Das Quartett von Diknu Schneeberger und Christian Bakanic stellt sein gefeiertes Debütalbum beim Jazzclub vor
Fast sieben Jahre ist es her, dass Helmut Nieberle den damals 27-jährigen Diknu Schneeberger zu einem Konzert in den Thon-Dittmer-Hof eingeladen hatte. Der verstorbene Regensburger Musiker und Pädagoge förderte häufig andere Gitarristen und liebte es, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Schneeberger galt damals schon als herausragender junger Gypsy-Gitarrist, der gerade dabei war, aus dem Schatten seines Vaters Joschi Schneeberger herauszutreten. Nachdem er mit 14 begonnen hatte, Gitarre zu lernen und bereits nach zwei Monaten an seiner ersten Cd-Aufnahme beteiligt war, spielte er viele Jahre in dessen Band.
Ein fulminanter Erfolg und eine ungewöhnliche Kombination
Jetzt gastierte der Autodidakt, dessen einstiger Ruf als Wunderkind seiner Entwicklung zeitweise im Weg stand, mit dem Bakanic-Schneeberger-Quartett beim Jazzclub im Leerer Beutel. In einem begeistert gefeierten Konzert stellte die Wiener Band ihr Debütalbum „Avanti, Avanti“ vor. Entstanden ist es während der Coronazeit und wurde vergangenes Jahr auf dem Preiser-Label veröffentlicht. Der obligatorische Verkaufsstand im hinteren Teil des Leeren Beutels war nach dem Konzert derart belagert, dass die im Akkord Autogramme verteilenden Musiker kaum mehr erreichbar waren.
Für den profilierten Gitarristen war es ein Glücksfall, dass er auf den virtuosen Akkordeonisten Christian Bakanic gestoßen war. Da hatte er sich bereits mit seinem eigenen Trio als Bandleader emanzipiert und lud Bakanic als Gastsolist zu Konzerten ein. Das Zusammenspiel erwies sich als derart fruchtbar und erfolgreich, dass der Schritt zum gemeinsamen Leadership nur folgerichtig war. Musikalisch öffneten sich für den Gypsy-Swing-Musiker Schneeberger ebenso neue Horizonte, wie für den virtuosen Bakanic. Der ist bestens mit Balkanfolklore und der Volksmusik seiner burgenländischen Heimat vertraut. Die Kombination der verschiedenen Hintergründe hat eine eigenständige Klangwelt hervorgebracht. Die umfasst vom mitreißenden Balkangroove, über die rasante Polka, Anklänge an den Musette-Walzer bis zum kammermusikalischen Sound ein unerwartet breites Spektrum.
Ungewöhnliche und souveräne Begleiter
Befeuert wird dieses musikalische Alpen-Balkan-Gypsy-Breitwandkino durch die Virtuosität und Leidenschaft, mit der sich die beiden Bandleader bei ihren leuchtenden Improvisationen auf den Fersen sind. Diese kreativen Höhenflüge werden von einer einfühlsamen Rhythmusgruppe mit Martin Heinzle am Kontrabass und Julian Wohlmuth, Rhythmusgitarre, getragen, die höchst verlässlich die Basis für die Solisten schafft.
Bei den unvermeidlichen Zugaben, dem tausendfach gecoverten Liebeslied „Besame Mucko“ und die kaum weniger beliebte Soulnummer „Sunny“, konnten die beiden wunderbaren Begleitmusiker auch ausgiebig ihre solistischen Fähigkeiten zum Ausdruck bringen.
Ein heimatnahes Konzert
Thematisch, erläuterte Bakanic in einer Anmoderation, hätten sie sich bei dem ersten Album von Landschaften, Städten und Personen inspirieren lassen. „Pannonia“, das seinem Namen treue „Swing de Vienna“, aber auch „River Tales“, Flussgeschichten sind Ausdruck dieser heimatlichen Verbundenheit der beiden Komponisten Schneeberger und Bakanic. Anrührend, das sehnsuchts- und liebevoll klingende „Yuna“, das Schneeberger seiner kleinen Tochter gewidmet hat. Einer wilden (Polka-)Jagd gleicht das Titelstück „Avanti, Avanti“ vor allem auf dem Akkordeon, bei dem der emotional unglaublich ausdrucksstarke Bakanic geradezu einen Höhenflug hinlegte. Subtiler, dabei nicht weniger leidenschaftlich, nur mehr aus dem Inneren heraus, die Leichtigkeit und Grandezza Schneebergers auf der warm klingende Gitarre. Zurecht gab es dafür standing ovations.
Text und Fotos: Michael Scheiner