Von Monden und Träumen
Während im ersten Dämmer gerade noch ein abnehmender Halbmond zu sehen war, ging innen im Leeren Beutel bereits der Vollmond auf. Und das gleich zweimal hintereinander. „Of Moons and Dreams“, von Monden und Träumen, heißt das jüngste Album der deutsch-französischen Sängerin Cécile Verny, mit dem sie gerade eine kleine Bayerntour durch verschiedene Clubs, darunter den Jazzclub Regensburg, absolviert. Coronatauglich vor deutlich weniger Publikum, als bei früheren Auftritten.
„Das ist heute überall so“
Um dennoch mehr Menschen die Möglichkeit zu geben die großartige Sängerin live zu erleben und den Musikern eine anständige Gage zahlen zu können, spielte sie mit ihrem Quartett zwei kürzere Konzerte hintereinander. „Das ist heute überall so“, verglich Verny den ausgedünnten Leeren Beutel mit Clubs in Paris und New York, „dort kratzen auch schon die nächsten an der Tür, um unsere Musik endlich wieder live zu hören“. Die klingt bei der in Abidjan aufgewachsenen Verny nach Jazz und Rhythm ’n‘ Blues, Funk und Fusion, mit ein wenig Pop hier, Groove dort, mal swingend mal straight.
Vielseitig tiefgründige Songs
In den Songs, die manchmal durchaus poptauglich klingen und in denen die Liebe garantiert nicht zu kurz kommt, geht es dennoch keineswegs oberflächlich zu. Das lässt sich schon daran ablesen, dass Verny neben eigenen Texten auch wieder Gedichte des englischen Romantikers William Blake, das düstere „The Garden of Love“, und der schwedischen Dichterin Asa Ericsdotter – „There’s No Way Back“ – vertont hat. Ob feinsinnige Ballade, dramatische Hymne, wie „The Same Dream“ mit Musik von Pianist und Keyboarder Andreas Erchinger, oder der latinbeschwingt tänzelnde Hexensong „Witch“ von Schlagzeuger Lars Binder, zusammengehalten wird alles von der überragenden Stimme Vernys. Sie verfügt über einen enormen Stimmumfang und weiten Range emotionaler Ausdrucksformen, die sie souverän ausspielt.
Zuhörer im Vogelschwarm
„Where have you been?“, fragt sie in der souligen Ballade, in der Binder den Rhythmus mit dem afrikanischen Schlagtopf Udu vorgibt, und wenn sie dann ihre Arme weit ausbreitet, ist sich jeder im Publikum sicher, selbst gemeint zu sein. Verny nimmt ihre Zuhörer nicht nur ein, sie nimmt sie mit in die Tiefen der Sehnsüchte und Träume und einmal auch ins Vogelland. In „Birds in your Head/ Hear I Call“, das mit einem heiteren, leichtfüßigen Motiv auf dem E-Bass (Bernd Heitzler) beginnt und sich in Stimme und Klavier fortsetzt, dreht mittendrin die Stimmung, nimmt Tempo auf und wird zur handfesten Fusionnummer, als hätten sich liebliche Singvögel johlend zum tollkühnen Vogelschwarm vereint. Leidenschaft und ein nuancenreiches Zusammenspiel lassen keine Wünsche offen in puncto Qualität und erstklassigem Entertainment.
Besetzung:
Cécile Verny – voc
Andreas Erchinger – p, keys
Bernd Heitzler – b
Lars Binder – dr, perc
Weitere Informationen: cecile-verny.com
Das Titelbild zeigt Cécile Verny. Foto: Michael Scheiner
Autor: Michael Scheiner