Neuauflage des Saalfelder Jazzfestivals setzt auf Kommunikationsfähigkeit und wechselnde Formationen In der Kunst geht es auch darum, was sein kann, nicht zwangsläufig, was sein darf. „Ich halte mich da an Roscoe Mitchell“, meint Craig Taborn im Gespräch. „Seine Frage lautet: ‚Worin besteht dein Beitrag?‘“ Um das zu erkunden, wagt er Experimente, stellte sich mit Fender Rhodes in den Wald, begab sich mit Christian Lillinger und Elias Stemeseder auf die Nexus-Bühne oder spielte im Trio mit Tomeka Reid und Ches Smith auf der Main Stage des Kongresszentrums von Saalfelden mit der Dramaturgie der improvisierenden Gruppenenergie. Das passte gut zum Gesamtbild, denn die Neuauflage des international renommierten Jazzfestivals (16. bis 22. August) nach der pandemiebedingten Weekender-Kleinform im vergangenen Jahr setzte unter anderem auf die Kommunikationsfähigkeit einiger zentraler Musiker:innen, die in wechselnden Formationen mit den Rändern der Genres experimentierten. Modulierende Besetzungen Der Vokalist, Schauspieler und Dadaist Christian Reiner zum Beispiel war als Artist in Residence an fünf verschiedenen Projekten beteiligt, von einer mehr textorientierten Waldrezitation über ein wild expressives frei agierendes Quintett mit dem Namen „Fünf“ und semantisch helikopternden Wortfragmenten bis hin zur Spontan-Vertonung eines 16 Meter langen …
WeiterlesenKategorie: Bericht
Entspannte Stimmung trotz Regen beim 29. Ausburger Jazzsommer
Der Augsburger Jazzsommer ging dieses Jahr in die 29. Runde. Nachdem letztes Jahr Corona bedingt nur ein schmales Programm stattfinden konnte, ging es dieses Jahr endlich wieder in die Vollen! Als Kurator des Augsburger Jazzsommers ist Tilman Herpichböhm nun seit zwei Jahren in der Verantwortung. Was nach 2019 mit Elan und Engagement begann, wurde letztes Jahr pandemiebedingt fast komplett ausgebremst. Allerdings hat sich das seinerzeit aufgestellte Hygienekonzept bewährt. So konnte man dieses Jahr endlich wieder ein komplettes, internationales Programm auf die Beine stellen das sich sehen lassen und, dank der aktuellen Situation, vor bis zu 500 Personen im Botanischen Garten, stattfinden konnte. Fünf Sommernachtskonzerte fanden dieses Jahr im Botanischen Garten statt. Angefangen vom Billy Hart Quartett, über das Julian Lage Trio, dem Ramón Valle Trio, der Formation Humair-Blaser-Känzig und als krönenden Abschluss Nik Bärtschs Ronin. Das Publikum hat die Veranstaltungen sehr gut angenommen und so spielten die Bands vor ausverkauftem Pavillon. Einzig das Wetter ließ dieses Jahr ein wenig zu wünschen übrig. Während es bei Billy Hart zu regnen begann, konnten Lage und Valle an lauen, trockenen allerdings kühlen Abenden auftreten und Schlagzeuglegende Humair begeisterte …
WeiterlesenDas Musik- und Literaturfestival „Wege durch das Land“
Unter weitem Himmel: Das Duo Aliada bei einer Publikumswanderung im Rahmen des Musik- und Literaturfestivals Wege durch das Land (Bielefeld) „Ein technisches Level, das alles musikalisch möglich macht“ und eine „einzigartige Krativität, welche die Zuschauer in ihren Bann zieht“ wurde dem Saxofonisten Michael Knot und dem Akkordeonspieler Bogdan Laketic attestiert, als sie den International Classic Music Award in Empfang nahmen. So etwas war auch gefragt, als das Duo Aliada beim Musik- und Literaturfestival „Wege durch das Land“ mit seinem Publikum auf Wanderschaft ging. „Der Wald ist die erste Zeile, der Himmel