Masako Ohta & Matthias Lindermayr mit neuen Duo-Album: Nozomi

(Von Thomas J. Krebs) Am Abend des 13. Februar fand im Münchner Theater Schwere Reiter das Release Konzert des neuen Albums der Pianistin Masako Ohta und dem Trompeter Matthias Lindermayr statt. Ein ganz normaler Tag bis 10.30 Uhr, als sich in München, in mittelbarer Nähe des Theaters, der Anschlag am Stiglmaierplatz ereignete. Alle stehen noch sichtlich unter Schock. Betroffenheit Christiane Böhnke-Geisse, künstlerische Leiterin der Sparte Musik, trat an dem Abend sichtlich betroffen vor das Publikum und bat um eine Schweigeminute für die Opfer des Anschlags, bevor die Musiker die Bühne betreten. Ein versöhnlicher Trost, das Konzert konnte trotz der tragischen Umstände stattfinden. Nach dem 2022 erschienen Debutalbum MMMMH und unzähligen erfolgreichen Konzerten sind Masako Ohta und Matthias Lindermayr wieder ins Studio gegangen, um beim Münchner Label Squama das Nachfolgealbum Nozomi aufzunehmen. Der Abend begann mit den ersten drei Titeln der neuen Aufnahme „Hatsuhinode“, „Agora“, „Ostinato“, gefolgt von „Shizuku“, „Maya“ und als Abschluss des ersten Sets „Hibari“, einer einfühlsam melancholischen Komposition von Ryūichi Sakamoto. Vertrautes Im zweiten Set hörte das Publikum vertraute Kompositionen wie „Sora“, zwei weitere neue Stücke „Niwa“ und „Tio“, sowie das Bonusstück der …

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Am schönen Strand des Prinzregentheaters: Richard Galliano, Paolo Fresu und Jan Lundgren feiern 20 Jahre „Mare Nostrum“

„Dann verwandle ich mich in einen Klarinettisten“, hat Richard Galliano vor Jahren einmal in einem NMZ-Interview („Dann verwandle ich mich in einen Klarinettisten“: Richard Galliano im Interview | nmz – neue musikzeitung) gesagt, als er die Vielseitigkeit und Wandlungsfähigkeit seines Instruments – des Akkordeons – analysierte. Auch beim Jubiläumskonzert im ausverkauften Münchner Prinzregententheater, bei dem der französische Akkordeonist zusammen mit Paolo Fresu aus Sardinien (Flügelhorn/Trompete) und dem schwedischen Pianisten Jan Lundgren 20 Jahre „Mare Nostrum“ – ihr gemeinsames, höchst erfolgreiches und sehr beliebtes Trioprojekt – feiern, geht es immer wieder um Verwandlung. Und um Musik als dem vielleicht flüssigsten, stärksten, unmittelbarsten Medium der Verwandlung und des Erzeugens von Stimmungen und Gefühlen. Für „Belle-Île-en-Mer“ zaubert Richard Galliano, dieser Magier des Akkordeons, aus langen und leisen Tönen  eine zwischen Impressionismus und Lautmalerei wechselnde Stimmung am Meer herbei:  Er lässt sein Instrument im Rhythmus eines freundlichen Meeres atmen, plätschern und schnaufen, gerade so als ob sanfte Wellen an den Bühnenstrand des Prinzregententheaters schlagen würden.  Schließt man die Augen, wähnt man sich auf Gallianos „Belle-Île-en-Mer“. Man imaginiert, man hört eine kleine Insel, wahrscheinlich in Gallianos südfranzösischer Heimat – so …

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Wurzers funkiger Fusion-Pop-Jazz

