Das Südtirol Jazzfestival Alto Adige steht vor der Tür. Vom 30. Juni bis 9. Juli erklingt nicht nur Bozen, sondern die gesamte Region zwischen 262 und 2.000 Meter über dem Meerespiegel. Andreas Kolb sprach mit dem künstlerischen Leiter Klaus Widmann über die Musiker, die Spielorte und die Eigenproduktionen der Ausgabe 2017. JazzZeitung: Im Programm steht: „Mainstream und Konzertsäle sind beim Südtirol Jazzfestival Alto Adige vom Aussterben bedroht.“ Sind die Musiker glücklich mit den wunderbaren, aber manchmal schwer zu bespielenden Spielorten und Naturbühnen? Widmann: Natürlich ist es ein tolles Gefühl für Künstler und Veranstalter, einen riesigen Saal gefüllt zu haben. Aber bei der Art von Musik, wie wir sie machen, ist das nicht so leicht möglich, weil wir ganz bewusst auf große Namen und Stars verzichten. An vielen Spielorten bewegen wir uns zwischen 50 und 100 Besuchern. Im Italienischen gibt es ein Sprichwort, das heißt: „Pochi ma buoni“ „Lieber weniger und dafür Gute“. In den letzten Jahren haben wir gesehen, dass wir ein Publikum haben, das von vornherein weiß, worauf es sich einlässt. Das können dann auch mal weniger Leute sein, aber die wenigen sind dann …
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Klaus Doldinger erhält den ECHO JAZZ 2017 für sein Lebenswerk
Berlin/Hamburg, 23. Mai 2017 – Der Saxophonist und Bandleader Klaus Doldinger wird in diesem Jahr mit dem ECHO JAZZ für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Vor 81 Jahren in Berlin geboren, spielte Doldinger ab 1953 in Düsseldorf in seiner ersten Band, den „Feetwarmers“, der auch der Kabarettist Dieter Süverkrüp sowie der spätere Bundesminister Manfred Lahnstein zeitweilig angehörten. In seiner wohl bekanntesten eigenen Formation, Passport, gegründet 1971, spielte zunächst Udo Lindenberg das Schlagzeug. In den 70ern wurde Doldingers Titelmelodie zum „Tatort“ zur bis heute gültigen Ikone, so unsterblich wie seine Musik zu Wolfgang Petersens Welterfolg „Das Boot“, dem Film „Die unendliche Geschichte“ sowie den TV-Serien „Liebling Kreuzberg“ und „Ein Fall für Zwei“. 2016 wurde er für sein Album „Doldinger“, auf dem er mit Gästen wie Udo Lindenberg, Helge Schneider, Dominic Miller, Sasha, Max Mutzke und dem diesjährigen ECHO JAZZ-Gastgeber Nils Landgren seine Historie Revue passieren lässt, von den Kritikern mit einhelligem Lob bedacht. Den ECHO JAZZ für sein Lebenswerk nimmt Doldinger bei der Verleihung am 1. Juni in Hamburg persönlich entgegen, er wird zudem live auftreten. In der Begründung der 12-köpfigen Jury heißt es unter anderem: „Im Kofferraum …
WeiterlesenJazzwoche Burghausen mit reichlich Pop, Soul und auch Jazz
Musikerinnen, erkannte Joe Viera in seiner Anmoderation der Saxofonistin Lakecia Benjamin, würden immer öfter als „Bandleaderinnen und Instrumentalistinnen in Erscheinung treten“. Der 84-jährige Grandseigneur und Mitbegründer der Internationalen Jazzwoche Burghausen, nicht unbedingt als Feminist bekannt, lenkte damit die Aufmerksamkeit auf einen Aspekt der auch im Pop und Rock Gültigkeit hat – eine deutliche Unterrepräsentanz von Frauen. Lediglich als Sängerinnen überflügeln Musikerinnen die nach wie vor ausgeprägte männliche Dominanz, auch wenn sich das seit ein paar Jahrzehnten ganz allmählich zu verschieben beginnt. Bei der mittlerweile 48. Jazzwoche bildeten, neben Benjamin und der Fürther Gitarristin Monika Roscher, auch in diesem Jahr Sängerinnen die weiblichen „Zugpferde“ im vielschichtigen