Dass man einen renommierten Kollegen bittet, „Liner Notes“, also einen Begleittext zu einem neuen Album beizusteuern, ist im Jazz nicht ungewöhnlich. Wenn kein Geringerer als Randy Brecker dies von sich aus anbietet, schon eher. Pianist Jermaine Landsberger staunte also nicht schlecht, als der Weltklasse-Trompeter ihn nach seinen neuen Aufnahmen für die CD „With Heart and Soul“ fragte, die er ab 16. November in Erlangen, Regensburg, Esslingen und Weiden präsentiert. „Wenn es mir gefällt, schreibe ich was“, meinte Brecker und lieferte prompt.
Was Landsberger besonders freute, ist die Tatsache, dass Brecker neben dem für die Textsorte typischen Lob („eine der besten Jazz-Aufnahmen, die ich in sehr langer Zeit gehört habe“) viel Gespür für das Besondere an Landsbergers Piano-Stil beweist. Denn bei aller Orientierung an der modernen Spielweise etwa eines Herbie Hancock klingt bei Landsberger doch immer etwas von seinem musikkulturellen „Gypsy“-Background als Sinto durch. „Selbst in den USA wurde ich darauf angesprochen“, erzählt Landsberger im Gespräch: „Ich hätte einen individuellen Touch, der damit zu tun haben muss, hieß es da oft.“ Randy Brecker hört eine „harmonische Sensibilität, die einem eine Träne ins Auge drückt, aber gleichzeitig wie verrückt swingt“, so sein Kommentar, der sich im englischen Original natürlich cooler liest.
Die zwei Seelen, die in Jermaine Landsbergers nach wie vor explosivem, mittlerweile aber auch sehr reflektierten Tastenspiel wohnen, gehören also untrennbar zusammen. Auf der CD „With Heart and Soul“, die Mitte November beim Label GLM erscheint, zeigt sich das in einem selbstverständlichen Nebeneinander von Gästen wie Saxophonist Tony Lakatos, Trompeter Axel Schlosser und Akkordeonist Marcel Loeffler. Letzterer bringt neben seiner musikalischen Herkunft aus der französischen „Manouche“-Tradition auch den „New Musette“-Stil eines Richard Galliano ganz selbstverständlich in den modern-zeitlosen Bandsound ein.
Der wird von Landsbergers Kompositionen und vom energetisch aufgeladenen Triokern geprägt, in dem der Leader von zwei Koryphäen ihres Fachs getragen wird: Darryl Hall am Bass und Donald Edwards am Schlagzeug. Für den Drummer, der wegen einer Tourverlängerung in den USA nicht bei den CD-Release-Konzerten dabei sein kann, hat Landsberger mit dem großen Gregory Hutchinson ebenso prominenten Ersatz gefunden wie für Tony Lakatos. An dessen Stelle tritt bei den kommenden Terminen mit Rick Margitza ein anderer Saxophonist mit Roma-Background.
Der wird dann jener Nummer des hörenswerten Albums seinen Stempel aufdrücken dürfen, mit der sich Landsberger vor der großen, von Csárdas und anderen ungarischen Musikstilen geprägten Roma-Tradition verbeugt: „Gypsynight in Budapest“ spannt, eingeleitet von einer schönen Cymbalom-Andeutung, einen großen, sehnsüchtigen Melodiebogen aus, wir er im zeitgenössischen Jazz selten geworden ist. Die eher von der Klassik kommende Harmonik habe ihn schon immer angesprochen, sagt Landsberger, und das hört man dieser herzerwärmenden Hommage auch an.
Termine:
16.11.22: Erlangen, Stadtsaal Rathsberg
17.11.22: Regensburg, Jazzclub
18.11.22: Esslingen, Jazzkeller
19.11.22: Weiden, Jazz-Zirkel
https://jermainelandsberger.com
Text: Juan Martin Koch
Foto: Giovanni Weiss