Pressemeldung der IG Jazz Berlin: Das Land Berlin vernachlässigt den reichen Schatz seiner Spielstätten und Veranstalter*innen aktueller Musik
Die Berliner Jazz-Spielstätten und -Veranstalter*innen sind regelmäßig unter den Preisträger*innen des Bundespreises APPLAUS und weltweit als Labore aktueller kreativer Musik anerkannt. Dennoch ist die Lage der allermeisten Clubbetreiber*innen und Veranstalter*innen im Bereich Jazz mehr als prekär. Dies schlägt sich einerseits in der extrem niedrigen Bezahlung für die dort auftretenden Künstler*innen nieder, andererseits in kraftraubender Selbstausbeutung vieler sehr engagierter Veranstalter*innen. Die Mär vom bösen Veranstalter, der den Künstler*innen nichts von seinen Gewinnen abgibt, ist falsch. Veranstalter*innen und Künstler*innen sitzen in einem Boot.
Wer für faire Arbeitsbedingungen sorgen will, muss auch die Spielstätten und die Veranstalter*innen fördern. Eine solche systematische Förderung fehlt bislang völlig. Die aktuell für den Haushalt 2020/2021 veranschlagten 100.000€ pro Jahr für über 50 Jazz-Clubs und -Veranstalter*innen sind ein guter Ansatz – faktisch aber wenig mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein – denn die wachsende Stadt und die damit verbundene Verdrängung gefährdet die historisch gewachsene Szene.
Jazz ist Live-Musik, er wird in zentralen Aspekten, im improvisierenden Miteinander mit anderen Musiker*innen und in atmosphärischer Auseinandersetzung auch mit dem Publikum, auf der Bühne gelebt und weiterentwickelt. Der Jazz braucht daher nachhaltig ausgestattete Orte, um sich dieser seiner Kernaufgabe widmen zu können. Eine systematische Förderung von Jazzorten gibt es in Berlin nicht und auch sonst in Deutschland kaum. Dabei sind Jazzclubs Orte der Kunst, Jazz hat sich von seinen Anfängen weg hin zu einer Kunstmusik entwickelt, die entsprechend finanziell ausgestattete Orte braucht.
Steigende Mieten machen den Spielstätten zu schaffen. Laufender Betrieb, Personalkosten und eine anspruchsvolle Programmgestaltung mit fairen Honoraren sind ohne Förderung nicht zu stemmen. Veranstaltersein im Bereich Jazz ist häufig Selbstausbeutung. Für die reiche Jazzkultur, die seit Jahren ein internationales Aushängeschild der Stadt ist, ist das nicht angemessen – 1 Million Euro für eine systematische Förderung von Jazzveranstaltungen käme dem näher.