Zwischen Hardbop und Modern: CD von Werner Pusch  

75 ist kein Pappenstiel, da kann man schon zurückschauen und die eigenen Leistungen in den Blick nehmen. Wenn diese dann vor den eigenen und den Ohren anderer noch Bestand haben – sogar ohne nostalgische Verklärung oder Schönfärberei – steht einer Wiederveröffentlichung nichts mehr im Weg.

So geschehen mit dem „meine Ziele“ (My Destination) betitelten Album des durchaus reisefreudigen Trompeters und Flügelhornisten Werner Pusch. Gerade mal 31 Jahre war der gebürtige Münchner alt, als er die Aufnahmen für die Schallplatte 1980 mit dem für seine ECM-Produktionen berühmten Tonmeister Martin Wieland in den Bauer Studios mit einem Quintett einspielte. Fünf Kompositionen waren seinerzeit auf „My Destination“ in die Rillen gepresst, zwei von Pusch, die übrigen von Pianist Peter Kosch. Während ihrer Hochphase in den 70er/80er Jahren des letzten Jahrhunderts war die Band viel im Raum zwischen Frankfurt und Heidelberg unterwegs und spielte in amerikanischen und deutschen Clubs. „Sandra“, „Demiané“ und „Tango For Patricia“ sind Titel, die damals live bei Gigs der Band zu hören waren. Dabei bestechen die zupackenden solistischen Höhenflüge ebenso, wie die boppigen Unisono-Passagen aus Wilson de Oliveiras Tenor und Trompete in „Peterchen ́s Mondfahrt“.

Changierender Sound

Die exzellenten, mittlerweile digitalisierten Aufnahmen beinhalten einen zwischen Hardbop und Modern changierenden Sound, wie er auch heute noch öfter in Clubs und Hotelbars zu hören ist. Anläßlich seines 75. Geburtstags hat der seit längerem in Südafrika lebende Pusch die Wiederveröffentlichung forciert. Im Laufe des Jahres sollen weitere vergrabene Schätze von Pusch mit verschiedenen Besetzungen neu aufgelegt werden. Bis Jahresende ist geplant alle Alben Pusch` einzeln und kompakt in einer Box zu veröffentlichen. Als Partner hat er sich dafür das uniSono Label von Patrick Römer ausgesucht. Der hat sich bereits mit der Veröffentlichung von Inge Brandenburg und Belina Meriten erworben. Pusch, der neben Musik auch Jura studiert und in diesem Bereich gearbeitet hat, ist heute als internationaler Projektberater und Unternehmer tätig. Damit weist seine musische und berufliche Entwicklung Parallelen zur Karriere des etwas älteren, schweizerischen Trompetenkollegen Franco Ambrosetti auf. Daneben macht Pusch bis heute weiterhin Musik in seiner jetzigen Heimat. Mit der Neuauflage der alten Alben macht er auch ein Stück deutscher Jazzgeschichte wieder zugänglich. Zugleich wird die hohe Qualität sowohl der Aufnahme, wie der damals vor allem im Großraum um Frankfurt herum sehr dynamischen Szene eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

 

 

 

 

 

 

CD:

Werner Pusch Quintett, My Destination, uniSono Records 2024 / Vertreib: Edel (aufgenommen 1980, Bauer Studios Ludwigsburg)

Werner Pusch (Trompete), Wilson de Oliveira (Tenorsax), Peter Kosch (Piano), Jochen Schaal (Bass), Thomas Zahn (Drums)

Titelfoto: Michael Scheiner

Der tägliche
JazzZeitung.de-Newsletter!

Tragen Sie sich ein, um täglich per Mail über Neuigkeiten von JazzZeitung.de informiert zu sein.

DSGVO-Abfrage

Wir senden keinen Spam! Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.

Ein Kommentar

  1. Herzlichen Dank fuer die positive Rezension. Bemerkt sei, dass wir in dieser Besetzung die Standards der Bebop und Harbop auf unseren Auftritten spielten; die 5 heads der Kompositionen von Peter und mir, uebten Wilson und ich ein einziges Mal in Frankfurt im grossen Aufnahmedsaal des HR und spielten das ganze dann am 02 Oktober 1980 zwei Tage vor meinem 31sten Geburtstag in Bauer Studios in Ludwigsburg life ein.

    Ich muss selbst zugestehen, dass ich wirklich beeindruckt war und weiterhin bin ueber die Aufnahmen auf LP und CD und sie nach so vielen Jahren wieder zu hoeren und dann noch so viel Anerkennung von Euch allen zu bekommen.

    Es war im wahrsten Sinn des Wortes eine “ tolle“ Band …insbesondere Peter war dafuer „feder-„fuehrend verantwortlich. Eingeweihte von damals wissen wovon ich rede,….?

    Wir werden die Platte jetzt nochmals mit 500 Exemplaren auflegen und als bonus Stueck “ Round Midnight in Basel“ – frei nach Thelonious Monk- im duo von Kirk Lightsey piano ( recorded im Mai 2018 in Basel) und mir auf der fast 2kg schweren INOX Trompete , von Thommy Inderbinen, die seit ueber 20 Jahren zu meinen Lieblingshoernern gehoert, veroeffentlichen.

    Das wird das ganze abrunden und dem proverb “ 75 Jahre und kein bischen leiser“ Ausdruck verleihen…dieses Lieblingsstueck von mir einmal mit einem Kaliber wie KIRK einzuspielen war und ist eigentlich immer my Destination gewesen….Es ist also jetzt vollbracht!

    Das Foto ist uebrigens von diesen letzten Aufnahmen in Basel.

    Liebe Gruesse und herzlichen Dank aus Kapstadt

    Werner Pusch

    Klaus-Werner Puscg

Kommentare sind geschlossen.