„Echte Lieder aus dem Leben“: Monika Roscher mit ihrer 17-köpfigen Band im Regensburger Jazzclub Leerer Beutel Das knapp zehnjährige Mädel in der ersten Reihe konnte kaum seinen Blick von der lebhaften Musikerin auf der dicht besetzten Bühne im Leeren Beutel wenden. Weit vorn auf dem Stuhl sitzend, schlenkerte sie mit den Beinen im Takt des mächtigen Bigband-Sounds, ihre Finger gingen mit, wenn Monika Roscher mit entschiedenen Armbewegungen den Einsatz der verschiedenen Bläsersections dirigierte. Oft hatte die Bandleaderin dabei noch ihre E-Gitarre, eine Fender Stratocaster, um den Hals hängen, weil zwischen ihren verschiedenen Aufgaben – sie singt auch noch – zu wenig Zeit gewesen ist, das Instrument in den Ständer zu stellen. Auch in diesem Jahr gastierte Roscher mit ihrem „Artrockpopelektrokollektiv in Big-Band-Gestalt“ – so die Selbstbezeichnung – im Leeren Beutel. Traditionell spielt am zweiten Weihnachtsfeiertag eine Großformation beim Jazzclub und bringt die trägen Jazz- und sonstigen Fans wieder richtig in Schwung. Das gelang der in München lebenden Mittelfränkin so gut, dass das hellauf begeistert Publikum im voll besetzten Saal sprichwörtlich Kopf stand. Mehr als eine Zugabe, die auch noch ganz pragmatisch „The End“ hieß, war …
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Minimal Jazz: Andreas Dombert im Regensburger Kulturhaus Leerer Beutel
Minimal Schritte in eine neue Richtung Der Regensburger Gitarrist Andreas Dombert stellte im Kulturhaus Leerer Beutel sein neues Programm mit Minimal-Kompositionen vor Er sei, schildert Gitarrist Andreas Dombert auf der schmalen Bühne im dritten Stock des Leeren Beutels in Regensburg, „in ein richtiges Loch gefallen“. Nach der Produktion des Album „35“ vor zwei Jahren, das für einen Jazz Echo vorgeschlagen worden sei und prima Kritiken erhalten habe, „wusste ich nicht, wie es weitergehen soll“. In einem Hauptseminar habe er wenig später an der Uni die Minimal Music kennengelernt und darin einen Weg für sich gesehen. „Wenn sie hier im Raum vor den blauen Bildern stehen bleiben“, sprach er die Zuhörer unmittelbar an und setzte einen Vergleich zur eigenen Faszination für diese Form von Neuer Musik, „und lassen sie auf sich wirken, passiert irgendwann etwas mit ihnen“. Mit geübtem Griff hob Dombert schließlich seine Gitarre aus dem Ständer, stöpselte an und begann das langsam sich entwickelte „Like the Birds Sing“ zu spielen. Es ist seine erste minimalistische Komposition. Dreimal trug er sie hintereinander in unterschiedlichen Tempi und mit verschieden harten Plektren konzentriert und klar konturiert vor. …
WeiterlesenVolles Risiko für „im Moment sein“
Beim Jubiläumskonzert des Jazzclub im Leeren Beutel begeisterte das Trio des 30-jährigen Pianisten Pablo Held das Publikum bis zum letzten Platz. „Was ihr da habt, ist ein Geschenk“, begeisterte sich die Sitznachbarin im Leeren Beutel, nachdem der lang anhaltende Beifall für das Pablo Held Trio abgeflaut war. Damit meinte sie sowohl das Konzert, wie auch das Programm des Jazzclubs als solches. In Traunstein, wo sie lebe, müsse man Wege bis München oder Salzburg in Kauf nehmen, um vergleichbare Konzerte zu hören. Nach einer Fortbildung war die Physiotherapeutin über ein Plakat auf das Jubiläumskonzert zum 30-jährigen des Clubs aufmerksam geworden und hatte spontan beschlossen es sich noch anzuhören. Ruhig, suchend, ein paar wenig Töne vom Flügel markieren den tastenden Einstieg. Getupfte Beckenklänge, vom Bass breitet sich ein Ton in bedächtigen Wellen durch den ganzen Saal aus. Langsam entwickelt sich aus den vereinzelten Klangbewegungen ein fragiles Motiv, gewinnt an Fahrt und Dynamik, verdichtet sich, kumuliert in einem ersten Höhepunkt, bricht fast schlagartig wieder ab. „Wir spielen seit zwölf Jahren zusammen“, hatte Pianist Pablo Held zur Begrüßung das Trio vorgestellt, „und beschlossen etwas zu ändern“. Sie würden nun …
WeiterlesenDave Douglas & Chet Doxas: „Riverside“ mit Carla Bley im Jazzclub Unterfahrt
Nach einem Tribute für Jimmy Giuffre überlegten sich Dave Douglas und Chet Doxas für ihr Bandprojekt „Riverside“ einem weiteren musikalischen Vorbild zu huldigen: Carla Bley! Als Carla Bley über ihren Partner Steve Swallow, gleichzeitig der Bassist des Riverside-Quartetts, davon erfuhr, beteiligte sie sich spontan mit ein paar Eigenkompositionen für die Band. Zu guter Letzt ließ sich Carla Bley dann auch noch überreden, gemeinsam mit der Band zusammen zu touren – ein wahrer Glücksfall! Letzte Woche war es dann endlich soweit und das Riverside-Quartett mit Carla Bley gab ein spannendes, abwechslungsreiches und umjubeltes Konzert in der Münchner Unterfahrt. Höhepunkt war eine von Carla Bley komponierte musikalische Suite zur aktuellen politischen Lage den USA. Eindrucksvoll und mit Spielwitz stellte sie an diesem Abnd gemeinsam mit der Band erneut ihre unangefochtene kompositorische Kompetenz unter Beweis, die harmonisch wie melodisch über all die Jahre so originell und frisch geblieben ist als gäbe es kein Morgen! „Two in one“ – anbei ein paar fotografische Impressionen vom Soundcheck und dem Konzert.
