Im Rahmen der Münchner Opernfestspiele nimmt Matthias Kaul ein Bad. Foto: Heiland
Im Rahmen der Münchner Opernfestspiele nimmt Matthias Kaul ein Bad. Foto: Heiland

Schlagzeuger Matthias Kaul gestorben

Matthias Kaul ist tot. Matthias Kaul, (Schlagzeuger und Komponist) begann seinen musikalischen Weg sehr jung als extrem aktiver Hörer, wobei die Umgebung in der er aufwuchs, maßgeblich für seinen gesamten kompositorischen Weg war. Seit seinem 17. Lebensjahr trommelt er, studierte später klassisches Schlagzeug, und noch später begann er zu komponieren. Sein Kompositionsunterricht bestand daraus, dass er viele hundert Werke anderer Komponisten zur Uraufführung brachte. Seit Ende seines Studiums arbeitet er entschieden als „freelanced musician“.

Matthias Kaul starb vor drei Tagen. In seinen Antworten auf die 11 Fragen der nmz:

Welche Musik soll zu Ihrer Beerdigung erklingen?
Es reicht, bei meiner Beerdigung einige Mikrofone in die Höhe zu halten, sodass die Umweltklänge in der Lautstärke leicht angehoben werden.

In Erinnerung an den Musiker verweisen wir auf einen Konzertbericht von Andreas Kolb aus dem Jahr 2002.


Schlagzeuger Matthias Kaul nimmt ein elektrisches Klangbad im Cuvilliés-Theater

Brotzeit und Champagnerflaschen, Wolldecken und Abendkleider: bei „Oper für alle“ verwandelte sich der Max Joseph Platz wieder einmal in ein Open-Air-Kino der besonderen Art. Händels „Cäsar in Ägypten“ wurde live aus dem Nationaltheater via Groß-Videoleinwand übertragen. Doch nicht nur bei diesem Event drängelte sich das Publikum: Von insgesamt 19 Musiktheaterproduktionen von Barock bis Neuzeit waren die meisten ausverkauft. Trotz Haushaltssperre entfalteten die Münchener Opernfestspiele wieder ihren Glanz – wen wundert‘s: der Geldgeber ist ja nicht die Stadt, sondern der Freistaat.

Eher im Schatten dieser Prachtentfaltung, an den Festivalrändern gewissermaßen, gab es wieder die experimentelle Veranstaltungsreihe Festspiel + (wie plus). Von 13 Konzerten waren immerhin 5 dem Jazz gewidmet: improvisierter Musik von Jan Garbarek, Evan Parker, Gonzalo Rubalcaba, Pierre Favre, Uri Caine und Matthias Kaul.

Schlagzeuger Matthias Kaul war zweifelsfrei der experimentierfreudigste unter den genannten Improvisatoren: Vor einem kleinen Kreis von Zuhörern, die sich mehrheitlich gut amüsierten, nahm er mitten auf der Bühne des Cuvilliés-Theaters ein „Electric Bath“. Gekleidet in Frack und Fliege zelebrierte Kaul mit valentineskem Ernst ein einstündiges elektronisches Klangbad. Kalebassen, Schläuche, Flaschen, Wassertropfen, Schläge, Kratz- und Schabgeräusche auf und in der Emailwanne gehörten zu seinem unerschöpflich wirkenden Fundus von verfremdeten Klangerzeugern und Wasserinstrumenten. „Electric Bath“ war auch eine Reise zurück in die Kindheit: Wer hat nicht selbst einmal mit ähnlichen „Instrumenten“ in der Badewanne kreativ gearbeitet. Mikrofone unter und über Wasser machten bekannte und neue Sounds hörbar, verfremdeten sie aber auch. Das Ritual des Badens, des Waschens verwandelte Kaul in ein Ritual eines Konzertabends. War auch die „Herstellung“ der Geräusche, Töne, Rhythmen unkonventionell: Kaul entlockte seinem Zuber nichts wirklich Neues. Das Geräusch gehört spätestens seit der Musique concrète zum Repertoire der Komponisten, nimmt man es genau, dann steht Kauls Musik in einer jahrhundertealten Tradition von Wassermusiken. Kauls Verdienst lag in seiner virtuosen solistischen und schauspielerischen Darbietung: die einstündige Steigerungsdramaturgie seiner „Badewannensymphonie“ überzeugte, und man mochte sich ihr auch als abgeklärter, mit allen Wassern gewaschener Hörer nicht entziehen.

In einem ganz anderen Terrain bewegte sich da Saxophonist Evan Parker, … .


Lesen Sie auch die 11 Fragen an Matthias Kaul in der nmz 2016/09.

 

 

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