(Text & Fotos: Thomas J. Krebs) Seit mittlerweile 21 Jahren lässt Unterföhring es jazztechnisch einmal im Jahr besonders krachen – beim Internationalen Jazz-Weekend! So gab es auch dieses Jahr wieder sowohl Bewährtes als auch so manche musikalische Überraschung im Bürgerhaus der Gemeinde. Soviel schon vorab: es war mal wieder ein ereignisreiches, wohltuendes Wochenende.
Beeindruckend: Dominique Fils-Aimé
Den offiziellen Startschuss des Jazz-Weekends bestritt traditionell die Jazzbande diesmal mit einem „Jazz-Quiz“ für alle großen und kleinen Musik- wie Jazzinteressierten. Den Auftakt der internationalen Konzertreihe gab die aus Quebec stammende kanadische Singer- und Songwriterin Dominique Fils-Aimé mit ihrer Band. Vor dem Konzert gab es – mittlerweile eine wunderbare Tradition – die Begrüßung des Publikums durch die Leiterin des Kulturamtes Barbara Schulte-Rief sowie eine profunde Konzerteinführung mit Oliver Hochkeppel (SZ) und der Künstlerin. Durch geschickt gestellte Fragen eröffnete sie so aufschlussreiche Einblicke in ihre Musik und Schaffen. Es folgte ein Abend, den das Publikum so schnell nicht vergessen wird.
Fils-Aimé betrat die Bühne im langen schwarzen Kleid, barfuß, setzte sich im Schneidersitz auf das Podest in der Mitte der Bühne und begann die ersten Minuten mit einem Solo, das unbeschreiblich persönlich und berührend ihr Publikum in Bann zog. Danach gab es einen Parforceritt durch ihr Werk: von der Geschichte der afroamerikanischen Wurzeln bis hin zu ihrer neuen Trilogie „Our Roots Run Deep“, inspiriert von Ikonen wie Billy Holiday, Etta James oder Nina Simone. Ihre Band um Keyboarder David Osei-Afrifa und Schlagzeuger Harvey Bien-Aimée spielten und verstärkten den Spirit. Ein besonderer, berührender Abend mit viel Soul, Jazz und feinen Improvisationen.
Nachdenklich: Christian McBride’s New Quintet
Am Abend darauf der eigentliche Headliner des Festivals: Christian McBride mit seinem New Quintet. Im Nachgang hinterließ der mit Spannung erwartete Bassist Christian McBride viele Fans ein wenig ratlos. In den 90 Minuten des Konzertes wurde zwar ein abwechslungsreiches Programm präsentiert: Eigenkompositionen, Standards wie Herbie Hancocks „Dolphin Dance“ oder Chick Coreas „La Fiesta“, aber so richtig zündete es nicht. McBride und seine Band spielten eher mit angezogener Handbremse als es richtig krachen zu lassen, wie man es sowohl von Keyboarder Mike King oder Schlagzeugerin Savannah Harris gewohnt ist. Auch die Soli von Saxophonistin Nicole Glover und Gitarristen Ely Perlman waren an dem Abend eher brav als bahnbrechend. Bei einer solch hochkarätigen Band erwarten die Zuhörer einfach mehr als eine technisch lupenreine Jazz-Session.
Grandios: Emilio Solla & Antonio Lizana
Den krönenden Abschluss des Jazz-Weekends bestritten der Pianist Emilio Solla gemeinsam mit dem Sänger und Saxophonisten Antonio Lizana im Quartett mit dem Bassisten Pablo Martin Caminero und Ferenc Nemeth am Schlagzeug. Mitreißend von der ersten Minute präsentierten sie ihr revolutionäres Jazz-, Tango- & Flamencoprogramm. Neben ihren, auf dem aktuellen Album vertretenden eigenen Kompositionen, spielten sie herrlich arrangierte Klassiker wie Chick Coreas „Crystal Slience“ oder den Klassiker „Luna Tucumana“. Nach der ersten geplanten Zugabe gab es, nach tobendem Applaus, noch ein berührendes Duo der beiden Ausnahmemusiker.
Was für ein herrliches Jazz-Wochenende – volles Haus, das Publikum begeistert! Die Musiker entspannt und bestens gelaunt. Gute Gespräche vor und nach den Veranstaltungen, alles ein großes Miteinander, das nicht nur jazzmäßig verbindet. Das Internationale Jazz-Weekend Unterföhring ist sowohl für Zuhörer als auch für die Musiker ein besonderes Festival. Die vom Veranstalter und dem ganzen Team geprägten guten Vibes zeichnen dieses einzigartige Weekend aus! Intimes Ambiente, statt großem, unpersönlichen Festivalzirkus. Die direkte Nähe der Musiker zum Publikum, ein ausgewogener, perfekter Klang und das tolle Ambiente im Bürgerhaus sorgten für beste Stimmung.