CD-Rezension: Paolo Fresu & Omar Sosa – FOOD

Von Stephanie Knauer. Nicht erst nachdem Gioacchino Rossini vom Komponieren zum Kochen wechselte, weiß man, dass Musik und Essen eng befreundet sind. Die Idee zur beglückenden Fusion von Nahrung für Gaumen und Ohren entstand vermutlich bald nach der Erfindung der Musik.

Trotzdem gibt es keine Sättigung, sondern schmeckt immer: Musik und Essen haben vieles gemeinsam und bieten unendliche Varianten. Der 1961 im sardischen Berchidda geborene Jazztrompeter Paolo Fresu und der kubanische Pianist Omar Sosa (geb. 1965), beide Meister auf ihren Instrumenten, verbinden in ihrem dritten gemeinsamen Album die Ästhetik der feinen Klänge mit der des Kochens und der Kulinarik.

Food ist das Programm

„Food“ ist, nach den Vorgängern „Alma“ (2012) und „Eros“ (2016), kurz und knackig der Titel, aber auch das Programm. Der Musik beigemischt als eigenständiges Element sind Aufnahmen aus Restaurants und von Weingütern, von Geräuschen und Stimmen in diversen Sprachen, von klirrenden Gläsern, dem Zischen des Bratens, von Messern, die Gemüse schneiden und von der Geselligkeit beim Genießen.

 

Dem Album vorangestellt wurden außerdem zwei Zitate, die auf ein weiteres Anliegen deuten. Eines stammt von dem italienischen Politiker Sandro Pertini (1896 – 1990): „Si vuotino gli arsenali, si colmino i granai“, man soll die Arsenale leeren und die Getreidespeicher füllen. Essen statt Waffen – dieser Appell ist wieder beklemmend aktuell. Auch diesmal mit dabei ist der brasilianische Cellist Jacques Morelenbaum, außerdem wirken mit der Rapper Kokayi aus Washington DC, der italienische Sänger Cristiano de André, die südafrikanische Sängerin Indwe und der Amerikaner Andy Narrell an der Pantrommel.

Wie aus einem Guss

Jeder der Musiker ist eine Bereicherung, rhythmisch, instrumental, gesanglich. Trotz der Menge an stilistischen Zutaten sind die zwölf Nummern, die fast ausschließlich Kompositionen von Sosa und Fresu sind, wie aus einem Guss, dank des ästhetisch abgeschmeckten Masterings, der klanglichen und musikalischen Harmonie und der berückenden Klangschönheit etwa von Fresus Flügelhorn, Sosas Klavieranschlag oder Morelenbaums Cello-Ton.

Latin, Blues, Soul, Klassik, Chanson, Rap und Elektronik mischen mit, neben Weltmusik aus diversen Kulturen, und das vor allem aus dem Jazz, der sich als lebendiger kosmopolitischer Stil naturgemäß und auch heute nach vielen Seiten öffnet. Jeder Track ist ein Highlight, jeder hat einen besonderen Charakter und fügt sich trotzdem in den Gesamtcharakter wie ein perfekt abgestimmtes Menü in zwölf Gängen.

Humor im Spiel

Fluss und Groove wechseln mit Balladeskem, kecke Breaks bringen Humor ins Spiel, authentischer Sound mischt sich nahtlos mit Loops oder Klangeffekten. Dabei sind die drei Duos von Omar Sosa und Paolo Fresu, in Abständen eingestreut wie Interpunktionen, Gipfel in der Kunst des musikalischen Dialogs und von berührender Ruhe. „Food“ ist ein sehr gelungenes, schönes Album, modern und zeitlos, kein neues, aber die beglückende Variation eines Grundrezepts.

Label: Tük Music / edel Kultur

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