Bei Pat Metheny kann man immer gespannt sein, wenn ein neues Album erscheint. Auf seiner vorletzten Veröffentlichung „From This Place“ präsentierte er zwei neue Musiker: die Bassistin Linda May Han Oh, die er in New York entdeckte und den walisischen Pianisten Gwilym Simcock, der Metheny buchstäblich vom Hocker riss. Danach folgte mit „Road To The Sun“ eine Aufnahme, die vor allem in Klassikkreisen für Begeisterung sorgte. Nun veröffentlicht Pat Metheny mit „Side-Eye NYC (V1.IV)“ (BMG / Modern Recordings 538693922) ein lupenreines Jazzalbum, das es in sich hat und nicht zuletzt durch seine Plattform „Side-eye“ überzeugt.
„Side-Eye“ – Nachwuchsförderung und Inspirationsquelle zugleich
„Side-Eye“ steht für ein Format, das von Metheny begründet wurde und in dessen Rahmen er mit jungen Musikern zusammen arbeitet, die er für sich und eine gemeinsame Zusammenarbeit entdeckt. Mehr als eine verantwortungsvolle Geste, denn er gibt damit das zurück, was er in jungen Jahren selbst erfahren durfte: die Weiterentwicklung eigener Musikalität an der Seite älterer, profilierter Musiker. Der Schwerpunkt seiner Zusammenarbeit im Rahmen der Reihe liegt dabei auf New York City und dort ansässigen, jungen Talenten. Der „Side Eye“-Zusatz V1-IV gibt Auskunft darüber, dass es sich hierbei um die vierte Besetzung seines Projektes handelt. In den ersten Side-Eye Formationen waren außer Tastenderwisch James Francies, die Schlagzeuger Eric Harland (V1-I), Anwar Marshall (V1-II) sowie Nate Smith (V1-III) mit von der Partie. Auf der aktuellen Aufnahme V1-IV spielen neben Pat Metheny und James Fancies der Enkel von Schlagzeuglegende Roy Haynes: Marcus Gilmore! Mit „Side-Eye“ eröffnen sich für Metheny als Mentor somit mehrere Möglichkeiten: einerseits umgibt er sich mit neuen Talenten und Musikern die ihn selbst inspirieren, andererseits bietet er seinen Mitstreitern damit die Gelegenheit, Einflüsse aus ihrem eigenen musikalischen Umfeld zu präsentieren und zu teilen.
Hochkarätige Metheny-Jazzkost
„Side Eye NYC V1.IV“ beginnt mit dem Original „It Starts When We Disappear“ und präsentiert neben dem klassischen Themenaufbau, herrliche Soli von Metheny und Francies. Im Prinzip kann man die vorliegende Aufnahme als klassisches Orgeltrio bezeichnen. Allerdings klar positioniert im 21. Jahrhundert. Francies spielt dabei mit der linken Hand die Basslines und haut in die Tasten, was das Zeug hält, während Gilmore versiert am Schlagzeug agiert und Metheny, neben seinem Gitarrenspiel, zu Beginn bzw. zum Schluss des Albums ein paar seiner „orchestrionischen Instrumente“ einbringt. Mit „Timeline“ spielt das Trio zum ersten Mal eine eigene Version der Komposition von Metheny, die er für Michael Brecker geschrieben hat und die seinerzeit gemeinsam mit Elvin Jones eingespielt wurde. Das rockig arrangierte „Lodger“ präsentiert ein extrem cool agierendes Trio, während Ornette Colemans „Turnaround“ oder das von Francies und Metheny arrangierte „Better Days Ahead“ bewährt hochkarätige Metheny-Jazzkost bieten.
Ein neues, spannendes Kapitel
„Side Eye NYC V1.IV“ besteht zur einen Hälfte aus brandneuen Stücken, zur anderen Hälfte aus bekanntem Repertoire wie „Bright Size Life“ oder „Sirabhorn“. Vergleiche drängen sich da auf, wie das seinerzeit auf ECM erschienene, ebenfalls live aufgenommene Album, „Travels“, bei dem auch vollkommen neue Musik mit bewährtem Material kombiniert worden ist. Ob laut oder energiegeladen, feinfühlig oder inspiriert improvisierend: Mit seiner „Side-Eye-Serie“ schlägt der mittlerweile 67-jährige Pat Metheny definitiv ein neues, spannendes musikalisches Kapitel auf!
Nächstes Frühjahr wird Pat Metheny im Rahmen der JazzNights auch endlich live mit der Side-Eye Formation V1-V zu hören sein:
PAT METHENY SIDE-EYE with James Francies & Joe Dyson
1. Mai 2022 Erfurt Alte Oper
2. Mai 2022 Frankfurt Alte Oper
3. Mai 2022 Karlsruhe Tollhaus
4. Mai 2022 Düsseldorf Tonhalle
5. Mai 2022 München Philharmonie
6. Mai 2022 Berlin Admiralspalast
7. Mai 2022 Bielefeld Rudolf-Oetker-Halle
8. Mai 2022 Neunkirchen N eue Gebläsehalle
9. Mai 2022 Stuttgart Liederhalle
10. Mai 2022 Dortmund Konzerthaus
11. Mai 2022 Leipzig Haus Auensee
12. Mai 2022 Hamburg Laeiszhalle
13. Mai 2022 Bremen Die Glocke
Ticketservice: 040 413 22 60 // 01806 62 62 80 (Festnetz: 0,20€/Anruf, Mobilfunk: max. 0,60€/Anruf)
Online: kj.de // tickets@kj.de
Text & Fotos: Thomas J. Krebs
Beitragsbild: Pat Metheny. Foto: Thomas J. Krebs