Elliot Galvins neues Trio Album „Modern Times“, erschienen auf Edition Records, ist auf mehrere Weise eine ganz besondere Aufnahme und stellt schon allein mit dem Titel die Produktion auf den Kopf.
„Modern Times“ bietet musikalisch absolut moderne, fesselnde Musik. Aber wie sie zustande gekommen ist und unter welchen Umständen sie aufgenommen wurde ist eine eigene Geschichte, die technisch gesehen im vorigen Jahrtausend angesiedelt ist. Die komplette Aufnahmesession wurde live eingespielt, gemixt und direkt auf Vinyl aufgenommen (mit einemNeumann VMS70 lathe), jede Seite mit einer durchgehenden Aufnahme! Bei einigen Schallplattenliebhabern kommen da Erinnerungen hoch an das legendäre Jeton Label mit seinen direct-to-disc Aufnahmen. Genau so ist „Modern Times“ entstanden und auch gemeint. Produziert mit einer Technik aus der Prä-Tonband Ära der dreißiger Jahre, die heutzutage eher selten ist, gleichwohl für Musiker als auch Tontechniker eine besondere Herausforderung. Gleichzeitig musikalisch ein Statement gegen oftmals „überproduzierte“ Studiomucke, die wie hier puristisch eingespielt, ihren wahren Charakter entfaltet: da wird ehrlich, direkt, ohne Umschweife musiziert und improvisiert.
Gegründet wurde das Elliot Galvin Trio bereits 2014 mit Tom McCredie am Bass und dem Schlagzeuger Simon Roth. Seitdem ist viel passiert. Im gleichen Jahr mit dem European Young Jazz Artist Preis ausgezeichnet, folgte das hochgelobte Debutalbum „Dreamland“, danach das international gefeierte Folgealbum „Punch“ (auf Edition Records). Letztes Jahr veröffentlichte Galvin das Album „The Influencing Machine“ gemeinsam wieder mit McCredie am Bass und dem Schlagzeuger Corrie Dick (ebenfalls auf Edition Records) – eine Art musikalische Reaktion auf die Technologie, bei der Galvin Samples einsetzt und sich etwas schrilleren Tönen bedient.
Auf seinem aktuellen Album „Modern Times“ entführt Elliot Galvin den Hörer in seinen einzigartigen akustischen Piano-Trio-Kosmos, der in der Tat mehr als begeistert. Die Kompositionen stammen aus seiner Feder. Man hört wie die Musiker sich gegenseitig inspirieren, aufeinander reagieren und spontan agieren. Von einem „Youngster“ im Jazz erwartet man so etwas nicht zwangsläufig. Mutig stellt Galvin unter Beweis, dass er zu Recht als einer der innovativen neuen Pianisten der Szene gilt und bei aller Bescheidenheit niemals seinen Humor verliert. Der Schalk sitzt ihm, nicht nur musikalisch, im Nacken. Das macht genau den Reiz aus, sich auf Elliot Galvin und sein Trio einzulassen.
Überhaupt: „Edition Records“, 2008 gegründet von dem Pianisten Dave Stapleton und dem Fotografen Tim Dickeson, steht als Synonym für „outstanding-music“, das sich durch erstklassige Produktionen einen Namen erworben hat und aufregende wie zum Teil bahnbrechende Aufnahmen von Künstlern wie Chris Potter, Jeff Ballard, aber auch Kenny Wheeler, John Taylor oder vor kurzem Pablo Held mit seinem Trio veröffentlicht. Bei diesem Label mit seiner eigenen Philosophie können die Künstler ihre musikalischen Ideen umsetzen und Konzepte frei entfalten, ohne auf übliche Marktgesetze Rücksicht nehmen zu müssen.
Bleibt zu hoffen, dass wir noch weitere spannende Produktionen von Elliot Galvin zu hören bekommen. Gerüchten zufolge ist für das nächste Jahr bereits ein Solo-Album geplant.
Elliot Galvin: Modern Times
EDN 1126
Fotos: Thomas J. Krebs