Klangabenteuer von Jazz bis Klassik – „Zwischentöne“ in Regensburg

Zwei Tage Openair in der tollen Akustik des Thon-Dittmer-Hofs in Regensburg: Das Minifestival  „Zwischentöne“ fütterte die emotionalen Speicher der Zuhörer auf.

Als „Pflichttermin“ hatte Regensburgs Trommel-Koryphäe Gerwin Eisenhauer vom Strandurlaub aus das Konzert des „unglaublichen Joey Baron“ im Thon-Dittmer-Palais auf Facebook plakativ beworben. Allzu viele haben den Post dann scheinbar nicht gelesen, Jazzclub-Vorstand Bernhard Lindner zeigte sich bei der Anmoderation des Konzerts ein wenig enttäuscht über den Besuch.

Nach einem berauschenden musikalischen Erlebnis zwischen zartesten Klangtupfern und brachialem Drumgewitter teilte allerdings ein gänzlich hingerissenes Auditorium Eisenhauers Bewunderung für den US-amerikanischen Schlagzeuger. Dabei war der international beschäftigte Musiker gar nicht als Bandleader oder gar Solist – diese musikalische Form bedient er auch – gekommen. Baron spielte im Trio des eine Generation jüngeren dänischen Gitarristen Jakob Bro, zusammen mit dem hippiebunt gekleideten Bassspieler Anders Christensen.

 

Demonstration musikalischer Meisterschaft und Klangmagie

Geriet der Einstieg noch sehr ruhig, mit suchenden Tönen aus Bros E-Gitarre, die leicht wie Federn durch den Raum zu schweben schienen, verdichtete sich der Sound unter Barons Ansturm zu einem brodelnden Vulkanausbruch. Fast schien es zu einem Joey-Baron-Konzert zu werden, bei dem die beiden Gitarristen nur schmückendes Beiwerk sind. Doch nach der spannungsgeladenen Demonstration rhythmisch-perkussiver Meisterschaft, sammelte sich Baron selbst wieder ein und lieferte im Trio ein ebenso inniges wie traumhaftes Konzert. Dabei bilden der introvertierte Bro – der kaum je den Kopf hob – mit seinen langgezogenen, vielfach durch Effekte zusätzlich gestalteten Gitarrentönen und der kommunikative Baron, der sein überragendes Können gern auch mal zur Schau stellt, zwei Pole die sich trefflich ergänzen.

Christensen tritt dabei mit seinem verhalten-warmen, melodischen Spiel auf dem elektrischen Bass ziemlich in den Hintergrund. Dennoch ist er der zuverlässige „Timekeeper“ und setzt den markanten, harten Akzenten Barons eine spielerische Heiterkeit entgegen. Bro ist der Klangmagier. Einer, der mit wenigen Tönen ein Maximum an Wirkung erzeugen  kann. Mit einem orchestralen Arsenal an Schaltern und Effektgeräten lässt er seine pinkfarbene Gitarre mal wie ein Nebelhorn und dann wieder wie das verlorene Fiepen eines Vogels klingen.

 

Zwischen den Stilen

In die „Zwischentöne“, dem Thema des zweitägigen Events im Arcadenhof, fügten sich auch die beiden anderen Gruppen hervorragend ein. Mit drei langjährigen Freunden Fredy Granzer an Geige und Akkordeon, Saxofonist und Gruppenkobold Bertl Wenzl und Helmut C. Kaiser am Perkussions-Baukasten – beglückte Multiinstrumentalist Heinz Grobmeier (mit seiner Gruppe im Titelbild) den voll besetzten Hof mit einer klang- und gefühlvollen Abenteuerreise zwischen folkloristischen Themen, mitreißenden Improvisationen und sphärischen Sounds. Dabei kamen seltene Instrumente wie das Theremin, Tonflöten und klapperndes Kinderspielzeug zum Einsatz.

 

 

Tags zuvor überzeugte das in Berlin beheimatete Kammerjazz Kollektiv das zunächst abwartende Publikum nach und nach mit seiner ungewohnten Mischung aus feinfühligen Jazzarrangements, lateinamerikanischem Schwung sowie klassischen Themen und Bearbeitungen. In den Kompositionen des Pianisten Daniel Stawinskis gehen afro-kubanische Synkopen, Bach‘sche Polyphonie und Jazzstücke eine scheinbar völlig selbstverständliche Synthese ein. Da bricht sich schon mal die Verehrung für den großen Tango-Erneuerer Astor Piazolla Bahn, im Rhythmus des „Cumanchero“ beginnt der ganze Hof zu swingen und beim heiter-vergnügten „Wintermärchen“ blitzen die leichten Seiten von Schumann und Brahms auf. Die Besetzung des Quartetts mit drei Streichinstrumenten und Klavier macht diese „Zwischentöne“ zu einer unerwarteten und abwechslungsreichen Klangreise durch Zeiten und musikalische Welten.  Am Schluss gab es viel Beifall und begeisterte Rufe für das Quartett, das erfrischend unterhaltsam und zugleich traditionsbewusst Händel und Bach zu neuen Ehren kommen lässt.

 

Kammerjazz Kollektiv (von l. nach r.: Daniel Stawinski, Susanne Paul, Sebastian Peszko, Davis West). Foto Michael Scheiner
Kammerjazz Kollektiv (von l. nach r.: Daniel Stawinski, Susanne Paul, Sebastian Peszko, Davis West). Foto Michael Scheiner

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