Mit Loops und Grooves zum Bassolymp

Adam Ben Ezra  im Jazzclub Leerer Beutel in Regensburg

In der Geschichte des Jazz gibt es eine ganze Reihe von Bassspielern, die die Grenzen ihres Instrumentes erweitert und neu definiert haben. Charles Mingus, Scott LaFaro und Oscar Pettiford, OP genannt, zählen ganz sicher dazu, der jung verstorbene E-Bassist Jaco Pastorius, der große Ray Brown und der Stuttgarter Eberhard Weber. Er hat als einer der ersten mit elektronischen Klangvervielfältigern bei seinen Solokonzerten gearbeitet. Eine Bassistin findet sich bislang nicht darunter, auch wenn die Professorin Esperanza Spalding eine Top-Anwärterin dafür wäre.

Ob auch der aus Tel Aviv stammende Musiker Adam Ben Ezra, der neben Kontrabass auch Klavier, Keyboard und Querflöte spielt, zu diesem illustren Kreis gezählt werden kann, wird sich in späteren Jahren herausstellen. Konzertveranstalter, die es bereits jetzt in ihren Ankündigungen heraus posaunen, tun es vielleicht etwas übereilt. Das hat Ben Ezras allerdings durchaus gefeierter Auftritt beim Jazzclub im Leeren Beutel gezeigt.

Was den 39-Jährigen tatsächlich gegenüber vielen seiner Kollegen auszeichnet, ist ein signifikanter und musikalisch geschickter Einsatz von Loops und weiteren elektronischen Effekten. Diese fügt er mit seinem hervorragenden akustischen Spiel, Gesang und perkussiven Elementen in beeindruckender Weise zu stimmigen Songs und Stücken zusammen. So entsteht der Eindruck eines Ein-Mann-Orchesters, mit dem der Israeli auf höchst charmante und überzeugende Weise das Publikum mitreißen kann. Das macht einen weiteren gravierenden Unterschied zu anderen Bassisten aus, die sich nicht selten hinter ihrem unhandlichen Instrument verstecken und mit ihrer ,Unsichtbarkeit’  ganz zufrieden sind.

Ben Ezra ist – bei aller Musikalität und künstlerischen Integrität – ein Showman und was für einer. Er singt und jodelt, trommelt auf Decke und Zarge seines Holzinstruments den Rhythmus, tanzt, speichert blitzartig ein paar Loops auf dem Mini-Keyboard, schrappt über die fünf Saiten seines Basses als wolle er eine ganze Band an die Wand spielen und stampft noch mit dem Fuß auf die Bühne, um die Schellen zum Klingen zu bringen, die um seine Fußknöchel gebunden sind. Fast hält man beim Zuschauen und Zuhören den Atem an, um ja nichts zu verpassen, was sich da zwischen Laptop, mehreren Effektleisten, Mikrofon und den analogen Instrumenten alles tut.

Auf seiner „Hide-and-Seek“-Tour, mit welcher der quirlige Solomusikant sein aktuelles Solo-Album bewirbt, ist er im Beutel auf ein aufnahmebereites und dankbares Publikum gestossen. Mit seinen stark groovebetonten Songs, für die er vom Flamenco über Blues bis zu R&B auf ganz unterschiedliche stilistische Formen zugreift, überwältigte er jüngere wie ältere Zuhörer im locker besetzten Konzertsaal fast ausnahmelos. Nach dem knapp eineinhalbstündigen Klangrausch zwischen jagenden „Sunny Shades“ und zwei ruhigeren Stücken auf dem Flügel waren Zugaben so gut wie obligatorisch.

Was bei aller Virtuosität, am Bass und bei der Elektronik, weniger bei Gesang und Klavier, ein wenig zu kurz kam, ist das Ausspielen mancher musikalischer Gedanken und kreativer Idee. Die teils mehrfach übereinander geschichteten und geschickt verzahnten Loops  kurzer Motive und die Klangmodulationen des Kontrabasses, der mal wie eine Orgel mal wie ein Sägewerk klingt, nehmen so viel Raum ein, dass für eine kleine Improvisation über eines der vielfältigen Themen kein Platz zu bleiben scheint. Musikalisch wie technisch hätte es der trotz alledem erstaunliche Musiker ohne Zweifel drauf.

Text und Fotos: Michael Scheiner

Info: 

Adam Ben Ezra – bass, flute, p, kb, electronics, vocal / https://www.adambenezra.com/

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