Von Michael Scheiner. Es liegt eine Zärtlichkeit und Bewunderung in diesen paar Noten, die Andreas Dombert auf den Saiten seiner Gitarre anschlägt, die ans Herz gehen. Den verspielten Meeresbewohnern, den „Dolphins near Venice“, widmet der Regensburger Musiker ein langes Intro, bevor sich Bassist Axel Kühn mit einem schön gerankten melodischen Motiv dazu gesellt. Man hört ihrem leichten, ein wenig in sich versunkenen Spiel auch dann noch an, dass sie diesen klugen Tieren echten Respekt entgegenbringen, wenn das einsetzende Schlagzeug plötzlich Haken schlägt und das Verspielte eine etwas härtere Gangart einnimmt.
Nachhaltiger Eindruck
Das sanfte Stück steht am Anfang des Debütalbums „unperfect buildings“ von openthebox, einem vom Ulmer Schlagzeuger Christian Krischkowsky gegründeten Trio. Auf einer kleinen Deutschlandtour präsentierte es vergangenes Jahr auch beim Jazzclub das Ergebnis langer Probewochen. Jetzt liegen diese auf Tonträger – und digital als download – vor und bestätigen den nachhaltigen Eindruck, den das Trio bei seinem Auftritt im Leeren Beutel hinterlassen hat.
Welche Kiste die drei hervorragend harmonierenden Musiker mit ihrem Album öffnen, lässt sich scheinbar erahnen, wenn man sich zwei weitere Songtitel anschaut – „Franz-Josef-Land“ und „Helmut“. Bei diesen könnte man auf eine intensive Beschäftigung mit dem Bundestagswahlkampf 1980 schließen, als Franz-Josef Strauß und Helmut Schmidt gegeneinander antraten. Weit gefehlt! Zu direkten politischen Bezügen lassen sich Jazzer nur selten hinreißen und wenn, dann verpackt in komplexen Kompositionen.
Franz-Josef und Helmut
„Franz-Josef-Land“ hat einen geografischen Bezug und leitet sich von einer Inselgruppe im Nordpolarmeer ab und „Helmut“ bezieht sich auf den vor acht Jahren verstorbenen Helmut Dietl. Den Meister-Regisseur und vor allem dessen Fernsehserie „Monaco Franze“ verehrt Krischkowsky als gebürtiger Münchner über alle Maßen. Er hat alle Songs des Albums geschrieben. „Der erste Tonabstand in meinem Stück bezieht sich tatsächlich auf die Titelmelodie von Monaco Franze“, schmunzelt Krischkowsky.
Dagegen liegt man richtig, wenn man beim schrägen „Please, Hold the Line, Thelonious!“ annimmt, dass sich der Song auf die Jazzlegende Thelonious Monk bezieht. „Ich war in einer Warteschleife am Telefon und musste irgendwelche Tasten drücken, nur, um dann doch aus dem Programm rauszufliegen“, erzählt Krischkowsky. „Es ist ein Zeichen unserer Zeit, dass einem oft der Ansprechpartner fehlt. Ich überlegte, wie wohl der eigenwillige Monk auf eine solche Zumutung reagiert hätte“, sinniert der Bandleader. Auf dem coolen Stück ist auch der britische Piano-Shooting-Star Kit Downes an der Hammondorgel zu hören. Mit seinen merkwürdigen Orgelklängen, die nichts mehr mit der traditionellen Soul-Jazz-Orgel eines Jimmy Smith zu tun haben, sorgt er für ein besonderes atmosphärisches Flair. Als Gastmusiker spielt er noch auf weiteren Songs mit.
Packend
Krischkowskys vielfältige Rhythmen wiederum verbinden sich auf höchst packende Weise mit Domberts Gitarrenklängen, die dieser völlig ohne Effektgeräte kreiert hat. Der Regensburger, der während seines Studiums auch ein Soloprogramm mit eigenen Stücken im Stil der Minimal Music entwickelt hat, ist am Samstag, 18. November, 19 Uhr, im Kulturforum Oberalteich in Bogen mit der Komposition „Exploring Bees“ zu hören.