Das Moers Festival 2024 bot erneut Zuflucht vor dem Welt-Wahnsinn und erwies sich dabei als besonders avantgardelastig. Man muss für ein herausragendes Festival nicht möglichst viele prominente Bands aneinander reihen. Die aktuelle Ausgabe des Moers-Festivals punktete mit überraschenden und energiegeladenen Kooperationen zwischen Musikerinnen und Musikern unterschiedlichster Herkunft und Szenen. Die Offenheit für Grenzüberschreitungen und spontane Begegnungen synchronisierte dabei die reiche Impro-Jazz-Historie mit einer ästhetisch hellwachen Gegenwart. Was sich auch bei der 53. Festivalausgabe daraus ergab. Das ist wohl so in dieser Mischung nur in Moers erlebbar. Text: Stefan Pieper Am ersten Festivaltag, gleich am Beginn hatte es erstmal Irritationen gegeben, als eine Musikerin beim Auftaktkonzert „Free Palestine“ rief und einige im Publikum lautstark einstimmten. Andere Kulturereignisse in jüngster Zeit haben gezeigt, dass die immense Gefahr einer irreparablen Imageschädigung von solchen Bekundungen ausgeht. Entsprechend artikulierte Festivalleiter Tim Isfort eine klare Distanzierung des Festivals von einseitig-plakativen und aggressiven Meinungsäußerungen. Moerser Literatur in assoziativen Umlaufbahnen Hanns-Dieter Hüsch wäre in diesem Jahr 99 Jahre alt geworden, aber die Texte des gebürtigen Moersers wirken so, als könnten sie gerade den vielen menschlichen Befindlichkeiten von heute auf den Leib geschrieben sein. …
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Vis a vis und auf verschlungenen Pfaden: Die Band Hilde im Bielefelder Bunker Ulmenwall
Vergessen wir die Frontalbeschallung: Im ehemaligen Luftschutzbunker unterhalb der verkehrsreichen Bielefelder Stadtmitte bildet eine kleine Bühne das Zentrum, flankiert von jeweils zwei Zuschauerräumen. Raffinierte Perspektiven eröffnen im Bunker Ulmenwall zudem mehrere, über dem Viereck aufgehängte Spiegel. Vis a vis zu spielen ist für jede Band die logische Konsequenz – und das sorgte auch bei „Hilde“, einem experimentierfreudigen, ausschließlich weiblich besetzten Quartett aus NRW für maximale Vertiefung. Julia Brüssel, Violine, Maria Trautmann, Posaune, Marie Daniels, Stimme und Emily Wittbrodt, Cello, haben sich im Ruhrgebiets-Kollektiv „The Dorf“ kennengelernt, welches im November im Dortmunder domicil sein 15-jähriges Bestehen feierte. Der dort gelebte, freie künstlerische Ansatz strahlt in die eigenen künstlerischen Projekte vieler Protagonisten hinein, wirkte also auch für die Band Hilde wie eine Keimzelle für die eigene Kreativität. Der Horizont ist weit und die Fantasie reich. Ebenso die Bereitschaft, sich ganz auf den Moment einzulassen. Beim Konzertbeginn in der Bielefelder „Unterwelt“ dominiert eine Art Ur-Chaos aus Klängen, Frequenzverläufen und Geräusch-Gesten. Nichts ist hier geradlinig getaktet oder architektonisch geordnet. Alles wuchert frei, entwickelt sich organisch und dies in unmittelbarer Konfrontation. So verschlungen die Strukturen, so dominiert dabei ein direktes …
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