Zwei Debutalben und die große Renovierung standen letzte Woche Donnerstag im Münchner Jazzclub Unterfahrt unter anderem als Highlights auf dem Programmzettel. Nach siebzehn Jahren wurde das Clubmobiliar der Unterfahrt komplett erneuert. Gut 700.000 Besucher haben bis dato ca. 2,5 Millionen Stunden Musik im Club darauf verbracht und Jazz vom Feinsten genossen. Die neuen Stühle, Tische und Bänke fügen sich wunderbar in den Club ein und sind herrlich bequem. Darauf lassen sich die Konzerte nun noch entspannter genießen. Aber zurück zum eigentlichen Thema. Das Moritz Stahl Quintett und Nico Weber mit seinem Kwartett haben aktuell zwei Debutalben am Start, veröffentlicht auf dem Schweizer Label Unit Records, die im Rahmen eines Doppelkonzertes in der Unterfahrt vorgestellt wurden.
Das Moritz Stahl Quintett mit Traumsequenzen
Gleich zu Beginn startet der Münchner Saxophonist Moritz Stahl durch, zusammen mit Philipp Schiepek an der Gitarre, dem Pianisten Julius Windisch, Lorenz Heigenhuber am Bass und dem Schlagzeuger Fabian Rösch (auf der Unit Aufnahme spielt Leif Berger). Mit seinem Debutalbum „Traumsequenz“ zeigen Moritz Stahl und seine Band musikalische Wege auf, sich in freier Improvisation und tiefgründigem gemeinsamen Spiel auszudrücken. Hier wechseln traumhafte Themen zu offenen Formen im Zusammenspiel, während immer wieder harmonisch bindende Sequenzen zu musikalischen Tiefen führen. Inspiriert werden widerkehrende Sequenzen zitiert, darüber improvisiert, wie im Traum wiederholen sich Abläufe, um gleich darauf in abwechselnden Rhythmen Grenzen von Raum und Zeit aufzuheben. Keine süßen Träume, aber auch keine Albträume, sondern vielmehr ein Wechsel zwischen musikalischen Welten und kompositorischen Räumen. Zwischen den mit „Episoden 1-5″ betitelten durchnummerierten Stücken gibt es zwischendurch mal lyrische Ausflüge „Olivers Pensive“, assoziative Klänge in den „Traumsequenzen“ oder z.B. das wunderbar rhythmisch relaxt swingende Stück „Aiglaston“. Moritz Stahl begeisterte mit seinem Quintett das Publikum im ausverkauften Club und überzeugte vom ersten bis zum letzten Ton.
Nico Webers Kwartett startet duch
Nach einer kurzen Pause präsentierte Nico Weber sein Debut „Ela“ im Kwartett, bestehend aus Maxim Burtsev am Piano, dem Bassisten Jakob Jäger und Schlagzeuger Leo Ebert. Schon ein Pfund, als sie auf der auf der Bühne loslegen. Überraschend insofern, als dass es sich beim dem Kwartett mehr oder weniger um „Newcomer“ handelt, die ihr Publikum sofort im Griff hatten und von Anfang an überzeugten. Stilistisch dem klassischen Hardbop verbunden, wurden musikalische Freiräume genutzt und Webers Ideen brillant umgesetzt. Genau wie bei Moritz Stahl wurden hier keine Standards bemüht, sondern ausschließlich Eigenkompositionen gespielt. Tiefgründig, ausdrucksstark und direkt wurde auf höchstem Niveau musiziert. Bei der Komposition „Ela“ kam schließlich Moritz Stahl mit auf die Bühne (auf dem Album übernimmt Florian Trübsbach diesen Part). So gab es an dem Abend auch noch ein gelungenes Miteinander.
Die lokale Szene lebt
Es ist begeisternd wenn man sich vor Augen führt, was an dem Abend passiert ist: zwei Münchner Musiker präsentieren ihre Debütalben. Das Niveau ist unglaublich, die Professionalität steht außen vor. Alles in allem war das einmal wieder ein Abend voller Überraschungen und gleichzeitig die Bestätigung dafür, dass die lokale Szene lebt, man ihr zuhören sollte und sie sich im internationalen Vergleich absolut behaupten kann. Alles was guter Jazz braucht war den Abend präsent: Ausdrucksstarke Stücke, vielschichtiges Spiel, beseelte Improvisationen, diverse Klangfacetten und ein Publikum, das sich darauf eingelassen hat und mitreißen ließ!
Beide Alben sind auf dem Label Unit Records erschienen und als CD, LP, Download oder auch per Stream verfügbar.
Moritz Stahl Quintett: Traumsequenz Unit / Membran URT 5147
Nico Weber Kwartett: ela Unit / Membran URT 5130
Text & Fotos: TJ Krebs
Inhaltsreicher Artikel klasse geschrieben, sehr interessante Angaben darin! Prima auch die Bilder!