Emma Rawicz/Gwilym Simcock: Big Visit

(Text und Fotos: Robert Fischer) Es gibt für alles ein erstes Mal. Das erste Mal, dass der Autor dieser Zeilen das Saxophon in einer Duokombination zu lieben begann, war ein rotes SteepleChase-Album, das „Looking at Bird“ hieß und den großartigen, leider viel zu früh verstorbenen Kontrabassisten Niels-Henning Ørsted Pedersen in trauter Zweisamkeit mit Archie Shepp zum Klingen brachte. Seitdem sind einige Jahre ins Land gegangen – über 40 sogar, um genau zu sein –, aber die Liebe ist geblieben. Die zum Saxophon sowieso, aber auch die zur kammermusikalisch intimen Inszenierung dieses Instruments. Und wie das so ist, wenn die Gefühle groß sind, geht man an jede neue Inszenierung mit einiger Vorsicht heran. Man möchte ja nicht enttäuscht werden …

Vor- und Nachteil

Was bei „Big Visit“, dem gerade eben erschienenen Duo-Album von Emma Rawicz und Gwilym Simcock, aber gar keine Gefahr ist. Diesmal geht es also um die Kombination Saxophon/Klavier, für die es im Jazz deutlich mehr Vorbilder gibt als für die mit dem Kontrabass, was Vor- und  Nachteil zugleich sein kann. Ein Vorteil ist das harmonische Bett, welches das Klavier jedem musikalischen Partner bereiten kann, von Nachteil könnte es sein, wenn sich der Partner oder in diesem Fall die Partnerin allzu bereitwillig in dieses Bett gleiten ließe, statt die musikalische Herausforderung auf Augenhöhe zu suchen.

Musikalisches Dreamteam

Hört man das erste, vom 1981 in Wales geborenen Pianisten Gwilyn Simcock komponierte Stück, „His Great Adventure“, zerstreuen sich solche Bedenken schnell. Simcock, der ein hervorragender Solist ist, mit Yuri Goloubev (am Kontrabass!) auch schon die Duoform erprobte und mit „Instrumation“ bis in sinfonische Gefilde vordrang, trifft mit der erstmals 2022 für Aufhören sorgenden, zwanzig Jahre zuvor in North Devon geborenen Emma Rawicz offenbar auf eine zwar deutlich jüngere, aber doch musikalische Seelenverwandte. Gemeinsam bilden die beiden ein Dreamteam, das pure Spielfreude verströmt.

Entspannt und unbeschwert

Was sich sofort auf den Hörenden überträgt. „Big Visit“ präsentiert zwei Stücke von Gwilyn Simcock, zwei von Emma Rawicz; hinzu kommen je eine Coverversion von Stevie Wonders „Vision“ und Carl Fischers „You’ve changed“. Beide geben sich genügend Raum, um solistisch zu brillieren, ehe sie dann wieder in ausgefeilten Unisonopartien zueinander finden. Da glaubt man ihnen gern, dass die Stimmung im Studio entspannt und unbeschwert war, dass der gegenseitige Respekt vor- auch zu einem harmonischen Miteinander geführt hat. So bewundert Simcock Rawiczs technische Meisterschaft auf dem Tenor- und Sopransaxofon, besonders ihre Leichtigkeit in den oberen Registern: „Bei ihr fließen die Ideen unmittelbar ins Instrument, dieses Ideal streben wir alle an.“ Und Emma bekennt, schon lange ein Fan von Gwilym gewesen zu sein: „… deswegen geht mit unserem Duo für mich ein Traum in Erfüllung“. Für den Autor dieser Zeilen auch, denn: Die Liebe bleibt.

 

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