Performance, Jazz, Pop, Gitarrensound und Big Band Power: Monika Roscher spielt auf

Gitarristin und Sängerin Monika Roscher gastiert  mit ihrer Bigband im Regensburger Jazzclub im Leeren Beutel  und wird stürmisch gefeiert.

In Monika Roscher steckt von vielen etwas. Vom extraterrestrischen Bigband-Leader Sun Ra etwa mit seinen spacigen Auftritten. Von Björk mit ihrer eigenwilligen elfenhaften Stimme. Von den Royals mit ihren extravaganten Kopfbedeckungen. Und natürlich von Duke Ellington bis Maria Schneider und Carla Bley, Bandleaderinnen mit charismatischen Fähigkeiten, die sich eigene Pfade im zeitgenössischen Jazz gesucht haben. Vor allem aber steckt Roscher selbst voller Ideen, Kreativität, einer ungekünstelten Direktheit und dynamischer Energie. Wenn es nicht so abgedroschen und zudem reichlich sexistisch klänge, müsste man sie als Powerfrau bezeichnen.

Heuer rollte sie bereits zum siebten Mal mit ihrer Bigband eine für viele allzu geruhsame und besinnliche Weihnachtsstimmung von hinten her auf. Dabei spürte man von der herzlichen Begrüßung bis zur unvermeidlichen Zugabe, ihrem einzigen Liebeslied „When I Fall In Love“, wie sie verrät, die gleiche Frische und Ausdruckskraft, wie bei ihrem lang zurückliegenden Debüt beim Jazzclub im Leeren Beutel. Die musikalische Klasse und künstlerische Vielfalt der Komponistin und Arrangeurin hat sich inzwischen so weit herumgesprochen, dass die Bigband praktisch jedes Jahr ein Heimspiel mit voll besetztem Haus absolvieren kann.

Die aus Franken stammende Musiker, die einen Tag vor Silvester ihren 40. Geburtstag feiert, wechselte während des Konzertes ständig ihre Rollen. Ließ sie im mystisch-dunklen  „Queens of Spades“ noch ihre abblätternde Fender Stratocaster heulen und zum aufkommenden Hexensabbat tanzen, schubst sie mitten im Spiel das Instrument nach hinten auf den Rücken und gibt der Band Zählzeiten für ihren Einsatz vor. Wenig später drehte sie sich wieder zum Publikum und singt von düsteren Prophezeiungen der Spielkartenfigur aus dem Tarotstapel.

Im ersten Teil des mächtig groovenden Programms, stellte die Band „Orte, die wir gern besuchen“ vor. Nach der Pause ging die musikalische Reise „auf der Metaebene“ weiter, wie Roscher mit sympathisch fränkelndem Zungenschlag erklärte. Zu den Orten aus dem jüngsten Album „Wichty Activities And The Maple Death“ zählten dann die Stätte wo  Hexen ihr magisches Gebräu ansetzen, die Freiheit der Luft, die der „Firebird“ durchkreuzt, die „Wüste“, aber auch die – musikalische – Karibik in den „Caribbean Dreams“. Es sind komplex angelegte, polyrhythmische und oft schnelle Stücke, bei denen viele Zuhörende mitgehen, manchmal bis zum haedbangen im Sitztanz.

Stilistisch ist die dichte, kraftvolle Musik, die Roscher für ihre Band geschrieben hat, eigentlich nur noch unter dem Überbegriff Popularmusik einordenbar. Es spielen karibische und Latinrhythmen mit hinein, elektronische Sounds mit Keyboard und Theremin deuten in Richtung Electro und Dancefloor. Es ist ein wilder Ritt aus Indie-Rock, Jazz und Popelementen, minimalistischen Formen und mächtigen Bläsersätzen, auf denen ekstatische Soli wie Fettaugen schwimmen. Was Roschers Kompositionsstil insgesamt auszeichnet, ist die filmreife Bildhaftigkeit, die ganze Landschaften und skurrile, erschreckende, unwirkliche Geschichten in den Köpfen der Zuhörenden entstehen lässt. Davon zeugen auch die vielen Gruppen und Grüppchen, die sich nach dem stürmisch gefeierten Konzert im Foyer und auf der Gasse vor dem Beutel bildeten und noch euphorisiert von der Musik ihre Eindrücke loswerden mussten.

Obwohl die Band seit ihrer Gründung erst drei Alben veröffentlicht hat, sind Roscher und ihr Ensemble fabelhafter Instrumentalisten mehrfach ausgezeichnet worden. Neben dem Preis der deutschen Schallplattenkritik bekamen sie heuer den Deutschen jazzpreis zugesprochen. Eine durchaus verdiente Anerkennung für eine Musik, die orchestrale Opulenz, lyrische Feinheiten und rockinspirierte Wucht aufs mitreißende Weise verbindet.

Text und Fotos: Michael Scheiner

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