Wenn Frank „Ol’ Blue Eyes“ Sinatra einen Evergreen anstimmte, konnte man sicher sein, von Anfang bis Ende mitsummen oder im Kopf Zeile für Zeile den Text und Note für Note die Text mitsingen zu können. Stimmt dagegen ein Jazzmusikant einen Evergreen an, der im Jazzbereich – englisch gesprochen – Standard heißt, kann man davon ausgehen, diesen noch nie gehört zu haben. von Michael Scheiner Jedenfalls nicht in der Originalfassung, wie ein solcher Song erstmals in einem Musical oder Film gespielt wurde. Zuhörer konnten das hautnah beim Konzert von Lorenz Kellhubers Bandprojekt „Standard Experience“ im Neuhaussaal erleben. Der Pianist und Hochschulprofessor meinte zwar in seiner Begrüßung, dass sie „jetzt vier Stunden ohne Pause für Sie spielen“. Als er sah, wie der eine oder andere innerlich zusammenzuckte, schob er grinsend hinterher, dass das ein Insider-Witz sei. Statt 240 gab es in der Realität eines lauen Spätsommerabends dann 105 Minuten, eingerechnet einer vehement eingeforderten Zugabe – „Autumn Leaves“. Kellhuber, der bereits mehrfach in Regensburg mit einem Trio auftrat, ist für lange frei improvisierte Stücke bekannt, die er aus dem Stehgreif mit seinen Partnern kreiert. Dieses Mal spielte er …
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Nach dem Radiofestival der ARD: „listen, adapt & improve“
Nach dem Radiofestival der ARD: „listen, adapt & improve“ – Bitte improven ARD, wenn ihr schon sonst euch eurer langerworbenen Stärken und eurer Jazzexpertise entledigt.
WeiterlesenWeiche Klänge, sehnsuchtsvolle Melodie – Angela Avetisyan in Regensburg
Münchner Trompeterin Angela Avetisyan begeistert mit ihrem Quartett und einem „Eastern Sketchbook“ Regensburg: Patriarchale Diskussionen, ob Frauen Musik machen und bestimmte Instrumente spielen können, sind im letzten Jahrhundert sowohl in der Rockmusik, wie im Pop- und Jazzbereich geführt worden. Heute ist es um diese Fragen still geworden. Dennoch sind Musikerinnen, die als Leaderinnen eine eigene Band führen immer noch eher die Ausnahme als der Normalfall. Für die Münchnerin Angela Avetisyan ist das kein Thema – und war es vermutlich auch nie. Nach Ausbildung und Musikstudium, die sie mit zwölf Jahren begann und bei Professor Claus Reichstaller an der Hochschule für Musik und Theater München mit Bravour abschloss, legte sie sofort mit ihrem ersten Quartett los. Jetzt stellte die exzellente Trompeterin mit der aktuellen Besetzung ihr neues Album „The Eastern Sketchbook“ beim Jazzclub im Leeren Beutel vor. Entstanden ist es vor knapp zwei Jahren im Eigenverlag und folgt der konzeptionellen Idee einer musikalischen Reise Richtung Osten. Den leicht schaukelnden Start mit einem rhythmischen Trompetenmotiv zum „Breakfast in Damaskus“ kann man sich heute in Wirklichkeit kaum noch vorstellen, zu sehr steht auch die uralte malerische Stadt im …
WeiterlesenDeutsche Jazzunion fordert: Keine Reduzierung des Jazz-Angebots in der ARD!
Die Deutsche Jazzunion fordert die Intendanzen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu mehr Transparenz auf. Die geplanten Umstrukturierungen im Kulturangebot der ARD-Radiosender erfordern die Einbeziehung der Fachexpertise von Berufsverbänden und Szeneakteur*innen. Die Deutsche Jazzunion hatte im September einen offenen Brief an die Verantwortlichen der ARD gerichtet, der bereits von über 2.300 Institutionen und Personen mitgezeichnet wurde. In einer Stellungnahme des Arbeitskreises Medien der Deutschen Jazzunion heißt es: „Die Rundfunkanstalten der ARD planen für ihre Radioangebote derzeit die Zusammenlegung von Sendestrecken ihrer Kulturwellen. Die offizielle Informationslage ist derweil dünn – die Vorbereitungen und Verhandlungen finden weitestgehend hinter verschlossenen Türen statt. Nach bisherigen Verlautbarungen aus dem Kreis von ARD-Programm-Verantwortlichen betreffen die geplanten Änderungen insbesondere die Abendstrecke zwischen 20.00 und 24.00 Uhr. Anstelle der bisherigen Vielfalt mit eigenen regionalen Kulturprogrammen soll es offenbar im Hörfunk der ARD ein bis zwei zentral gestaltete Programme geben, die am Abend bundesweit ausgestrahlt werden. Damit sollen zahlreiche Sendungen, gerade auch jene mit regional ausgerichteten und spezifischen Inhalten, eingestellt werden. An ihre Stelle sollen vereinheitlichte Sendungen zu verschiedenen Kulturbereichen treten. Der damit einhergehende Verlust an kulturjournalistischer Vielfalt sowie an regionalen und lokalen Programminhalten ist dramatisch …