seine Überschrift“ – unter diesem Motto vereinten sich Lesungen von Gerhard Falkner und Lisa-Katrina Mayer, die sich der Prosa und den Gedichten von Sarah Kirsch angenommen hat. Aber dies wäre ohne die improvisierten und komponierten Stücke des Duo Aliada nichts gewesen… Gerhard Falkners Gedichtband „Schorfheide“ wurde in der Literaturszene als Ereignis gewertet. Sein Vortrag auf der kleinen Bühne des uralten Hofes Meyer zur Müdehorst, dem Ausgangspunkt für die Wanderung, betreibt eine „literarische Vermessung von Landschaft“ und beinhaltet einen Appell: Wenn Menschen sich nicht wieder für die Natur öffnen, bleiben schließlich nur Digitalnerds und Stadtneurotiker …
WeiterlesenWas bleiben wird: „Inntöne“ und „Outreach“ – zwei österreichische Jazzfestivals demonstrieren, dass in der Corona-Krise auch Chancen liegen
„3000 Besucher feiern das Leben“ überschrieb die Passauer Neue Presse ihren Bericht von den diesjährigen „Inntönen“. In der Tat war der „Jazz auf dem Bauernhof“, wie Paul Zauner sein Festival auf dem elterlichen Hof in Diersbach nahe Schärding seit jeher treffend untertitelt, eine beglückende Erfahrung. Was im vergangenen Jahr aus der Corona-Not geboren wurde, hat Zauner heuer konsequent optimiert und weiterentwickelt: Statt an Pfingsten laufen die Inntöne am letzten Juli-Wochenende, statt im Stadel – wo nun der ganz junge Musikernachwuchs in den Umbaupausen seinen Auftritt bekommt – wird open air auf der großen Wiese davor musiziert, jetzt mit einer richtig großen Bühne. Selbst der Zeitplan ist entzerrt und wurde heuer vielleicht das erste Mal überhaupt präzise eingehalten. All dies will Zauner beibehalten, kommt es doch der Zuschauerzahl wie der Stimmung zugute. Und das wiederum kann dem Programm weiterhelfen, selbst wenn es schon heuer zum besten der busher stattfindenden Festivals gehörte. Große Namen waren wieder da, schon zum heiteren, „imaginär weltmusikalisch“ unterlegten Einstieg mit Michel Portal und Lionel Louke und beim allerdings von einem Gewitter unterbrochenen Tagesfinale mit dem Bill Frisell Trio. Mit Yamandu Costa wartete …
WeiterlesenSchweißdampfende Musik auf frei jazzender Basis − Live-Impressionen von Bezau Beatz
Bezau Beatz geht in die 14. Runde − eine Special-Edition Geregnet hat es, immer mal wieder. Ein Musiker hat sich im Vorfeld des Festivals den Arm gebrochen, aber es konnte eine famose Alternative gefunden werden. Das ist normal, Alltag eines Veranstalters. Noch immer anders aber sind die organisatorischen Herausforderungen, die sich durch die Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge stellen. Alfred Vogel und das Team der Bezau Beatz haben sich auf die drei „G’s“ verlassen, getestet, geimpft, genesen. Wer seinen Grünen Pass hatte, durfte passieren und konnte sich die Maske sparen. Die Räume des Festivals Bregenzerwalds gaben es auch her. Die Remise mit der Hauptbühne ist als Werkstatt des Wälderbähnles ein großer, gut durchlüfteter Raum. Peter Figers Kunstschmiede am Ort hat ebenfalls nicht nur Ambiente, sondern die nötige Abstandshöhe, dass die Bergluft zirkulieren kann. Und was draußen passierte, war eh frischluftumweht. Der andere Risikofaktor waren die Reisekonditionen für die Musiker. Vogel lud Künstler aus Österreich und umliegenden Ländern ein, Frankreich, Deutschland oder Belgien. Und bis auf den verletzten Gitarristen Guillaume Aknine konnten tatsächlich alle kommen, die auf dem Programm standen. So wurden die 14. Bezau Beatz ein Festival …
