Csaba Palotaï und Steve Argüelles veröffentlichen mit »Cabane Perchée« ein überzeugendes Duo-Album

Musik als Wesenssuche

Diese CD birgt Herausforderungen in mehrfacher Hinsicht. Sie enthält neben drei von den beiden Musikern Csaba Palotaï (akustische Gitarre) und Steve Argüelles (spielzeugartige Perkussionsinstrumente) komponierten Stücken zwölf Kompositionen aus Béla Bartóks »Mikrokosmos«. Das erforderte von Palotaï Hingabe und Genauigkeit beim Transponieren der Klavierstimmen in ein – sein! – Notenbild für Gitarre. Das ist die erste Herausforderung.

Die zweite, kognitive, zielt auf den Hörer, insbesondere, wenn der vor dem Hören nicht schon die kleingedruckten Credits auf der CD-Hülle gelesen hat: Häufig denkt man während der Musik: Mensch, das kenne ich doch! Aber was ist das? Die Stücke kommen wie eine klar akzentuierte, reduziert arrangierte, transparente Popmusik für ein Gitarre-Perkussions-Duo daher – im Unterschied zu Parnitzkys viel jazzigeren Interpretationen. Sie haben in ihrem Sound und in ihrer gedanklichen Konsequenz die Anmutung einer künstlerisch souveränen, in den Fußgängerzonen der Großstädte erklingenden Straßenmusik. Die hier vorliegende Palotaï-Argüelles-Musik ist das Einfache, das schwer zu machen ist. Sie als Bartók-Musik zu erkennen, wird nur dem Geübten auf Anhieb gelingen – nach solchen Aha-Erlebnissen macht das Zuhören jedoch besonderen Spaß und verbindet sich mit der Erkenntnis, wie leicht, schön, befreiend eine solche Musik sein kann!

Eine dritte Herausforderung hängt für mich persönlich mit dem beigefügten Cover-Text von Emese Szász zusammen, der für mich wie eine Irreführung wirkt. Warum auch immer – die Autorin startet mit dem Bonmot, dass Architektur »gefrorene Musik« sei, was angeblich ein »F. Schegel« (gemeint dürfte Friedrich Schlegel sein – der Fehler beim Namen zieht sich durch alle Übersetzungen hindurch) gewagt hatte zu sagen. Längst jedoch ist klar, dass diese Formulierung auf Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und dessen Vorlesung über die Philosophie der Kunst zurückgeht. Aber wozu diesen konstruiert wirkenden Winkelzug angesichts dieser CD machen? Sinnvoll könnte er allenfalls angesichts des CD-Titels (Baumhaus) sein, das ein Miteinander von Naturgewachsenem mit Menschengebautem und damit ein symbolischer Hinweis auf diese organisch wirkende Musik ist. Eine Musik, die einlädt, nach ihrem – und damit auch unserem – Wesen zu suchen.

Mathias Bäumel

Csaba Palotaï/Steve Argüelles: »Cabane Perchée«, BMC CD303

 

 

 

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