(Fotos, auch Beitragsbild: Thomas J. Krebs) Vor ein paar Jahren startete das Jazzline Label bereits eine CD Reihe „At Onkel Pö’s Carnegie Hall / Hamburg“ mit Livemitschnitten von Chet Baker, Dizzy Gillespie, Dave Liebman oder den Brecker Brothers, die der NDR seinerzeit aufgenommen hat. Nun ist der Startschuss für „Live at Fabrik“ gefallen. Vor allem in den achtziger und neunziger Jahren war die Hamburger FABRIK, neben unzähliger Rockkonzerte und vielfältigen bunten Veranstaltungen, eine Location für hochkarätige Jazzkonzerte, auch außerhalb des jährlich stattfindenden Jazzfestivals. So gaben sich hier Miles Davis, Sun Ra, George Adams, Sonny Rollins, John Scofield und viele weitere Jazzgrößen die Klinke in die Hand.
Legenden des Jazz: Freddie Hubbard und McCoy Tyner
Den Auftakt der „Live at Fabrik“ Serie bestreiten zwei absolute Jazzlegenden: der Trompeter Freddie Hubbard zusammen mit McCoy Tyner, Avery Sharp am Bass und Schlagzeuger Louis Hayes, die in der Hamburger Fabrik am 18. Juni 1986 ein fulminantes Konzert gaben. Der NDR, unter der Leitung von Michael Naura, war bei dieser Sternstunde mit seinem Sendewagen mal wieder vor Ort und nahm das Konzert auf. Die Musiker, allesamt in Topform, spielten abgesehen von Monks „Round Midnight“, Greens „Body & Soul“ und Porters „What Is This Thing Called Love“ ausschließlich Originals aus der Feder von McCoy Tyner, sowie „Neo Terra“ von Freddie Hubbard. In bester Erinnerung ist mir noch geblieben, als sich im ersten Set ein Ventildeckel von Freddie Hubbards Trompete verabschiedete und er unbeirrt mit Vollgas weiterspielte. Alles in allem ein ungemein kraftvoller, grandioser Abend, der nun komplett, in der Original Konzertabfolge, auf DoCD, resp. 3 LP‘s vorliegt.
Jazzikone Gil Evans
Auf der zweiten Veröffentlichung dieser Reihe gibt sich Jazzikone Gil Evans die Ehre, der mit seinem 16-köpfigen Orchester im Rahmen des 11. Hamburger Jazzfestivals am 26. Oktober 1986 in der Fabrik auftrat. Mit von der Partie u.a. Lew Soloff, Bill Evans, Hiram Bullock, Victor Lewis, die von Miles Davis entdeckte Perkussionistin Marilyn Mazur und Jazzurgestein (seinerzeit Mitglied der NDR Jazzbigband) Howard Johnson am Baritonsaxophon. Bemerkenswert für das Programm dieser All Star Band war die Zusammenstellung der Stücke. Vier der acht Kompositionen stammen von Jimi Hendrix, den Gil Evans in seiner späten Phase entsprechend würdigte, sowie jeweils eine Komposition der Bandmitglieder Pete Levin „Subway“ und Delmar Brown “Sometimes“. Dazu noch „There Comes A Time & Birdland“ von Tony Williams / Joe Zawinul und als Zugabe schließlich „Orgone“ aus der Feder des Meisters selbst. Ein unvergesslicher Abend, der nun ebenfalls als kompletter Mitschnitt vorliegt. Für die Jazzchronisten sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass auch hier auf der DoCD, bis auf eine Ausnahme (der Titel „Sometimes“ wurde seinerzeit vor „There Comes A Time & Birdland“ gespielt), die Originalreihenfolge des Konzertes eingehalten wurde.
Die Booklets enthalten, außer den diskografischen Angaben, jeweils einen informativen Begleittext von Michael Laages, leider ohne weiteres Fotomaterial der beiden Abende. Weitere Titel sind in Planung. Ein Segen, dass Michael Naura seinerzeit bei vielen weiteren Sternstunden in der HH Fabrik mit seinem Aufnahmeteam vor Ort war. Man darf gespannt sein, was da in naher Zukunft noch alles zu Tage gefördert wird.