Life Is Great: Ein Quartett bastelt facettenreich am Weltruhm

Der Schlagzeuger und Komponist Johannes Koch geht Anfang 2025 mit seiner neuen Band „Life is Great“ auf Tour: Jazzzeitungs-Autor Michael Scheiner hat ihn getroffen und  stellt die Musiker und ihr Combo-Konzept vor, das sich zwischen naiver Einfachheit und komplexer Rhythmik, zwischen Rockmusik und Allem bewegt.  

„Da spielt ein Saxofonist mit – das ist Jazz“, hört man gelegentlich als Einschätzung von eher unbedarften Musikkonsument*innen. Wenn es so einfach wäre. Schlagzeuger Johannes Koch beharrt darauf, dass „Option A“, das Debütalbum seiner neuen Band Life Is Great Rockmusik beinhaltet. Falsch liegt er damit keineswegs, aber auch nicht richtig. Nimmt man Witterung auf und folgt der musikalischen Spur von „Oxford“ über „No Stuart“ bis zum rhythmisch vertrackten, krummkurvigen „Feel“ hat man nach kurzer Zeit bereits verschiedene stilistische Fäden im Ohr. Die zerfasern alle nach und nach und verzwirln sich zu unerwarteten spannenden Kombinationen.

Ganz in der Ferne blinken der Jazzrock und Electric Jazz der 1980er Jahre von Bands wie OM und Electric Circus auf. Jüngeren mögen diese Referenzpunkte und Bands kaum noch etwas oder garnichts mehr sagen, ihnen geben Vampire Weekend oder der kanadische Gitarrist Mac DeMarco sicher weit eher ein Aha-Erlebnis. Für den geradlinigen Poprocksong „Happy Cargo“ gibt Koch, von dem das gesamte kompositorische Material des Albums stammt, noch die australischen Men At Work an. Es sei „eine Verbeugung vor einer der besten Platten in meinem Leben“, schreibt er, „nichts lief in meiner Kindheit und Jugend so oft und ein wenig zu laut  (…).“

Wie eine Space-Artrock-Freejazz-Session hört sich das knapp über zweiminütige „Interlude“ an. Es ist ein kurzer Ausschnitt aus einer halbstündigen freien Improvisation, die die Band am ersten Tag der Aufnahmen abends aufgenommen hat. Fast nahtlos geht es von den postmodernen Weltraumflügen in die Ballade „Anleger / Kurve 2327“ mit einem coolen eigenwilligen Bass über. Der im Sound sehr warm gehaltene E-Bass von Thörbjørn Stefansson spielt auf allen Stücken eine gewichtige tragende Rolle, die weit über das hinausgeht, was einen Rockbassist üblicherweise ausmacht. Synthi und Gitarre verschmelzen hier zu einer mystisch-getragenen Einheit, die an die nordischen Seelenlandschaften der ersten Jahre von ECM-Veröffentlichungen erinnern – und ist eigentlich nur einer Berliner U-Bahn-Kurve gewidmet.

Das für manche Hörer*innen vielleicht verwirrende Debüt bietet ein außerordentlich  spannendes Erlebnis voller Vielfalt, vitaler Energie und antisnobistischer Vertracktheit. Zunächst war gar keine Veröffentlichung geplant. Die Stücke hatte Koch für die erste  Tour geschrieben und in einem Proberaum zur Dokumentation aufgenommen. Nach der Tour zeigte er die Aufnahmen Jonas Holle. „Ich wollte LoFi, wollte dass es drückt und die Energie unserer Liveshows transportiert wird“, erklärte Koch zu seiner Wahl des Indie- und Pop-Produzenten, den er von früher her kannte.

Mit der neuen Band Life is Great bringt Koch die vielen Facetten seiner bisherigen Projekte von Indierock bis zeitgenössischen Jazz mit dem Linntett von Kira Linn unter einen Hut. Dass die Band so heißt, wie sie heißt und damit einen unverhüllten Optimismus, eine Zuversicht und Lebensfreude in einer Zeit ausstrahlt, in der schrilles Klagen und düstere Angstmacherei das gesellschaftliche und kulturelle Klima zu beherrschen versuchen, findet sich auch in der Musik wieder.

Koch schreibt schon länger Sachen, die zwischen den Welten liegen. Selbst fand er sie oft zu kompliziert, zu einfach, inspiriert von der Plattensammlung seiner Eltern, der 10er Jahre  Indie-Disko und natürlich Jazz. Übers Studium am Jazzinstitut in Berlin hat er mit Asger Nissen (Sax und Synth), Johannes Mann (Gitarre) und Thörbjørn Stefansson (E-Bass) seine Rockband gefunden, die ihre Fühler auch in den Jazz ausdehnt. Damit „fühlt sich Musikmachen wieder so an, als würde man im Keller der Eltern am Weltruhm basteln“, verrät er mit gesunder Selbstironie.

Text: Michael Scheiner
Beitragsbild: Lukas Diller

Info: Option A, Owl Way Records Vertrieb: Galileo, CD und digital, OW5 Labelcode: 101796

  • Tourdaten:
    15.01.2025 Berlin / Donau
  • 16.01.2025 Leipzig / Subbotnik
  • 17.01.2025 tbc
    18.01.2025 Nürnberg / Jazzstudio
  • 08.05.2025 Regensburg / Leerer Beutel 09.05.2025 tbc
    10.05.2025 Büchenbach / Concrete Jungle Jazzclub

Weitere Informationen: www.johannes-koch-music.de/projects

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