Programm. Vor der Engländerin Joss Stone, die nach einer Kritik als „Popstar Burghausen verhext“ hat, war die in Paris lebende Amerikanerin China Moses die eigentliche Überraschung des Festivals. Glücklich schätzen könne man sich, jubelte Viera, dass Moses „denselben Beruf hat, wie ihre Mutter Dee Dee Bridgewater“. Die hatte zwei Jahrzehnte zuvor – 1998 – einen gefeierten Auftritt in Burghausen. Mit einem lockeren Blues aus ihrem vielgelobten Tributealbum „This One´s For Dinah (Washington)“ startete die 39-Jährige die Eroberung der erstaunlicherweise nur …
WeiterlesenUnikat auf der ostdeutschen Jazzlandschaft – 40 Jahre Jazzclub Tonne Dresden
Er gehört zu den angesehensten Jazzclubs in Deutschland, ist auf der internationalen Szene bestens bekannt, hatte im Oktober 2015 zum dritten Mal in Folge den renommierten Spielstättenprogrammpreis der Initiative Musik – der Fördereinrichtung für aktuelle Musik der Bundesregierung – erhalten: der Dresdner Jazzclub Tonne. Vor 40 Jahren, am 18. März 1977, wurde er – noch als »IG Jazz« – gegründet. Von Mathias Bäumel Heute wieder in den kultigen Kellerräumen des Kurländer Palais mitten im Stadtzentrum ansässig, bietet die Tonne durchschnittlich drei Live-Konzerte pro Woche mit Weltstars der Jazzszene, mit regionalen Größen und mit vielversprechenden Nachwuchsmusikern. Der Akzent liegt auf avanciertem Jazz mit kleiner Gastronomie, nicht, wie andernorts häufig, auf Kneipe mit Mainstreamjazz-Dudel-Beschallung. Angefangen hat alles vor vierzig Jahren – am 18. März 1977 gründeten Enthusiasten um den Jazzfan und Theatermenschen Frank W. Brauner die Interessengemeinschaft Jazz innerhalb der Kulturbund-Stadtorganisation Dresden. Jazz, vor allem der moderne, galt damals als klingendes Symbol für ein freies Leben als Individuum gemeinsam mit Gleichgesinnten, wurde häufig empfunden als Musik gegen Bürgerlichkeit und Gleichschaltung. Natürlich war diese Initiative Brauners nicht die erste in Dresden. Aber sie hatte – als einzige dieser …
Weiterlesen+++ Pat Metheny 2017 auf Welttournee +++
Der mit 20 Grammys ausgezeichnete Gitarrist Pat Metheny hat Mitte Dezember 2016 eine umfangreiche Welttournee unter dem Motto an evening with Pat Metheny angekündigt. Metheny, der kürzlich als jüngster und vierter Gitarrist überhaupt (neben Django Reinhart, Charlie Christian und Wes Montgomery) in die Hall of Fame des weltweit einflussreichsten Jazz-Magazins Downbeat aufgenommen wurde, wird an diesen besonderen Abenden Musik aus nahezu allen Schaffensperioden seiner Karriere präsentieren. Nach dem großen Erfolg seiner Grammy prämierten Unity Band und Unitiy Group Veröffentlichungen und den anschließenden exzessiven Tourneen nahm Pat Metheny sich 2015 eine wohlverdiente Auszeit tatsächlich offenbar die erste überhaupt seit 1994, wie er selbst zu Protokoll gibt. Wie man sich denken kann, war Metheny während dieser Pause alles andere als untätig. Er nutzte diese Zeit zu Forschungszwecken musikalischer Natur und zur Weiterentwicklung einiger Ideen, die ihm seit längerem im Kopf herumschwirrten. Und auch ohne große Tourneepläne war Pat Metheny selbstverständlich dennoch live zu erleben: Ob mit der Hommage für die Eberhard Weber Konzertreihe, bei ausgesuchten Konzerten in Europa, Japan und Amerika oder als Artist in Residence beim Detroit Jazz Festival, bei dem er mit seinem eigenen …
WeiterlesenZum neunten Mal – das Kölner Festival „Vive Le Jazz“ lebt