Der Regensburger Saxofonist Sebastian Wurzer stellt bei Release-Party sein Debütalbum „One Shot“ im Rosenpalais vor. Wüsste man es nicht besser, bei geschlossenen Augen hätte man glauben können den großen Klaus Doldinger vor sich haben. Groß ist Sebastian Wurzer tatsächlich – in seinem vollen, satten Ton auf dem Tenorsaxofon, als auch von Statur. Wenn der gebürtige Weidener ein wenig breitbeinig vor seiner eigenen Silhouette im Rosenpalais steht und sein Horn zum Jubeln bringt, geht einem das Herz auf. Der voluminöse Fusionsound seines Quintetts katapultiert manche Zuhörenden des exklusiven Release-Konzertes zurück in die 80er und 90er Jahre des letzten Jahrhunderts. Tanzbarer Jazzrock gehörte damals ebenso zum Standard von Diskotheken und Clubs, wie sanfter Smooth Jazz a la Sade. Während heute eigens retrogewandte Swingvereine  gegründet werden, um mit Petticoat und Vintagestyle längst vergangenen Ideen nachzuhängen, knüpft Wurzer an Entwicklungen an, die heute noch lebendig sind. Es ist ein knackiger, mit Popelementen und Einflüssen des Neosoul angereichter Fusionsound, der aus dem Stand die Gäste an den Stehtischen im barocken Oktagonraum in Bewegung versetzt. „One Shot“ nennt der Regensburger Saxofonist das Debütalbum seiner Band, die mit Stefan Pfeiffer am sechssaitigen …

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Geliebte Vielfalt: Das internationale Festival Sparks & Visions zum dritten Mal im Theater Regensburg

Wenn in Regensburg die Nebel aus der Donau kriechen und man eigentlich seine vier Wände nicht verlassen will, und wenn die internationalen Gäste die winterlich-triste Kulturerbe-Stadt noch meiden, immer dann schlägt die Stunde von Anastasia Wolkenstein: „Sparks & Visions“, Funken und Visionen, hat sie ihr dreitägiges Festival getauft, entwickelt aus der zündenden Idee, internationale Solisten und Improvisatoren ins Rampenlicht des wunderschönen Regensburger Theaters mit seinem klassizistischen Dreirang-Saal zu stellen. Und plötzlich leuchtet Regensburg bereits im Januar. Die Gründerin und Veranstalterin Anastasia Wolkenstein ist hauptberuflich Bookerin und es ist der daraus gewonnenen Erfahrung und ihrem guten Geschmack zuzuschreiben, dass man nun zum dritten Mal seit 2023 an drei Tagen mitten im Januar acht inspirierte, unkonventionelle und exzellent dargebotene Konzerte improvisierter Musik genießen konnte. Mit drei Deutschlandpremieren begann es: Die griechischstämmige Perkussionistin und Vibraphonistin Evi Filippou stellte ihr Projekt „inEvitable“ vor. Die Drums waren mit Andi Haberl und ihr doppelt besetzt und dieser Doppel-Groove wurde durch die Sounds ihrer Bandmitglieder Keisuke Matsuno an der Gitarre und Julius Gawlik an Tenorsaxophon und Klarinette ausgeschmückt. Das Highlight des Jazz-Dramoletts, das Filippou hier inszenierte, waren die Darbietungen der polnischen Sänger-Performerin …

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Erinnerungen in moderne Klänge geformt: Eigenwillige Stimmen am Neupfarrplatz bei frostigen Temperaturen mit den Trondheim Voices 

Regensburg. Ruhig ist es am Sonntagabend auf dem Neupfarrplatz zugegangen. Einige wenige Passanten, drei Jogger, die Dehnübungen an der Umfassung der Kirche machten und ein paar kleine Gruppen Wartende. Als aus der Tiefe des document direkt neben der Kirche Menschen herausströmten, kam Bewegung in die Gruppen. Sie stellten sich um das Bodenrelief der von Dani Karavan nachgebildeten ehemaligen Synagoge, in deren Mitte vier Bläser Aufstellung genommen hatten. Mit einer Uraufführung von Emmanuel Witzthums „Shevarim – Fractures“ machte das Bläserquartett des Munich Composers Collective den Auftakt zu einem Kulturevent mit dem das Münchner Festival „Out Of The Box“ durch Bayern reist. In Regensburg machte es mit dem Projekt „The Resonance of Time“ Station, das zuvor in Berchtesgaden und Schongau zu hören war. Nach dem Hörnerkonzert stellte das Ensemble Trondheim Voices im Gewölbe des document Neupfarrplatz eine Vokalimprovisation unter dem geheimnisvollen Titel „Retracing The Echoes of Time“ an drei aufeinander folgenden Stunden vor. Witzthum, Co-Direktor des Festivals, knüpft mit seiner eindrucksvollen Komposition an das Shofarblasen an Rosch ha-Schana, dem Jahresbeginn in der jüdischen Religion an. Von anfänglich tonlosen Windgeräuschen bis zu kraftvollen Posaunen- und Trompetenstößen, die mächtig …

