Mit ihrem mittlerweile vierten Album ist die Berliner Sängerin Dotschy Reinhardt musikalisch einem Geheimnis auf der Spur. Entdeckt wurde es von Charlie Chaplins Tochter Victoria in dessen Nachttisch. Dort verwahrte der berühmte Daddy einen Brief, worin festgestellt wird, dass er – Charles Chaplin – nicht in London, sondern auf einem nahe gelegenen Grundstück geboren worden sei, auf welchem „romany people“, also Romanis kampierten.
Dieses Geheimnis nimmt Reinhardt als Ausgangspunkt, um mit Eigenkompositionen und einigen Standards dem Swing von Django Reinhardts Hot Club, dem Bossa Nova und swingendem Jazz ihre Referenz zu erweisen. Eine coole Mischung, welche die Sinteza – die sich seit Langem aktiv für die Rechte von Sinti und Roma einsetzt – schon früher erfolgreich erprobt hat. Weich und geschmeidig singt sie von schwierigen Fragen des Lebens. Sie lädt ihre Landsleute ein Romanes zu sprechen, damit die Sprache ihrer Vorfahren nicht verloren geht und zeichnet mit ihrem Gitarristen Alexey Wagner eine wunderschöne, intime Liebeseinladung in den Himmel – „Fly Away“. Leider schmiert sie bei ihrem entschiedenen und selbstbewußten Aufruf „Romanes“ am Schluß ein wenig mit der Stimme ab. Eine kaum merkliche Beeinträchtigung, die den Genuß nur wenig schmälert. Vor allem mit dem nachfolgenden Titel „After I Say I Am Sorry“ von Walter Donaldson , den sie im Duo mit ihrem Pianisten Christian von der Goltz singt, einem souveränen Begleiter, bei dem sie an Intensität und zugleich Zartheit zunimmt. Die künstlerische Auseinandersetzung in dieser intimen Duo-Beziehung scheint ihrem Gesang gut zu tun, hier gewinnt sie noch Kraft und Ausstrahlung. Die Lyrics zu diesem Song – der als einziger nicht im Booklet abgedruckt ist – hat der Bandleader und Schlagzeuger Abe Lyman (*1897-†1957) geschreiben, der 1925 für Charlie Chaplin Aufnahmen gemacht hat – welche ein Zufall.
„Chaplin’s Secret“ ist neben seinem musikalischen Unterhaltungswert auch ein Aufruf zur Solidarisierung mit Minderheiten, die heute wieder mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. In ihrem Titelsong, einer im Stil des Bossa Nova geschriebenen Ballade mit einem mitreißenden Violinsolo, gelingt das Dotschy Reinahrdt auf besonders beeindruckende Weise. Mit einem weiteren, dem auf Romanes gesungenen Song will die Sängerin zudem dazu ermutigen, zur eigenen Kultur zu stehen. Wie bunt und vielfältig die Welt sein ist, wenn vermeintlich fremde Kulturen ihren Platz in unserer Gesellschaft finden, zeigt die Berlinerin nicht zuletzt mit ihrer international besetzten Band, zu der Musiker aus Schweden, Sibirien, der Ukraine, Australien, Italien und Israel gehören.
von Michael Scheiner
CD: Dotschy Reinhardt, Chaplin`s Secret, Cd und Download, Galileo Music GMC 079, 15,99 Euro (Audio)
Badoglio, Roberto: E-Bass
Hartmann, Max: Double Bass
Krupksky, Alexey: Guitar
von der Goltz, Christian: Piano
Wagner, Alexey: Guitar
Weltinger, Daniel: Violin
Dotschy Reinhardt: vocal
Nir Sabag: drums (Gast)