WeiterlesenLJJO celebrates – das Landesjugendjazzorchester Hamburg wird 35
Pressemitteilung. Das Landesjugendjazzorchester Hamburg lädt zum Jubiläumskonzert in den Kleinen Saal der Elbphilharmonie am Mittwoch, den 6. September 2023 um 19.30 Uhr ein. Als Special Guest wird der belgische Trompeter Bert Joris gemeinsam mit der Band unter der Leitung von Hendrika Entzian seine Musik präsentieren. Darüber hinaus erklingen Kompositionen von ehemaligen Mitspieler*innen des LJJO. “Es ist ein großes Privileg mit dieser jungen und motivierten Band dieses Jubiläum feiern zu können. In 35 Jahren wurden viele tausende begabte Jazz-Musiker*innen in diesem Ensemble gefördert und entdeckt. Viele von ihnen prägen heute die deutsche Jazz-Szene. Diese kontinuierliche Nachwuchs-Arbeit wollen wir mit diesem Konzert feiern,” sagt die künstlerische Leiterin Hendrika Entzian. Jazznachwuchsförderung Als Spitzenensemble und Aushängeschild der Hamburger Jazznachwuchsförderung, bietet das LJJO HH den talentiertesten Jazzmusiker*innen Hamburgs die Möglichkeit sich durch thematisch vielseitige und intensive Arbeitsphasen musikalisch sowie persönlich weiterzuentwickeln. Um die Geschichte zum Klingen zu bringen, wurden Kompositionen von Ehemaligen, wie Tini Thompsen, Sebastian Hoffmann, David Grottschreiber und Nikos Titokis ausgewählt. Dies gibt einen kleinen Einblick in das vielfältige künstlerische Schaffen der Ehemaligen. Bert Joris zu Gast Die Bigband begrüßt außerdem als Gast den belgischen Trompeter und Komponisten …
WeiterlesenNews: +++ Auftakt des Festivalsommers mit der Jazz Rally Düsseldorf +++ Hildener Jazztage laden ein +++ Jazz am Strand bei JazzBaltica +++
+++ Auftakt des Festivalsommers mit der Jazz Rally Düsseldorf +++ Über 60 Konzerte beleben vom 26. bis 28. Mai im Rahmen der 29. schauinsland-reisen Jazz Rally die Düsseldorfer Innenstadt. Dreh- und Angelpunkt ist in diesem Jahr erstmalig die Rheinterrasse, wo insgesamt zehn Konzerte stattfinden. Dieser Standort überzeugt mit zwei Bühnen, guter Verkehrsanbindung und Wettersicherheit und macht die ganze Veranstaltung nachhaltiger. Dank des „Streets of Sound“-Konzepts werden Marchingbands Jazz, Funk und Soul auch in alle Straßen bringen und Stimmung verbreiten. Live zu erleben sind unter anderem Fred Wesley & the New JBs, Erik Truffaz und das Anna Maria Jopek Quartet. Ein weiteres Highlight des Festivals ist am Samstag, dem 27. Mai, der Auftritt der Latin-Band Culcha Candela um 21.30 Uhr. Das vollständige Programm und Tickets gibt es auf der Seite der Jazz Rally unter duesseldorfer-jazzrally.de. Beitragsbild: Culcha Candela. Foto: Leo Hahn +++ Hildener Jazztage laden ein +++ Auch Kürzungen und Programmänderungen konnten die 27. Hildener Jazztage nicht aufhalten: Der künstlerische Leiter Peter Baumgärtner lädt vom 31. Mai bis zum 4. Juni wieder nach Hilden ein – und das wortwörtlich. Das Festival steht in diesem Jahr …
WeiterlesenFrühling, Freude, Freiluftbühne: Der 38. Jazzfrühling in Kempten
„Gute Musik dutzendfach“ versprach Kemptens Oberbürgermeister zur Eröffnung des 38. Kemptener Jazzfrühlings auf dem Rathausplatz ohne Übertreibung. Standen doch 55 oft parallele Auftritte auf 23 Bühnen in der und um die Stadt im Allgäu – eine davon auf dem Nebelhorn – für die acht Tage um den 1. Mai im kostenlosen Programmbuch des veranstaltenden Kleinkunstverein Klecks. Wie immer waren auch die Eröffnungskonzerte im Freien umsonst. Zum Auftakt spielte auf der Freiluftbühne gegenüber dem spätmittelalterlichen Rathaus bei schönstem Frühlingswetter das Landes-Jugendjazzorchester Bayern unter der Leitung von Harald Rüschenbaum. Der ließ nicht nur seine „Landjugend“, sondern auch gleich den ganzen Rathausplatz den Anfangston einsingen. Das mitreißend und professionell gespielte zweistündige Programm reichte von Count Basie über Dizzie Gillespie, John Coltrane, Weather Report und Jaco Pastorius bis in die Gegenwart mit Walter Langs „Ocean 11“ und schloss A-cappella-Versionen des fünfköpfigen Vokalensembles des LJJB ein, das in seiner jetzigen Besetzung und mit Herz und Emphase der Big Band ein Alleinstellungsmerkmal unter den Jugendorchestern verschafft. Diese Eröffnung war zugleich eine gelungene Werbung für den Jazzfrühling und dieses Orchester. Für die nächsten 120 Minuten übernahm dann die Express Brass Band aus …
