Zwischen dem Prager Club Jazz Dock und dem Wiener Konzerthaus legte der amerikanische Pianist Sullivan Fortner einen bejubelten Stop beim Jazzclub Regensburg ein. Der 39-jährige New Yorker gilt aktuell als einer der angesagtesten Acts, neben seinem eigenen Trio arbeitet er auch mit den Sängerinnen Cécile McLorin und Samara Joy zusammen. Mit Joy, einer jungen Musikerin aus der Bronx, hat er für das von ihm arrangierte „Twinkle Twinkle Little Me“ heuer einen Grammy für die beste Jazzperformance erhalten. Das Duo hat damit Größen wie Chick Corea und John Scofield ausgestochen.
Southern Nights
Im bis zu den hinteren Stehreihen bestens gefüllten Leeren Beutel spielte Fortner mit Tyrone Allen am Bass und Schlagzeuger Kayvon Gordon eigene Kompositionen aus dem wenige Tage zuvor erschienen neuen Album „Southern Nights“ und Songs von John Coltrane bis Thad Jones. Gleich mit der ersten Nummer, einer Komposition des 2013 verstorbenen Pianisten Cedar Walton, setzte er eine markante Duftmarke des breitgefächerten musikalischen Kosmos, in dem er sich wie ein Fisch im Wasser bewegt.
Wie der Texaner Walton ist auch Fortner fest in der afroamerikanischen Tradition des Jazz verwurzelt, spielt Blues, Soul und typische New-Orleans-Grooves. Fast könnte man in ihm einen Traditionalisten sehen, würden in seinem wunderbar entspannten, lässigen Spiel nicht immer wieder gänzlich unerwartete Wendungen, überraschende Ideen und Zitate von der Romantik bis hin zu populärer Musik auftauchen. In dem Walton-Original, aus dem er am Flügel immer neue Funken herausschlägt, swingt Gordon was das Zeug hält. Er lässt die Becken rauschen bis dem staunenden Publikum die Ohren klingeln und die Füsse sich selbständig zu machen drohen.
Waltz for Monk
Referenzen hält Fortner auch mit anderen Nummern, wie dem intimen „Waltz for Monk“ von Mulgrew Miller parat. Sein leichtes und im Anschlag enorm fein differenziertes Spiel ist in jeder Hinsicht ein pianistischer Leckerbissen. Nach vielen Seiten offen, mit einer ausgeprägten Neigung zur europäischen Romantik, wie ein kleiner Ausflug in die Welt Chopins deutlich macht, steckt es voller Spielwitz. Zugleich strahlt es emotionale Tiefe und eine beinahe spitzbübische Freude aus. Seine beiden Mitmusiker lässt er dabei manchmal kaum zu Wort kommen. Wobei diese durchaus über genügend Selbstbewußtsein verfügen, um ihre souveräne Begleitung eigenständig zu gestalten und Fortners wendiges, lustbetontes Spiel cool zu akzentuieren.
Rauschender Beifall
Die emotionale Balance innerhalb des Trios entlädt sich auch immer wieder einmal, wenn alle drei nach einer besonders gelungenen Improvisation und pointiertem Schluss sich lachend anblicken, bevor sie sich über den rauschenden Beifall freuen. Bassist Tyrone Allen, der statt eines schwarzen Käppi wie die beiden anderen eine schwarze Hiphop-Mütze auf den Dreadlocks trägt, stellt seine Referenz auf dem T-Shirt zur Schau – Steve Wonder. Den verehrt auch der elegant in schwarz gekleidete Bandleader Fortner, wie er in einem früheren Interview gestand. Auf seine Schlussbemerkung im Leeren Beutel, dass er hoffe wieder kommen zu können, antwortete das wie selten von jung bis alt gemischte Publikum mit stürmischem Beifall.
Text und Fotos: Michael Scheiner