Die von Laurens Hammond in den 1930er Jahren erfundene Hammondorgel erfreute sich in den 1960er und 1970er Jahren der wohl größten Popularität, gerade im Jazz. Der Hammondklassiker, das Modell B-3 in Verbindung mit einem Leslie-Lautsprechersystem, ist klanglich bis heute einzigartig unverwechselbar und hat sich nach wie vor im Jazz, aber auch in der Blues-, Soul- und Popmusik etabliert.
Man mag es kaum für möglich halten, aber München hat sich im Laufe der Jahre als heimliche Hammond-Orgel Hauptstadt gemausert. Auf Betreiben des SZ-Musikjournalisten Oliver Hochkeppel sollte das erste „Munich’s Finest“ – Jazz Organ Summit bereits diesem Sommer, als Teil des Eulenspiegel Flying Circus-Programms, Open Air über die Bühne gehen, musste dann aber leider wetterbegingt abgesagt werden. So gut so schlecht. Aber Rettung nahte: Michael Stückl von der Unterfahrt war sofort bereit das Festival im Club stattfinden zu lassen, allerdings auf zwei Abende verteilt, leider coronabedingt ohne Publikum. So fanden sich letzte Woche am Donnerstag und Freitag vier Münchner Hammond-Jazz-Masterminds im Jazzclub ein und brachten dort nicht nur die Drähte in den Orgeln, sondern vor allem die Tasten zum Glühen. In gewohnter Weise wurde das Festival online per Videostream über den YouTube- und facebook-Kanal der Unterfahrt übertragen, mit sensationeller Beteiligung an den Bildschirmen zuhause!
Nach einleitenden Worten von Oliver Hochkeppel, der beide Tage des Festivals moderierte, ging es los: den Auftakt des ersten Abends an einer klassischen Hammond B3 mit Leslie (Baujahr 1964 – N.B: auf just diesem Instrument spielte u.a. übrigens Legende Jimmy Smith im Jahr 2004 beim Münchner Klaviersommer) bestritt Andreas Kissenbeck im Trio mit Hubert Winter am Saxophon und Passport Drummer Christian Lettner. Schwerpunkt lag bei diesem Trio klar auf dem klassischen Hammond Jazzsound, bei dem Swing und Hardbop-Elemente hervorstechen, und es mit Herz und Soul groovte. Auch das Trio von André Schwager mit Peter O’Mara und Christian Lettner demonstrierte nicht zuletzt aufgrund der „klassischen“ Hammond Triobesetzung mit Gitarre und Schlagzeug die traditionelle Seite diese Genres, setzte aber nicht zuletzt mit der Titelauswahl, wie dem Beatles Klassiker „Come Together“, prägende, ganz und gar nicht nostalgische Akzente.
Am zweiten Abend schließlich stand Hansi Enzenspergers Hammond A100 mit diversen technischen „Erweiterungen“ auf der Bühne. Mit Matthias Bublath im Trio und Enzenpergers „Organ Explosion“ gaben sich zwei weitere profunde Hammond-Vertreter der heimischen Jazz-Szene die Ehre. Mit waberndem Sound und herrlichem Groove jazzte Matthias Bublath zusammen mit Tim Collins am Vibraphon und „Stammgast“ Christian Lettner los. Was bei Bublath schon in seiner Eight Cylinder Bigband funktioniert, passte auch im Trio und so begann der Abend mit einem abwechslungsreichen Programm durch verschiedenste Genres. Schweißtreibender Groove und Funk bestimmte die Stimmung, das hatte es in der Tat in sich: man möchte am liebsten mal in die Wohnzimmer der Streaming-Zuhörer schauen und gucken, wie dort getanzt und abgefeiert wird. Zum Schluss des Gipfeltreffens trat Hansi Enzenbergers „Organ Explosion“ mit Manfred Mildenberger am Schlagzeug und dem Bassisten Ludwig Klöckner auf die Bühne. Der Tradition verbunden, aber deutlich rockiger, mit rotzig-frechem Sound, letztlich dem Jazz verbunden, aber so manchen augenzwinkernden Pop-Zitaten dazwischen, klang das erste „Jazz Organ Summit“ aus.
Unter dem Strich ein voller Erfolg. Mehr als 300 begeistere Fans verfolgten jeden Abend den Unterfahrt Onlinestream des Festivals, das mit Sicherheit nur als Auftakt gewertet werden darf. An Organisten mangelt es – zumindest in München – nicht, um dieses Spektakel nächstes Jahr weiter zu führen.
Um auch zukünftig keine Konzerte des Jazzclub Unterfahrt zu verpassen, sofern man nicht vor Ort dabei sein kann, sollte man sich folgende Links griffbreit abspeichern:
Kanal Jazzclub Unterfahrt & Facebook-Seite Jazzclub Unterfahrt
Wenn man Unterfahrt Konzerte über YouTube oder Facebook im Livestream genießen möchte, ist dies aktuell kostenfrei möglich. In Form einer Spende kann ein „virtuelles Ticket“ erworben werden. Die Einnahmen kommen zusätzlich zur Gage, durch den Förderkreis Jazz und Malerei München e.V. den Musikern, zugute.
Text & Fotos: Thomas J. Krebs