Von Dietrich Schlegel – Welch feine Nuance doch in der französischen Aussprache von Jazz liegt im Vergleich mit der amerikanisch-englischen und international gebräuchlichen Ursprungsversion, weich und sanft, fast zärtlich kommt er daher, der Jazz à la française. Von wegen! Der Jazz, den die junge französische Musikergeneration pflegt, lässt keine Assoziationen zu Douceur oder Chanson d’Amour zu. Hier geht es kraftvoll zu, laut und lärmend, dissonant und anarchisch. Klanggewitter und Geräuschkaskaden aus erfindungsreich manipulierten Instrumenten stürzen den Zuhörern entgegen und über sie hinweg. Die Widerspiegelung gesellschaftlicher Zustände? Echo auf unsere reale laute und lärmerfüllte Welt? Diese umwerfende Energetik und widerborstige Kreativität zeigte sich wie schon in den Vorjahren erneut auch beim Festival „Vive le Jazz“, das von seinem nimmermüden Initiator und Organisator, dem Jazzpublizisten Hans-Jürgen von Osterhausen, tatkräftig unterstützt von seiner Partnerin Marieke Rabe, nun schon zum neunten Mal in Köln realisiert worden ist. 35 Musiker in neun Bands verteilten sich im Oktober und November auf acht Konzerte. Der ursprünglichen Idee eines regelmäßigen französisch-deutschen Jazz-Austauschs folgend bestritten auch diesmal 16 französische und zehn deutsche Musiker das Programm, zumeist in gemischt besetzten Formationen. Zu ihnen gesellten sich …
WeiterlesenSteve Reich Six Pianos mit Gregor Schwellenbach – eine Rezension
Von Stefan Pieper – Gregor Schwellenbach, Hauschka, Tobias Brandt, Paul Frick, Erol Sarp und John Kameel Farah sind allesamt gefeierte Meister einer repetitiven Ästhetik, die sich sowohl in der Popkultur, aber auch in der improvisierten Musik und dem klassisch-zeitgenössischen Spektrum zuhause fühlt. Sie sorgen mit spannenden Crossover-Projekten für Furore, wenn etwa Technotracks auf akustische Ensemble übertragen werden. Wenn diese Kenner der Materie nun Steve Reichs Paradestück „Six Pianos“ musizieren, darf man ohne Zweifel Großes erwarten. Und tatsächlich bringen diese sechs Musiker Steve Reichs Musik überaus treffsicher auf den Punkt. Denn die hier angetretenen Tastenkünstler wissen, wie es geht – nämlich in dieser Komposition auf Anhieb jede Nervenzelle beim Hörenden wach zu bekommem. „Six Pianos“ aus dem Jahr 1973 sieht folgendes vor: Im gemeinsamen Miteinander formen insgesamt zwölf spielende Händen eine sich ständig wiederholende Textur. Die hohe Kunst liegt darin, hier ein unwiderstehliches, vibrierendes Sounddesign herzustellen. Es ist ein hauchdünner Grat, auf dem Genialität entsteht, die nach außen Wirkung entfaltet. Sechs Klaviere vereinen sich in der Behandlung dieser sechs Spezialisten zum rundlaufenden, vorwärtstreibenden Motor. Da lebt die Magie des strikten Kontinuums mit sorgsam dosierten Steigerungen. Betonungen …
Weiterlesen„Carlo, Keep Swingin’“ ist ab 9. Dezember auf DVD und als VoD erhältlich
„Carlo, Keep Swingin’“ ist das mitreißende Porträt von Carlo Bohländer, der mit dem Frankfurter Jazzkeller nicht weniger als die Keimzelle für den Jazz in Deutschland geschaffen hat. Eine Hymne an die Musik der Freiheit nach der schmerzvollen Erfahrung des Nationalsozialismus. