Erstaunt erlebt ein unbekanntes israelisch-amerikanisches Jazzquartett wie es beim Debüt in Regensburg gefeiert wird.
Es war ein seltenes Phänomen, welches bei Veranstaltern und Musikern gleichermaßen die Mundwinkel weit nach oben gehen ließ und Freude auslöste. Das Konzert des wenig bekannten Or Bareket Quartet aus New York beim Jazzclub Regensburg im Leeren Beutel war auf Anhieb so gut besucht, dass ein schwitzender und mammelnder Jazzclubmann mehrfach Stühle heranschleppen und anbauen musste. Trotzdem mußten noch einige Besucher, welche die ungünstige Sicht von der Seite scheuten, mit Stehplätzen vorlieb nehmen.
Wie sich am Ende des zweistündigen Auftritts zeigte, waren sie damit keineswegs unzufrieden. Der stürmische Applaus, den die vier Musiker für ihr virtuoses Spiel wie für die zugängliche und zugleich farbige Musik erhielten, ging von allen aus. Zuvor hatte das Quartett, darunter die verwiegend verhalten trommelnde Schlagzeugerin Savannah Harris, bei der Zugabe noch einmal richtig aufgedreht, das Tempo angezogen. Mit einer spritzigen battle zwischen dem sonst eher stoischen Gitarristen Charles Altura und dem wendigen, erfindungsreichen Pianisten Nitai Hershkovits bekam das Publikum noch einmal einen kräftigen Adrenalinschub für den Nachhauseweg.
Auf der Europatour, an deren Schluss das Regensburg-Debüt stand, stellte das Quartett um den Bassisten Or Bareket vorwiegend Songs und Titel des aktuellen Albums „33“ vor. Bareket, Bandleader, fulminanter Bassist und Komponist der meisten Stücke, gehört zu einer Szene vielbeachteter junger Musiker, die in New York leben, Erfolg haben, aber aus unterschiedlichsten Ecken der Welt kommen. Er selbst ist, wie Hershkovits mit dem er bereits vor dem Studium zusammen gejammt hat, in Israel geboren, in Argentinien aufgewachsen und gilt als musikalischer Kosmopolit. Die unterschiedlichen Einflüsse lässt er in einer modernen, in der Tradition vergangener Jahrzehnte verankerten Jazzsprache zusammenfließen und kreiert daraus eine manchmal schwebende, manchmal tänzerische klangvolle Musik. Oft steht dabei ein einfaches, rhythmisch vielfach wiederholtes Motiv am Anfang, aus welchem sich komplexe, in jeder Hinsicht spannende Themen und Soli entwickeln. Diese bleiben dennoch zugänglich und verlieren sich nicht in Egotrips oder verquasten Ideen.
Das hat auch damit zu tun, dass die Band eine angenehme Lautstärke pflegt und dynamische Prozesse sensibel auslotet. Soundmäßig erinnert das manchmal an die vibrierende Leichtigkeit von Chick Coreas „Return To Forever“ oder Ecm-Stars wie Terje Rypdal und Jon Abercrombie. Letzteres vor allem bestärkt durch das melancholisch singende Single-Note-Spiel des Gitarristen. Eine Musik voller Farben, Schwingungen, Poesie und pulsierender Energie, in die Bareket stetig neue Impulse sendet.
Text und alle Fotos: Michael Scheiner
Beitragsbild: Bandleader Or Bareket und Gitarrist Charles Altura.
Info:
“33”, Bareket’s sophomore album as a leader, was released May 2019 on Enja records to great critical acclaim. He will be bringing a new quartet to Porgy & Bess, featuring virtuoso guitarist Charles Altura ( known for his work with Chick Corea, Terence Blanchard, Tigran Hamasiyan among others), longtime collaborator, the brilliant and unique pianist Nitai Hershkovits (Avishai Cohen, Kurt Rosenwinkel) , and rising star drummer Savannah Harris (recently heard with Kenny Barron, Jose James, and Jason Moran). (Pressetext)