Renner: eine Never Ending Story

(Text und Fotos: Robert Fischer) Früher hätte man das wohl eine „Supergroup“ genannt: Drei außergewöhnlich begabte, bereits mit mehreren Preisen bedachte Musiker, denen man trotz oder gerade wegen ihrer Jugend zutraut, auf ihrem jeweiligen Instrument stilprägende Akzente zu setzen, die zudem allesamt auch schon in anderen, teils eigenen Formationen für Furore gesorgt und sich nun zu einem Trio zusammengeschlossen haben, das Ende Mai ein fulminantes Debütalbum veröffentlichen wird: Never Ending Story. Glücklich die, die wie der Berichterstatter dessen Musik schon vorab auf einer am 15. Februar im Münchner Jazzclub Unterfahrt beginnenden Prereleasetour live zu Hören bekamen.

Seelenverwandte

„Renner“ sind die Brüder Moritz und Valentin Renner an Posaune und Schlagzeug sowie der Bassist Nils Kugelmann, den die beiden als Wesensverwandten bezeichnen – vielleicht könnte man aber auch Seelenverwandter dazu sagen (jedenfalls, wenn es um die musikalische Seele geht). Alle drei spielen zudem in der Jazzrausch Bigband, was mit eine Erklärung dafür sein könnte, dass Einsätze, Stops und schwindelerregend schnelle Unisonoläufe scheinbar mühelos, mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks bewältigt werden können.

Vorbilder

Berühmtestes Vorbild der im Jazz nicht so häufigen Besetzung Posaune, Bass und Schlagzeug ist das 1976 live bei den Berliner Jazztagen eingespielte Album „Triologue“, das damals für Aufsehen sorgte, weil es neben den arrivierten Superstars ihrer Instrumente, Albert Mangelsdorff an der Posaune und Alphonse Mouzon am Schlagzeug, einen damals gerade mal Mitte 20 Jahre alten Jaco Pastorius an seiner Seite hatte, der sich soeben anschickte, die (E-)Basswelt zu revolutionieren. Doch während dieses Trio nur für den einen Auftritt zusammengestellt wurde, ist „Renner“, das verrät der Albumtitel, als längerfristiges Projekt angelegt.

Never Ending Story

Tatsächlich, so erzählt das Valentin Renner auf der Bühne im Jazzclub Unterfahrt, meint „Never Ending Story“ zwar vor allem die Geschichte der beiden Brüder, die qua Geburt eng miteinander verbunden sind – man wünscht aber auch dem Trio eine lange und erfolgreiche Geschichte. Denn wer die drei schon im letzten Jahr auf großer Bühne beim Regensburger Jazzweekend erleben durfte, wo Ssirus W. Pakzad sie für den Bayerischen Rundfunk präsentierte, und nun wieder im kleineren Clubrahmen in der Münchner Unterfahrt, der weiß, dass das Trio hier wie da sein Publikum zu begeistern versteht.

Balladen

Was auch kein Wunder ist: Moritz Renner verfügt über einen zum Niederknien schönen Balladenton und kann offenbar auch sonst alles, was man auf einer Posaune spielen kann – Mangelsdorffsche „Multiphonics“ inklusive – wie leichterdings aus dem Ärmel schütteln. Nils Kugelmann verbindet auf dem Kontrabass die flinke Behendigkeit des kleineren E-Instruments mit dem volltönender warmen Klang des großen Bruders, zeigt sich ähnlich flageolettverliebt wie einst Jaco Pastorius und hat bereits jetzt einen ganz eigenständigen, melodieseeligen Ton, für den es keine Vergleiche mehr braucht. Und Valentin Renner verbindet am Schlagzeug die ganze moderne Raffinesse seines Instruments zum immer wieder staunenswerten Gesamtkunstwerk.

Supergroup

Aber was wären drei herausragende Instrumentalisten ohne ein gemeinsames übergreifendes musikalisches Verständnis? Womit wir wieder bei den „Supergroups“ von einst wären: Allzu oft wurden diese, zumal in „Fusionjazz-Zeiten“, so zusammengestellt, dass die Konzerte vor allem als Showcase der einzelnen Musiker fungierten: Höher, schneller, lauter – zeig, was du hast und kannst. Davon hebt sich das Trio „Renner“ – wie übrigens eine ganze Reihe junger Musikerinnen und Musiker heutzutage – insofern höchst erfreulich ab, als die Virtuosität hier kein Selbstzweck mehr ist, sondern etwas, das wie selbstverständlich verfügbar zu sein scheint und immer in den Dienst der Musik gestellt wird. Bei „Renner“ komponierte Moritz neun der elf Stücke ihres Debütalbums. Zwei davon schrieb Valentin, darunter die wunderschöne Ballade „Blessing“. Nach dem begeistert gefeierten Auftakt in München ist das Trio noch bis Juni auf Tour – ein Live-Erlebnis, das sich niemand entgehen lassen sollte.

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