Wurzers funkiger Fusion-Pop-Jazz

Der Regensburger Saxofonist Sebastian Wurzer stellt bei Release-Party sein Debütalbum „One Shot“ im Rosenpalais vor. Wüsste man es nicht besser, bei geschlossenen Augen hätte man glauben können den großen Klaus Doldinger vor sich haben. Groß ist Sebastian Wurzer tatsächlich – in seinem vollen, satten Ton auf dem Tenorsaxofon, als auch von Statur. Wenn der gebürtige Weidener ein wenig breitbeinig vor seiner eigenen Silhouette im Rosenpalais steht und sein Horn zum Jubeln bringt, geht einem das Herz auf.

Der voluminöse Fusionsound seines Quintetts katapultiert manche Zuhörenden des exklusiven Release-Konzertes zurück in die 80er und 90er Jahre des letzten Jahrhunderts. Tanzbarer Jazzrock gehörte damals ebenso zum Standard von Diskotheken und Clubs, wie sanfter Smooth Jazz a la Sade. Während heute eigens retrogewandte Swingvereine  gegründet werden, um mit Petticoat und Vintagestyle längst vergangenen Ideen nachzuhängen, knüpft Wurzer an Entwicklungen an, die heute noch lebendig sind. Es ist ein knackiger, mit Popelementen und Einflüssen des Neosoul angereichter Fusionsound, der aus dem Stand die Gäste an den Stehtischen im barocken Oktagonraum in Bewegung versetzt.

„One Shot“ nennt der Regensburger Saxofonist das Debütalbum seiner Band, die mit Stefan Pfeiffer am sechssaitigen E-Bass, Gitarrist Benedikt Treimer, dem wendigen Thomas Eibl am Keyboard und Schlagzeuger Daniel Treimer besetzt ist. Einige der darauf enthaltenen Eigenkompositionen stellte das bestens harmonierende Quintett in drei kurzen Sets vor. Mit einem mysteriösen Keyboardmotiv und einer weite Bögen spannender E-Gitarre, unterlegt von wenigen Basstönen, markieren die Musiker mit dem „Echoes“ einen spannenden Einstieg, über dem sich Wurzers Saxofon aufschwingen kann. In einem ersten leidenschaftlichen Solo lässt er etwas von seinem Können aufblitzen, das er sich an der Würzburger Hochschule für Musik erarbeitet hat.

Zu seinen Lehrmeistern zählen Hubert Winter und der polnische Altmeister Leszek Zadlo, der bereits vor mehr als vier Jahrzehnten im Jazzclub Kneiting mit dem legendären, früh verstorbenen Geiger Sbigniew Seifert die Regensburger begeisterte. Diese Rolle besetzt jetzt der Schüler selbst mit Kompositionen wie „A Day in a Life“, „Sleepwalking“ oder das romantische „Where Love Never Ends“. Es sind einige der altersmäßig höchst bunt gemischten Zuhörenden, die von Wurzer etwas über die Entstehung seiner Songs wissen wollen. Gleich in seiner Anmoderation zum nächsten Stück geht dieser auch auf das eben gespielte „Sleepwalking“, „Schlafwandeln“ ein. Die Idee dazu sei ihm „vor 17 Jahren gekommen“, erzählt er, „als ich mit Jonathan auf dem Arm nachts hin und her durch die Wohnung gelaufen bin, wenn er mit Bauchweh aufgewacht war“.

Ebenfalls sehr emotional sei für ihn das ruhigere „Now and Forwever“, gibt Wurzer noch preis. Die näheren Umstände für das eher melancholische Arrangement, das die Band mit viel Einfühlungsvermögen leicht funky präsentiert, kann das Publikum in dem beseelten Solo erahnen, mit dem der Saxofonist seine Erinnerungen ausdrucksstark illustriert. Solistisch konnten sich die übrigen Musiker nur bedingt entfalten. Bei einem baldigen Clubkonzert oder beim Jazzweekend werden sie sicher vermehrt zum Zug kommen.

Foto und Text von Michael Scheiner

Info: „One Shot“ ist als Download auf gängigen Plattformen wie spotify, als Cd wie auf Vinyl in ausgewählten Läden und über die website des Künstlers erhältlich.

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