WeiterlesenNicht nur für Bauch, Beine, Po – Münchner Band Jazzrausch während Deutschlandtour zu Gast in Regensburg
Es gibt Musik im 4/4-Takt, im 3/4-Takt und im Jazz auch gerne balkanesk-angehauchte 5/4- oder 7/8-Takte. Die Jazzrausch Bigband lässt alle diese Möglichkeiten links liegen und hat sich von Beginn an spezialisiert auf den 1/1-Takt, sprich auf Techno-Grooves. Auf stupide Beats per minutes lässt sich diese Formation aber nicht herunterrechnen. Das war am gestrigen Donnerstagabend auch im Jazzrausch-Konzert vor imposanter Glas- und Stahlkulisse der Piazza des Gewerbeparks Regensburg zu hören. Nach einjähriger erzwungener Corona-Pause ging die 2016 im Münchner Club „Töchter & Rausch“ geborene Band auf der Piazza ihrem Gewerbe nach und stellte die ihre neue CD „téchne“ vor. Ein erstes Resümee: Bandleader Roman Sladek, Komponist Leonhard Kuhn und die knapp 20-köpfige Formation sind sich treu geblieben: auf dem 1/1-Klangteppich aus dem Computer entfaltet die Band mit Schlagzeug, Posaunen, Trompeten, Tuba, Saxophonen und Bassklarinette, Gitarre und Bass ein Feuerwerk an Bigband-Sounds. Entfesselte Improvisationen, etwa von Moritz Stahl, Daniel Klingel und Florian Leuschner, geben dem Wörtchen „Jazz“ im Bandnamen neuen Sinn. Was den Ursprung des Namens „Jazzrausch“ betrifft: Jazz wird hier nicht mit den im Techno-Wesen gebräuchlichen bunten Pillen in Verbindung gebracht. Allein die Musik erzeugt …
WeiterlesenSpätes Finale: Das Peter Gall Quintet gewinnt den BMW Welt Jazz Award 2020
München. Beim Finale des BMW Welt Jazz Award 2020 konnte das Peter Gall Quintet die Jury von sich überzeugen. Zusammen mit Wanja Slavin am Saxophon, Reinier Baas an der Gitarre, Rainer Böhm am Piano sowie dem Bassisten Felix Henkelhausen setzte sich der Schlagzeuger Peter Gall gegen das Adam Baldych Quartet durch. Den Hauptpreis überreichte Ilka Horstmeier, Mitglied des Vorstands der BMW AG, zusammen mit dem Kulturreferenten der Landeshauptstadt München, Anton Biebl. Der internationale Wettbewerb stand unter dem Motto „The Melody at Night“. Erstmals fanden die Konzerte im Doppelkegel der BMW Welt an Dienstagabenden statt. Aufgrund der pandemischen Lage musste das Finale um ein Jahr verschoben werden und konnte nun, dank der Landeshauptstadt München, in der Philharmonie im Gasteig nachgeholt werden. Die Fachjury unter dem Vorsitz des Jazzpublizisten Oliver Hochkeppel (Süddeutsche Zeitung u.a.) begründete ihre Entscheidung wie folgt: „Beide Finalisten haben das Motto ‚The Melody at Night‘ dieser BMW Welt Jazz Award Ausgabe überzeugend mit ihrem ganz persönlichen Ausdruck zum Leben erweckt. So hat sich Adam Baldych wieder einmal als technisch wie stilistisch einzigartiger Geiger erwiesen. Und der schon bei so vielen Projekten von anderen …
WeiterlesenDas 40. Bayerische Jazzweekend 2021 Teil1 – die Bilder
Kostenlose Live-Konzerte unter Corona-Bedingungen – der erste Teil vom „Jazzfest 40“ des Bayerischen Jazzweekends fand vom 16. bis 18. Juli 2021 im Regensburger Thon-Dittmer-Palais statt. Aufgezeichnet vom Bayerischen Rundfunk stellten musikalische Gäste aus dem In- und Ausland ihre Kunstfertigkeit im Rahmen von zehn Konzerten unter Beweis. Juan Martin Koch war mit seiner Kamera bei einigen Konzerten vor Ort. Sein Fazit: „Fabian Rucker [unser Beitragsbild] war eine Urgewalt.