WeiterlesenVirtuos, jung und erfolgreich – Kinga Glyk
Täglich bringt das Internet über Plattformen wie youtube.com neue Stars hervor. Häufig sind solche Hypes sehr kurzlebig und die Musiker schnell vergessen. Auch die polnische Bassistin Kinga Glyk verdankt ihre schnell gewachsene Bekanntheit auch einem YouTube-Video. Darin spielt sie Eric Claptons Hymne an seinen verstorbenen Sohn, „Tears in Heaven“, in einer Dachkammer auf dem Boden sitzend solo auf einem mächtigen Fender-Electrobass. Das Video mit der innigen Version wurde mehrere Millionen mal angeklickt. Heute gehört der virtuos interpretierte Song fest zum Programm von Glyks Liveauftritten. Beim Jazzclub im Leeren Beutel spielte sie es nach einem bejubelten Konzert als Zugabe – im Schneidersitz auf der Bühne sitzend und den obligatorischen Hut in die Stirn gedrückt. An den Auftritt der 20-jährigen Musikerin mit ihrem Trio waren hohe Erwartungen geknüpft. Beiträge im „Heute Journal“, Deutschlandfunk und im „Spiegel“, ein Auftritt beim Festival „Jazz Open“ in Stuttgart und ein Plattenvertrag bei einem Major-Label, bei dem eben das neue, dritte Album „Dream“ erschienen ist, haben auch in Regensburg Scharen Neugieriger angelockt. Wo sonst bei neuen Bands, die erstmals beim Club auftreten, eher ein überschaubarer Eindruck herrscht, war diesmal der Saal voll. …
WeiterlesenLorenz Kellhuber solo im Berliner Zig Zag Jazz Club
In Berliner Bezirk Friedenau steht ein kleiner Jazzclub. Man kann durch die großen Fenster zur Straßenseite hinein- und hinausschauen. Er gilt als „angesagt“ – er ist gleichwohl klein und bietet geschätzt vielleicht maximal 100 Personen Platz. Demnächst tauchen im Zig Zag Jazz Club auch „The Bad Plus“ (2.12.) hier auf oder Carla Bley (22.11.). Das alles in einer Gegend, die nicht bekannt ist für ihre Hipsterstyler und man dafür sonst wie in Charlottenburg beispielsweise den Begriff des gutbürgerlichen Bezirks findet. So wie das Schnitzel mit Kartoffelsalat mit einem Bierchen abgelöscht wird – auch wenn natürlich nördlich des Steglitzer Bierpinsels längst und sowieso Lokale aus aller Welt ihren Platz gefunden haben. Aber es riecht hier weder nach New York noch nach einem eigenartig nicht nur vegan umwolkten Prenzlauer-Berg-Kinderwagen. Die Bürgersteige wirken abends eher hochgeklappt. Darin also der Jazzclub. Der sich da ganz gut einfügt, aber nicht verschmilzt mit der Gegend. Friedenau eben. Hier am Donnerstag war der Ort eines Release-Konzerts des Pianisten Lorenz Kellhuber, 2014 Preisträger der Parmigiani Montreux Jazz Piano Solo Competition. Im Jahr darauf spielte er ein Solokonzert im Jazzclub von Montreux ein. Zwei …
WeiterlesenElflands ewige Gärten: „Metropolis“ mit Live-Musik von Trio Elf beim Heimspiel-Filmfest in Regensburg
Auf ihrer CD „746“ von 2008 spielen Trio Elf eine ziemlich starke Coverversion des Kraftwerk-Songs „Mensch-Maschine“. Dass Gerwin Eisenhauer, Walter Lang und Peter Cudek nun beim Regensburger Heimspiel-Festival die Live-Musik zu Fritz Langs Epoche machendem Film „Metropolis“ übernahmen, auf den Kraftwerk sich 30 Jahre vorher mit ihrem Album bezogen hatten, ergab also irgendwie Sinn. Auch andere Trio-Elf-Nummern hätten wie die Faust aufs Auge gepasst – „Hammer Baby Hammer“ zum Beispiel – doch dem Film einfach ein Best-Of-Programm zu unterlegen, so einfach machten es sich Trio Elf natürlich nicht. Das Augenzwinkern, den ersten Auftritt marschierender Arbeiter mit einer leicht hinkenden Version des „Man-Machine“-Grooves zu untermalen, ließ Eisenhauer sich dann aber doch nicht nehmen. Ansonsten blieb es, von kurzen Andeutungen abgesehen, bei lediglich einem Song aus dem eigenen Repertoire, der ausführlicher zum Einsatz kam: Das herrlich melodiöse „Elfland“ vom gleichnamigen Album umriss die Atmosphäre der „ewigen Gärten“ sehr treffend und wurde später an geeigneten Stellen hintersinnig anzitiert. Dass das eingängige Thema dann ausgerechnet zum Sturm der Arbeiterschaft auf die Herz-Maschine zu hymnischer Entfaltung gebracht wurde, war dramaturgisch allerdings wenig überzeugend. Über weite Strecken war es ein abstrakter …
