sängerin Monique Thomas aus Philadelphia (USA) gemeinsam mit den Trompetern Malo Mazurie und Colin Dawson mit „A Tribute to Ella & Louis“ eine Hommage an zwei der größten Stars der Jazzgeschichte. Der englische Sänger Denny Ilett jr. wird nach seinem großen Erfolg in Ascona 2015 mit Ausschnitten aus seinem Frank Sinatra-Programm an den großen Entertainer erinnern. Wechselnde musikalische Besetzungen vom Trio bis zur Bigband, eine Drum Battle mit 3 Schlagzeugern, 4-HandPiano-Duette und ein Guitar-Special sorgen für einen außergewöhnlich kurzweiligen Jazzabend mit vielen Höhepunkten und über 3 Stunden Jazzerlebnis der Superlative (Einlass 17.00 Uhr, Beginn 18.00 Uhr). Seit 15 Jahren widmet sich die Kulturgesellschaft Musik+Wort e.V. als Veranstalter …

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Zwei Festivals läuten den Juni ein: Events in Berlin und Salzburg

Den Anfang macht am 31. Mai Berlin mit dem Festival Jazzdor im Kesselhaus. Und es feiert Geburtstag: Zehn Jahre deutsch-französische Musikabenteuer! Auch die Jubiläums-Ausgabe bleibt dem Festival-Credo treu: Zu hören gibt es wieder einige Premieren deutsch-französischer Projekte und das Neueste aus der französischen Jazzszene. Ganz in der Tradition von Jazzdor steht die Premiere des Duos von Joachim Kühn und dem jungen Sopransaxofonisten Émile Parisien. Der Schlagzeuger Dejan Terzic  stellt sein neues, mit Bojan Z., Matt Penman und Chris Speed besetztes, internationales Quartett AXIOM vor. Die Vitalität des französischen Jazz zeigt sich unter anderem bei den Auftritten des neuen Quartetts des Geigers  Dominique Pifarély, Sylvain Rifflet, Naïssam Jalal & Rhythms of Resistence und der Band Electric Vocuhila. Am Anfang im Jahre 2007 stand die Idee, der vielfältigen Jazzszene Frankreichs eine Plattform in Deutschland zu geben. Mittlerweile hat sich das Festival zur wichtigsten Drehscheibe für Jazz aus Frankreich etabliert. Das Festival präsentiert alljährlich deutschfranzösische, teilweise vom Festival initiierte, Bandprojekte, wie z.B. das Duo von Nils Wogram und Bojan Z., die inzwischen ihr erstes gemeinsames Album aufgenommen haben. Seit zwei Jahren gibt es mit Jazzdor Series auch ein …

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Lebenswerk von Wolfgang Dauner wird mit dem Echo Jazz 2016 honoriert

Der Keyboarder, Jazzpianist und Filmkomponist Wolfgang Dauner wird in diesem Jahr mit dem ECHO JAZZ für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Der 1935 in Stuttgart geborene Künstler schrieb Musik für Film, Fernsehen, Theater und Musicalbühnen und hatte dabei stets den Anspruch, Genregrenzen zu transzendieren und neue gestalterische Möglichkeiten auszutesten. Im Laufe seiner Karriere erhielt Dauner die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg, das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, den Landesjazzpreis Baden-Württemberg sowie zahlreiche weitere Ehrungen. Als Komponist, Bandleader und Arrangeur arbeitet er bis heute mit den Größen der internationalen Jazzszene zusammen. Seine Trophäe nimmt Wolfgang Dauner beim gestrigen ECHO JAZZ auf Kampnagel persönlich entgegen. In der Begründung der 12-köpfigen Jury heißt es unter anderem: „Er ist einer der wichtigsten Stilsynoptiker der vergangenen Jahrzehnte, ein famoser Pianist, opulenter Komponist und hintersinniger Humorist, der dem Jazz in Deutschland auf eigensinnige und inspirierende Art neue Wege gewiesen hat. […] Jazz ist für Wolfgang Dauner Freiheit […] als Möglichkeit, einzutauchen […] und ein Maximum des empfundenen Ausdrucks zu ermöglichen.“ Die Deutsche Phono-Akademie, das Kulturinstitut des Bundesverbandes Musikindustrie, ehrt mit dem genommierten ECHO seit 1992 jährlich die erfolgreichsten und besten Leistungen nationaler und internationaler Künstler. Seit …

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