Fisch und Fischer schuhplatteln – Christian Kühn vertont Grimm’sche Märchen

„Manntje, Manntje, Timpe Te / Buttje, Buttje inne See…“ grummelt Christian Kühn zwischen leicht tänzelnder Gitarre und schweren Bassschritten. Der einfallsreiche Komponist und Gitarrist hat mit seiner Band Kuhn Fu das alte Grimm‘sche Märchen vom „Fischermann und syner Frau“ vertont und interpretiert es auf dem siebten Album mit dadaistischer Lust völlig neu.

 

Um es vorneweg zu sagen: Es ist ein kolossales Vergnügen, ein köstlicher exzentrischer Spaß mit manchmal heftiger Sturmgitarre und entsetzt jaulenden Klarinetten, tanzendem Bass und raunender Erzählstimme. An jeder Ecke springt ein neues musikalisches Ballett aus dem Wasser, tanzt mit dem Fischer Marcel De Champignon, einem Hornspieler, und dem Fisch „Bruno the Architect“ einen Schuhplattler, Blues oder punkgesättigten Reigen.

 

Mit improvisatorischer Spielfreude

Mit forciertem deutschem Akzent wird die Geschichte auf Englisch zu einem modernen Märchen umgeformt. Hauptfigur ist der Fischer, der auf der Suche nach der perfekten Melodie ist – nach „the melody that makes millions“. Diesen Wunsch soll ihm der Fisch erfüllen. Dabei entstehen – auf dem gleichzeitig veröffentlichten Live-Album (Vinyl) aus Saalfelden zu hören – die Texte immer wieder spontan auf der Bühne. Neben zwei Klassikern der wunderbar abgedrehten Band, „Nosferatu“ und „Maharani“, sind darauf ausschließlich neue Stücke zu hören. Die Musikant*innen gehen dabei mit immenser Spielfreude an das Werk – im Studio wie auf der Bühne. Ob bei den Variationen über die ausgesprochen schönen Melodien, die Christian Kühn als Ausgangspunkte für die Stücke komponiert oder bei den freien Improvisationen: Die perfekt aufeinander eingespielte Band entwickelt aus der gemeinsamen Bewegung heraus eine Musik, die man so noch nicht gehört hat.

 

Humoristische und dabei qualitative Musik

Es ist eine eigensinnige Form von Jazzrock (oder Rockjazz), zwischen Parodie und großer Ernsthaftigkeit, voller Energie und drängender Eigenwilligkeit. Mit unbändiger Lust spielt sie gegen musikalische Scheuklappen an, inspiriert von Individualisten und Nonkonformisten wie Captain Beefhart, Frank Zappa oder der perfektionistischen Chaostruppe Monty Python. Kühns international besetztes Ensemble spielt die vor Melodien und kompositorischen Ideen überbordenden Stücke, als ginge es ums Ganze. Dabei bleibt die Qualität der Musik von der intensiven Komik unberührt.

 

Text: Michael Scheiner

 

Besetzung:

John Dikeman – Tenorsaxofon

Tobias Delius – Tenorsaxofon, Klarinette

Ziv Taubenfeld – Bassklarinette

Sofia Salvo – Baritonsaxofon

Esat Ekincioglu – Bass

George Hadow – Schlagzeug

Christian Achim Kühn – Gitarre, Stimme, Komposition

Der tägliche
JazzZeitung.de-Newsletter!

Tragen Sie sich ein, um täglich per Mail über Neuigkeiten von JazzZeitung.de informiert zu sein.

DSGVO-Abfrage

Wir senden keinen Spam! Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.