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete der Trompeter und Musiktheoretiker Carlo Bohländer im zerbombten Frankfurt das Domicile du Jazz. Unter Eingeweihten fortan der Keller genannt. Hier wurde richtig gejazzt. Tagsüber war der Keller ein Proberaum, abends verwandelte er sich in eine nicht enden wollende Jamsession. Die Atmosphäre war atemberaubend. Gagen gab es keine, dafür aber reichlich Schnaps. Im Zentrum des Geschehens stand Carlo, der mit seinem Genie, Witz und Enthusiasmus alle ansteckte. Alsbald gaben sich weltweit berühmte Jazzgrößen aus Deutschland und Übersee die Klinke in die Hand. Darunter Albert Mangelsdorff, Bill Ramsey, Dizzy Gillespie, Duke Ellington, Ella Fitzgerald und sogar Louis Armstrong. Der Jazzkeller und Carlo bauten Brücken zwischen den Nationen und machten es möglich, dass die Welt in Frankfurt wieder zusammenfand, wenigstens für eine Jamsession lang. Anlässlich der Uraufführung rezensierte Dietrich Schlegel den Film hier auf www.jazzzeitung.de
WeiterlesenJazz von heute für Filme von vorgestern – Komponistenporträt „Küspert & Kollegen“
Kleine Kammerensembles neben großen Leinwänden: „Küspert & Kollegen“ greifen die Atmosphäre des klassischen Horror-Stummfilms „Nosferatu“ ebenso auf wie von Slapstick und Melodram. Und richten sich an ein Publikum des Jahres 2016: „Meine Musik soll nicht wie traditionelle Stummfilm-Musik klingen, sondern zeitgenössisch und unvorhersehbar“, sagt der Gitarrist und Komponist Werner Küspert, der sich ganz und gar nicht als Geräuschemacher versteht. Auf Film- und Jazzfestivals ist die Gruppe ein gut eingeführter Name. Darin spielen wechselweise die Saxophonisten Till Martin und Hubert Winter, die Kontrabassisten Rudi Engel und Andreas Kurz. Mit Bastian Jütte und, ab Herbst, Henning Sieverts sind zwei aktuelle Träger des Neuen Deutschen Jazzpreises im Künstler-Pool. Der Leader und Arthouse-Kinogänger trat bis vor einigen Jahren häufig mit kleiner Besetzung zu Kinoklassikern in regionalen Lichtspielhäusern auf. Danach arbeitete er vor allem als Bühnenmusiker, wobei sich etliches kreatives Potenzial anstaute. „Fürs Theater zu spielen war Handwerk“, sagt der Wahlwürzburger, „da ist keine Individualität gefragt.“ Im vergangenen Sommer hatte er dann lange genug Zurückhaltung geübt: „Es muss etwas passieren, ich wollte wieder etwas Eigenes.“ 20 bis 25 Filmmusiken hat er inzwischen im Repertoire. Mindestens 30 Mal sieht sich Werner …
WeiterlesenWechsel an der Spitze: ein Interview mit Gebhard Ullmann, dem neuen UDJ-Vorsitzenden
Als einen emotionalen Menschen, der „auch und gerne aneckt, stets aber das Machbare im Blick hat“, bezeichnet sich Gebhard Ullmann selbst. Der 56-Jährige ist vielfach ausgezeichneter, international renommierter Saxophonist, Bassklarinettist, Flötist, Komponist und seit November 2013 neuer Vorsitzender der Union Deutscher Jazzmusiker. JazzZeitung: „Jazz ist, was wir draus machen – musikalisch aber auch politisch und gesellschaftlich!“ Dieser Satz stammt von dir. Engagierst Du Dich deshalb jetzt in der UDJ in erster Reihe? Gebhard Ullmann: Ich bin früh in die UDJ eingetreten, weil ich das wichtig fand. Dann habe ich mich in der sich neu organisierenden Berliner Szene der 80er sehr engagiert. Angesichts der aktuellen Entwicklungen finde ich die UDJ noch viel wichtiger. Ich will mitgestalten und möchte dies allen anderen auch ans Herz legen: Jammern hilft nicht! JazzZeitung: Zunächst warst Du also politisch sehr aktiv, hast Dich aber dann auf die Musik konzentriert, nun „back to politics“ – wie kommts? Ullmann: Ich wollte mich um meine Musik kümmern, „das kann ich auch alleine“ war für eine Weile das Credo. Jetzt möchte ich etwas zurückgeben. Sicher war ich nach dem Engagement der 80er auch enttäuscht, interessanterweise …
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