Von Michael Scheiner. Traubeli Weiss, der vor einigen Jahren verstorbene, populäre Gipsyswing-Gitarrist, war der Onkel von David und Danino Weiss. Von ihm und anderen der weit verzweigten Familie haben die beiden Straubinger Musiker, Cousins, die sich seit ihrer Kindheit als Brüder verstehen, viel gelernt. Meist durch Abschauen. Er hat sie auch ermuntert mit der Musik weiterzumachen. Aktuell präsentieren die beiden voller Stolz ein neues, ihr zweites Album, welches soeben erschienen ist. Stand die erste CD (Violets For Your Furs) noch ganz im Zeichen der amerikanischen Jazztradition, wie der von Frank Sinatra populär gemachte Titelsong erkennen lässt, folgt jetzt eine Rückbesinnung aufs europäische Erbe. Aufs französische vor allem, denn etliche der Songperlen sind von großen französischen Entertainern und Komponisten geschrieben worden. So wird Joseph Cosmas „Clair De Lune“ mit wunderbar einfühlsamen, melancholischen Akkordeon- und Klavierlinien eigenwillig umspielt. Aufs Tempo drücken die Weiss-Brüder bei Charles Aznavours „J’aime Paris au mois de Mai“, welches sie mit Hilfe des grandiosen Münchner Groovemeisters Guido May und Trio-Elf-Bassist Peter Cudek im harten Hot-Swing beschleunigen. Ihm und dem ebenfalls im vorigen Jahr verstorbenen Filmmusikkomponisten Michel Legrand widmen sie das Album „The New Gipsy Sound“. Mit dem zukunftsweisenden Titel knüpfen sie an die Idee der New Gipsy Generation an, der letzten Band ihres Onkels.
Legrand spielte übrigens Piano bei Django Reinhard, einem der Idole der Straubinger, die sich in der großen Tradition des europäischen Sinto-Swing sehen. „Wie spielen eigentlich Classic Jazz“, ordnet Akkordeonspieler David Weiss ihre Entwicklung stilistisch ein, „aber Gipsy Swing oder Jazz Manouche ist die Basis und schwingt deshalb immer in unserer Musik mit“. Deutlich wird das auch bei „Douce Ambience“ von Django Reinhardt. Die Erfolgsnummer kommt in einer taufrischen, cool swingenden Version daher. Gleiches gilt für einen weiteren Klassiker, Hildegard Knefs „Für mich soll`s rote Rosen regnen“. Mit diesem unverwüstlichen Evergreen eröffnet das Album und setzt damit sogleich eine mitreißende, erfrischend unsentimentale Duftmarke, bei der selbst ausgemachte Jazzgegner garantiert schwach werden.
Noch ein weiterer Umstand macht diese Aufnahmen so einladend und auch für ein jazzfernes Publikum zugänglich. Neben den vier festen Bandmitglieder, die auch bereits mehrfach in Regensburg und der Oberpfalz aufgetreten sind, haben sich die beiden Straubinger einige Freunde als Gastmusiker eingeladen. Hono Winterstein, langjähriger Begleiter der französischen Sängerin Patricia Kaas, ist als Rhythmusgitarrist eine Legende. Dann spielen noch zwei Gitarristen mit, die als die eigentlichen Thronfolger von Django Reinhardt gelten: Stochelo Rosenberg, der den legendären Musiker bereits im Film „Django – Ein Leben für die Musik“ doubelte und Biréli Lagrène, der Reinhardts Technik vielleicht so virtuos wie kein Zweiter beherrscht. Der Augsburger Vibraphonist Wolfgang Lackerschmid, ebenfalls ein Star auf seinem Gebiet, macht Knefs wundervolle Erkennungsmelodie und das schmachtende „Wonderful You“ von Peter Nero in Verbindung mit Davids Akkordeon zu feinen genußvollen Preziosen.
CD: David & Danino Weiss Quartett, The New Gipsy Sound, CD und Download, EC 586-2/GLM Music, 17,99 Euro (Audio)