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NICA-Förderrunde: Wege in die Zukunft

(Text/Fotos: Stefan Pieper) Wenn Pflanzen gut gedeihen wollen, brauchen sie einen Nährboden. Im Falle von Musikerinnen und Musikern ist dies gleich ein ganzes Biotop von weichen Faktoren rund ums eigentliche Spielen und Komponieren: Networking, Marketing und vieles mehr. Glücklich schätzen darf sich hier, wer in den Fokus des NICA Artist Development kommt. Angesiedelt im Kölner Stadtgarten, dem „Europäischen Zentrum für Jazz und aktuelle Musik“ und mit jährlich 420.000 Euro durch das Land Nordrhein-Westfalen gefördert, verschreibt sich das 2019 gestartete Programm der künstlerischen Exzellenzförderung und entfaltet hierbei längst internationale Ausstrahlung. ktuell läuft die fünfte Förderrunde. Einen Abend vorm großen Winterjazz-Event präsentierten die neu aufgenommenen „NICA artists“ ihr Projekte in zum Teil internationalen Besetzungen. Künstlerische Zartheit Große Themen angehen und dabei viel künstlerische Zartheit walten lassen, das zeichnet Emily Wittbrodts aktuelles Projekt „Wearing Words“ aus. Das zweimanualige Cembalo auf der Bühne im Stadtgarten markierte dabei eine besondere Premiere vor allem an diesem Ort. Tief persönlich wirkte faszinierend eigenständige Vorstößen in die Gefilde der Alten Musik, die aber auch in vielen eigenwilligen Momenten mit Klängen aus der Gegenwart reagiert. Barocke Cembalofiguren bildeten den Ausgangspunkt für spektrale Verschiebungen und tonale …

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Hier ist die Musik-Welt noch in Ordnung: Eindrücke vom Internationalen Jazzfestival Münster

Das Internationale Jazzfestival Münster beginnt eigentlich stets mit Neujahrswünschen. Findet es doch alle zwei Jahre (in den gerade gibt es inzwischen die „Short Cuts“ mit nur einem Tag) am ersten Wochenende des Jahres statt, was einen also diesmal gleich am 3. Januar ins Theater der Stadt führte, dieses wundervolle Fünfzigerjahre-Juwel. Ein friedvolleres neues Jahr als das abgelaufene wünschte also Festivalleiter Fritz Schmücker und kam wie vor zwei Jahren angesichts des Zustandes der Welt nicht umhin, darauf hinzuweisen, wie privilegiert man hier sei, bei einer vorbildhaften Zusammenkunft im Geiste des Miteinanders. Tatsächlich kam einem von fern angereisten Betrachter das Festival in vielerlei Hinsicht wie eine Insel der Seligen vor. Doch dazu später mehr. Den Gedanken des Miteinanders wie den Titel „International“ hätte das Auftaktkonzert kaum besser illustrieren können: Im 13-köpfigen Amsterdamer Brainteaser Orchestra des jungen Großensemble-Masterminds Tyn Wybenga saßen einschließlich des Stargastes Theo Ceccaldi Frauen und Männer aus acht Nationen. Und schufen zusammen wie schon beim gefeierten Auftritt in Saalfelden wahrlich grenzenlose Klanglandschaften. A propos Saalfelden: Beide in manchem ähnliche Festivals verlangen dem Besucher einiges ab. In Münster heißt das: Jeweils vier Stunden-Konzerte im großen Haus, …

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Spindrift: CD Pre-Release mit dem Benny Lackner Quintet im Jazzclub Unterfahrt