WeiterlesenPoetische Jazzsongs mit Humor und Tiefe
Konzert. Um ein Haar wäre der großartige Auftritt von Sängerin Efrat Alony Covid zum Opfer gefallen. Regensburg. Nach außen schrill, nach innen poetisch, träumerisch und oft alles andere als geradlinig. Efrat Alonys Songs beschäftigen sich auf vielfältige Weise mit Eindrücken und ihrer Sicht auf die Welt um sie herum und damit, wie sie sich darin spiegelt. Da kräuseln sich Gedanken, Ignoranz wird als Glücksgefühl erlebt und „der süße Duft der Luft nach einem Regenschauer“ erfüllt sie mit Hoffnung. Auf der Bühne, wie bei ihrem Konzert beim Jazzclub im Leeren Beutel, tritt die Sängerin und Komponistin extravagant gekleidet auf. Auf den ersten Blick wirkt sie damit ein wenig überkandidelt. Beginnt sie aber zu singen, rücken ihre blauen Schuhe mit den Haifischzähnen, die türkisfarbene Brille und der weite steife Rock, nach wenigen Momenten weit in den Hintergrund. Dann konzentriert man sich nur noch auf diese phänomenale Stimme, die im Laufe von zwei Stunden eine ganze Klangwelt zu erschaffen imstande ist. Das Ausdrucksspektrum, mit dem Alony das Publikum ein ums andere Mal fasziniert und begeistert, ist riesig. Sie singt hoch und dünn wie ein Mädchen, springt mühelos …
Weiterlesen52. Internationale Jazzwoche Burghausen
Zwar konnte sich die Jazzwoche Burghausen aus dem letztjährigen Corona-Tal mit 20 % mehr Besuchern wieder herausarbeiten, aber ein neues Konzept, das auch jüngere Besucher zu einem Festival mit rundum interessantem Jazz-Programm anlockt, ist noch nicht gefunden. Es gibt anscheinend keinen Nachfolger für Joe Viera mit Überblick über die längst breitere weltweite Szene, der das Festival in eine sichere Zukunft führt. Das 50 Jahre alte Konzept mit den allseits anerkannten Stars des Jazz, die ein großes Publikum magnetisch anziehen, funktioniert so heute nicht mehr, schon weil es diese Stars nicht mehr gibt. Attraktiv war Burghausen wieder dort, wo es Neues wagte: beim Finale des 13. Europäischen Nachwuchs-Jazzpreises und dem abschließenden Konzert „Next in Jazz“, beide im intimeren Stadtsaal. Mit dem Landes-Jugend-Jazzorchester unter der bewährten Leitung von Harald Rüschenbaum präsentierte sich dort eine frische Bigband, samt achtköpfigem Vokal-Ensemble. Die LJJB überzeugte unter anderem mit „Ocean Eleven“ von Trio Elf, das sie ihrem 2021 verstorbenen Klavier-Coach Walter Lang widmete. „Wir hatten was mit Björn“ nennen die Posaunistin Maria Trautmann und die Vokalistin und Gitaristin Maika Küster ihr Quartett, mit denen sie sich stark von Jazz beeinflusstem Singer-Songwriting …
WeiterlesenOliver Lutz’ „Re: Calamari“ im Jazzclub Regensburg
Darf man zur Musik angesagter Jazz-Cats aus Berlin und Köln noch (oder wieder) „Fusion“ sagen? Offenbar schon, schließlich heißt die Eröffnungsnummer auf der ersten Scheibe von „Re: Calamari“, einem Band-Projekt des Bassisten Oliver Lutz, genau so. Ein bisserl retro darf es also schon klingen, wenn Saxophon- und Synthie-Linien im Unisono über singenden E-Bassschleifen und kernigen Drum-Grooves schweben. Beim Auftritt des Quartetts im Jazzclub Regensburg ergibt das einen kompakten, aber durchsichtigen Kollektivsound, den Saxophonist Wanja Slavin an einem weiteren kleinen Tastenkasten ab und zu synthetisch noch weiter anreichert. Die Songs von Oliver Lutz und Keyboarder Pablo Held sind harmonisch-melodisch vertrackt genug, um der Fusion-Süffigkeit den Boden unter den Füßen wegzuziehen, und so balsamisch Lutz’ sechssaitiger E-Bass auch tieftönt – Andi Haberl, der auch bei The Notwist trommelt, setzt immer wieder rhythmische Widerhaken an. Alles bestens also, leider wirkten die vier bei ihrem Auftritt bisweilen aber so, als würde ihnen die Sommerzeitumstellung arg zu schaffen machen. Vor allem Pablo Held stand etwas unbeteiligt an seinem zweistöckigen Synthie-Turm, was ihn freilich nicht daran hinderte, zu manch aberwitziger Soloeskapade aufzubrechen. So blieb das Ganze über weite Strecken allzusehr im …
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