WeiterlesenDer Hersch-Kosmos
Schlamperei kann überraschende Folgen haben. Eric McPherson konnte seinen Pass nicht finden. Die amerikanischen Behörden kennen kein Pardon, und so musste er in USA bleiben. Fred Hersch und John Herbert allerdings waren schon auf dem Weg nach Deutschland zu einem der raren Europa-Konzerte in der Münchner Unterfahrt. Ein Ersatz für McPherson musste her, Jeff Ballard hatte Zeit, konnte allerdings erst mit dem Abendflieger aus Paris kommen. Und so hatte das Publikum die seltene Gelegenheit, an einem Abend eigentlich zwei Konzerte zu hören. Denn die erste gute Stunde bestritt Fred Hersch allein am Flügel, erst zur zweiten Hälfte konnte Ballard dann direkt vom Taxi auf die Bühne springen, um vollkommen das Trio zu vervollständigen. Für die Zuhörer jedenfalls war es ein Fest, denn sie konnten den Hersch-Kosmos in seinen verschiedenen Farbigkeiten erleben. Solistisch spielte er eigene Songs wie „Sarabande“, vor allem aber ein Bouquet seiner Lieblings-Standards von Jobim bis Monk und Jimmy Rowles bis Benny Golson. Er ließ Stücke zerfallen, fing die Einzelteile auf, kombinierte sie neu. Er ließ Rhythmen bröckeln, nur um sie dann in Gegenbewegungen vor allem der linken Hand in sich zu verschränken. …
WeiterlesenLyambiko im Jazzclub Regensburg: Relaxte Swingsongs über die Liebe
An den Flügel gelehnt, sang sie als Zugabe „Mütterlein“. Ohne Mikro, nur mit der Kraft ihrer wandlungsfähigen Stimme. Freilich nicht in der deutschen Originalversion von Fred Rauch und Gerhard Winkler, sondern in der englischen Interpretation „Answer Me (My Love)“ von Carl Sigman. Damit landete der große Nat King Cole 1954 einen veritablen Hit. Für Lyambiko wurde der alte Popsong zum stärksten Moment des Abends. Bei ihrem umjubelten Auftritt beim Jazzclub im Leeren Beutel brachte die schmale Sängerin mit dieser unverstärkt, aber hingebungsvoll gesungenen Schnulze noch einmal alles an Ausdruckskraft und emotionalen Nuancen zum Vorschein, was in ihr steckt. Großartig auch, wie die vierköpfige Band sich bei dem swingenden Evergreen zurücknahm und dem ihrer Frontfrau Raum zur Entfaltung ließ. Es war ein entspanntes und unterhaltsames Konzert mit einer spürbar motivierten Band, die Lust hatte zu spielen. Und mit einer gut gelaunten Sängerin, die sich auch mal zu vergnüglichen Schäkereien mit ihren Kollegen hinreißen ließ. Gemeinsam stellten sie das neue Album „Love Letters“ vor, das im September bei „OKeh“ erschienen ist. Zu den Texten einiger Songs hat sich die aus Thüringen stammende Sängerin von Liebesbriefen anregen lassen, …
WeiterlesenCraig Taborn Quartett: „Daylight Ghosts“ live in der Unterfahrt
Ein ganz besonderes Konzert, mit einer diesmal speziellen, sehr persönlichen Fotostrecke, die ausschließlich Aufnahmen vom Soundcheck umfasst. Das Quartett um den Pianisten Craig Taborn, mit Chris Lightcap am Bass, dem Drummer David King und Chris Speed an Saxophon & Klarinette spielten in der Münchner Unterfahrt mit inspiriertem Drive und boten eine hochkomplexe Mischung aus abstrakten, unterschwelligen Sounds, die sich letztlich dann harmonisch, mit feinfühligem, intelligenten Rhythmusspiel auflösten. Sagenhafte Kompositionen, die da aufgefahren wurden, unkonventionell und frisch: „Daylight Ghosts“ – Nomen est Omen. Schnörkellos und unprätentiös offenbarte sich die Band dem Publikum, und führte mit ihrem Spiel den Jazz in neue Sphären. Glücklich, wer mit dabei sein konnte! Die gleichnamige CD ist bei ECM Records erschienen. Text & Fotos: Thomas J. Krebs
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