Der Pianist Benny Lackner wirbelt mit seinem Quintett feinste Melodien auf, mit zeitlosem Wiedererkennungswert, die dem Hörer lange Zeit im Gedächtnis bleiben. Jazz für die Ewigkeit! Im Jazzclub Unterfahrt fand letzte Woche ein Pre-Release Konzert von Lackners bei ECM erschienen Aufnahme „Spindrift“ statt. Mit von der Partie auf der Bühne im Club waren der Saxophonist Maciej Obara und Harish Raghavan am Bass, anstelle von Mark Turner und Linda May Han Oh, die auf der CD zum Ensemble gehören. Mosquito Flats Das Konzert begann mit dem lyrischen Titel „Mosquito Flats“. Gleich zu Beginn zeigte Lackner mit seinem Ensemble auf wo seine Stärken liegen: Kompositionen mit klaren Melodielinien, als Grundlage für tiefgründige Improvisationen und ein herrliches Zusammenspiel der Protagonisten. Im Laufe des Abends wurden alle zehn Titel der CD Spindrift präsentiert. Im zweiten Set gesellten sich zwei ältere Stücke von seinem ersten bei ECM erschienen Album dazu, „Camino Cielo“ und „Open Minds Lost“. Der Abend vermittelte einen unglaublich intensiven Eindruck von Lackners Kompositionen. Lediglich „Chambary“ stammt aus der Feder des Schlagzeugers Matthieu Chazarenc, das sich stilistisch nahtlos zu den vorangegangenen Stücken gesellte. Unabhängig von der musikalischen Strahlkraft …

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Performance, Jazz, Pop, Gitarrensound und Big Band Power: Monika Roscher spielt auf

Gitarristin und Sängerin Monika Roscher gastiert  mit ihrer Bigband im Regensburger Jazzclub im Leeren Beutel  und wird stürmisch gefeiert. In Monika Roscher steckt von vielen etwas. Vom extraterrestrischen Bigband-Leader Sun Ra etwa mit seinen spacigen Auftritten. Von Björk mit ihrer eigenwilligen elfenhaften Stimme. Von den Royals mit ihren extravaganten Kopfbedeckungen. Und natürlich von Duke Ellington bis Maria Schneider und Carla Bley, Bandleaderinnen mit charismatischen Fähigkeiten, die sich eigene Pfade im zeitgenössischen Jazz gesucht haben. Vor allem aber steckt Roscher selbst voller Ideen, Kreativität, einer ungekünstelten Direktheit und dynamischer Energie. Wenn es nicht so abgedroschen und zudem reichlich sexistisch klänge, müsste man sie als Powerfrau bezeichnen. Heuer rollte sie bereits zum siebten Mal mit ihrer Bigband eine für viele allzu geruhsame und besinnliche Weihnachtsstimmung von hinten her auf. Dabei spürte man von der herzlichen Begrüßung bis zur unvermeidlichen Zugabe, ihrem einzigen Liebeslied „When I Fall In Love“, wie sie verrät, die gleiche Frische und Ausdruckskraft, wie bei ihrem lang zurückliegenden Debüt beim Jazzclub im Leeren Beutel. Die musikalische Klasse und künstlerische Vielfalt der Komponistin und Arrangeurin hat sich inzwischen so weit herumgesprochen, dass die Bigband praktisch …

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Life Is Great: Ein Quartett bastelt facettenreich am Weltruhm

Der Schlagzeuger und Komponist Johannes Koch geht Anfang 2025 mit seiner neuen Band „Life is Great“ auf Tour: Jazzzeitungs-Autor Michael Scheiner hat ihn getroffen und  stellt die Musiker und ihr Combo-Konzept vor, das sich zwischen naiver Einfachheit und komplexer Rhythmik, zwischen Rockmusik und Allem bewegt.   „Da spielt ein Saxofonist mit – das ist Jazz“, hört man gelegentlich als Einschätzung von eher unbedarften Musikkonsument*innen. Wenn es so einfach wäre. Schlagzeuger Johannes Koch beharrt darauf, dass „Option A“, das Debütalbum seiner neuen Band Life Is Great Rockmusik beinhaltet. Falsch liegt er damit keineswegs, aber auch nicht richtig. Nimmt man Witterung auf und folgt der musikalischen Spur von „Oxford“ über „No Stuart“ bis zum rhythmisch vertrackten, krummkurvigen „Feel“ hat man nach kurzer Zeit bereits verschiedene stilistische Fäden im Ohr. Die zerfasern alle nach und nach und verzwirln sich zu unerwarteten spannenden Kombinationen. Ganz in der Ferne blinken der Jazzrock und Electric Jazz der 1980er Jahre von Bands wie OM und Electric Circus auf. Jüngeren mögen diese Referenzpunkte und Bands kaum noch etwas oder garnichts mehr sagen, ihnen geben Vampire Weekend oder der kanadische Gitarrist Mac DeMarco sicher …

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