Zwischen Fugen und Jazz: CD von Florian Willeitner

Die Fuge neu zu denken, ist keine leichte Aufgabe. Doch genau diesen Versuch hat der Geiger und Komponist Florian Willeitner mit seinem neuesten Album „What The Fugue“ gewagt. Gemeinsam mit seinem „New Piano Trio“, bestehend aus Ivan Turkalj am Cello und Alexander Wienand am Klavier, balanciert Willeitner meisterhaft zwischen der strengen Struktur der Fugenkunst und der Freiheit des Jazz.

„What The Fugue“ ist dabei mehr als nur eine Hommage an die barocken Meister. Es ist eine Reise durch verschiedene musikalische Welten, die Willeitner geschickt in vier sogenannte „Keys“ unterteilt hat. Diese vier Tonsprachen repräsentieren die Einflüsse, die das Album prägen: vom Orient über experimentelle Harmonien bis hin zu Bach und einer humorvollen Anspielung auf Prokofjew. Jedes Stück spiegelt Willeitners tiefgehende Auseinandersetzung mit der jeweiligen Musiktradition wider und zeigt, wie diese scheinbar unterschiedlichen Welten mit der Fuge in Einklang gebracht werden können.

Der erste Key „Orient“ fasziniert durch die geschickte Integration rhythmischer und klanglicher Elemente aus der nahöstlichen Musiktradition. Diese werden nahtlos mit westlichen musikalischen Strukturen verwoben. Ihren Beginn bildet „Tigran’s Prelude“, das als Hommage an den Pianisten Tigran Hamasyan konzipiert ist. Als sanftes, atmosphärisches Vorspiel bereitet es die Bühne für die nachfolgende Fuge und führt zugleich subtil in die Vielschichtigkeit des thematischen Materials ein.

Nach einer musikalisch ausdrucksstarken Fuge, folgen mit dem zweiten Key „The Super Ultra Hyper Mega Meta“ fünf „Dimensions“ – ein musikalischer Kontrast zum ersten Teil der CD. Diese fünf Stücke, die sich terminologisch als Variationen um den Begriff „Präludium“ präsentieren, bleiben jedoch musikalisch hinter den Erwartungen zurück. Statt klarer Differenzierung der thematischen Ansätze entsteht hier ein undurchdringlicher musikalischer Nebel. Die einzelnen Tracks verschmelzen ineinander, so dass die Unterschiede und Besonderheiten, die die verschiedenen Titel suggerieren, nicht mehr deutlich hörbar werden. Die terminologischen Feinheiten bleiben dadurch bloße Theorie, ohne dass sich diese in einer überzeugenden musikalischen Umsetzung widerspiegeln.

Der dritte Key „Bach“ bringt nun den erlösenden musikalischen Ausbruch. Hier nähern sich Willeitner und Alexander Wienand, den barocken Fugen-Traditionen auf erfrischend moderne Weise. Angelehnt an Bachs Wohltemperiertem Klavier überzeugen beide Komponisten mit einer Mischung aus kontrapunktischen Kompositionstechniken und dem Versuch, diese in die erweiterte Tonalität zu führen. Vollendet wird dies durch die Integration von jazzigen Elementen. Diese Dreierkombination aus Tradition, Neuer Musik und Jazz bildet dabei den Höhepunkt der ganzen CD.

Ein kleiner musikalischer Gruß folgt zum Schluss an Sergej Prokofjew. Mit dem Key „The Twinkle“ sollen die Werke mit einem Augenzwinkern an den Lieblingskomponisten von Willeitner erinnern. Diese Hommage gelingt sowohl dem Komponisten als auch dem Trio auf meisterhafte Weise und rundet die Aufnahme ab. So bietet das Präludium mit Fuge wieder eine verblüffende, fast psychedelische Interpretation der Fugentradition.

Willeitners neues Album „What The Fugue“ ist ein musikalisch-kulturelles Abenteuer zwischen Bach’scher Kontrapunkttraditionen und westafrikanischer Groove- und Jazzmusik und ist ebenso intellektuell herausfordernd wie emotional bewegend. Es überzeugt mit seiner Reise in vier verschiedene Tonsprachen, die die Fuge als verbindendes Element gemeinsam haben.

Autorin: Valeska Maria Baader
Beitragsfoto: Andrej Grilc

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