“ Vom 23. bis 25. Juli 2021 werden weitere zehn Konzerte im Thon-Dittmer-Hof stattfinden (Tickets über Ok-Ticket. Den Abschluss der sommerlichen Open-Air-Konzerte bilden zehn Veranstaltungen im Gewerbepark Regensburg vom 30. Juli bis 1. August 2021. „Große Bühnen, Abstände und Freiluftbedingungen ermöglichen allerdings keine intimen Momente mit berührenden zarten Tönen,“ so die Veranstalter. Deshalb werden diese im Winter unter dem Motto „Jazzfest 40 – intim“ einen geschützten Rahmen bekommen. Begleitet werden die insgesamt 40 Livekonzerte zum 40. Jubiläum von On- und Offline-Aktionen, die von Spotify-Playlists bis hin zu Fotoausstellungen im öffentlichen Raum reichen. Weitere Infos immer unter www.bayernjazz.de
WeiterlesenDigitalisierung im Jazz / Fördermöglichkeiten Jazz
Spätestens mit Einführung der CD traf eine Digitalisierungswelle mit eklatanten Folgen auch die Jazzszene. Aufnahmetechniken, Distribution/Vermarktung und Präsentation wurden auf den Kopf gestellt. Die Digitalisierung bedeutet Fluch und Segen, wobei der Fluch derzeit zu überwiegen scheint. Aber das muss nicht so sein … Schöne weite Hörwelt Musik wird überwiegend zuhause und zunehmend per Streaming gehört. Durch die Pandemie gewann das audio-visuelle Streaming noch an Bedeutung, ohnehin populär durch youtube. Beim Audio-Streamen (insbesondere durch Spotify) hat der Konsument durch die anfallende – geringe – Gebühr das trügerische Gefühl, für die Musik zu zahlen. Viele, vor allem junge Menschen haben noch nie bzw. marginales Geld für Konzerte, Tonträger oder die Nutzung der Urheberechte ausgegeben. Heute sind Millionen von Titeln quasi kostenfrei verfügbar und das – je nach Anbieter – in bester CD – Qualität. Downloads dagegen haben an Bedeutung verloren. Fluch der Digitalisierung Die durchgängige Erfahrung der JazzmusikerInnen ist, dass die kommerziellen Streaming – Dienste wie Spotiy & Co so gut wie nichts zahlen. Eine Spotify – Ausschüttung beträgt im Schnitt pro Stream ca 0,004 € (Apple music: 1 Cent), den sich das Label und MusikerIn …
WeiterlesenEtwas neues finden, sich lebendig fühlen: Das Südtirol Jazzfestival feierte die Wiedergeburt der Livekultur
“Ich bin immer auf Abenteuer aus. Es gefällt mir, meinen Weg zu suchen und zu riskieren und einen Weg zu finden zwischen zu viel und zu wenig Risiko. Das ist eine Sache, die mich lebendig fühlen lässt” sagt Klaus Widmann, der künstlerische Leiter des „Südtirol Alto Adige“-Jazzfestivals über seinen Antrieb, einmal im Jahr die internationale Jazzkultur mit dem Erlebnis einer attraktiven Region zu vereinen. Diese Mischung übt jenseits des etablierten Festival-Zirkus seit Jahren eine internationale Anziehungskraft. Das zurückliegende Pandemie-Jahr hat die Macher des Festivals hart getroffen. Hinter den Kulissen wurde nicht locker gelassen, damit die Flamme weiter brennt. Mit gerade mal zweimonatiger Vorlaufzeit konnte in den zurückliegenden zehn Tagen zwischen Bozen, Bruneck und Meran, mitten in der Stadt, in Museen und Hotels, aber auch hoch zu Berge die Wiedergeburt der Livekultur begangen werden… Gut gefüllt ist der Kinosaal in der Bozener Altstadt zur Premiere eines Dokumentarfilms über die Situation in den zurückliegenden Monaten. Der Film „Spin off“, der von Matthias Keitsch und Sebastian Longarive realisiert wurde, ist hautnah dabei, wie das Südtiroler Musiker-Kollektiv „Euregio Improvisors“ wie zahllose andere für das Überleben der Kultur gekämpft hat. …
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