Am Vortag der 24. Hürther Jazznacht 2018 fand morgens in der Aula des Albert-Schweitzer-Gymnasiums ein Workshop statt. Auf Initiative des Jazzclubs Hürth e. V. durften Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums drei Stunden lang intensiv mit Helmut Eisel zusammenarbeiten. Der gefeierte Klezmer-Klarinettist und musikalische Grenzgänger probte mit neun Heranwachsenden unter anderem Giora Feidmans „Forget the tears, it’s beautiful“. Dabei vermittelte er auch etwas über die spirituellen Grundlagen der Klezmer-Musik, wenn er den Ursprung des Begriffs aus dem Aramäischen erläuterte. „Das Wort Klezmer bedeutet wörtlich ‚Gefäß des Liedes‘ oder ‚Gefäß der Musik'“, unterstrich Eisel. „Wenn wir live spielen, heißt das in diesem Zusammenhang, dass wir die Musik zu den Menschen tragen. Wir werden also der Kanal für Musik, die im eigentlichen Sinne schon da ist und auch in den Menschen weiterwirken wird, wenn wir aufgehört haben zu spielen“, sagte Eisel weiter zu den Schülern, die an Klavier, Posaune, Trompete, Saxophon, Querflöten und Cajón in einen Dialog mit dem Profi traten.
Vor allem lag Eisel daran, die Schüler zum eigenen Improvisieren zu ermutigen: Wilde Skalen spielend, in denen seine Klarinette jauchzte und lachte, seufzte und jammerte, forderte er die Schüler heraus und zeigte sich sichtlich zufrieden mit deren Improvisationen. Im Anschluss an den Workshop hatte er keinen Zweifel, dass der gemeinsame Auftritt mit den Schülern auf der großen Bühne der 24. Hürther Jazznacht ein großer Erfolg sein würde. Entsprechend begeistert waren die Schüler. Tobias Temp etwa, der mit großer Energie am Cajón für den Rhythmus gesorgt hatte, strahlte: „Dieser Workshop hat mir wirklich Spaß gemacht. Ich habe neue Eindrücke sammeln können und einen anderen Blick auf das Musikmachen erhalten.“ Temp hatte in der Vergangenheit bereits an einem vom Jazzclub ermöglichten Gypsy-Swing-Workshop mit Joscho Stephan teilgenommen und freute sich nun, auch einmal mit jüdischen Musiktraditionen in Berührung zu kommen. Zustimmend äußerte sich auch Musiklehrerin Martina Zöllner, für die der Workshop des Jazzclubs eine einmalige Gelegenheit für die Schüler darstellte, sich mit dem Thema Improvisation auseinanderzusetzen. Improvisieren und das Hören auf Musik kämen im normalen Schulunterricht nämlich meist zu kurz.
Günter Reiners, Vorsitzender des Jazzclubs, pflichtete ihr bei: „Der Jazzclub Hürth hat sich als gemeinnütziger Verein die Förderung des Jazznachwuchses auf die Fahnen geschrieben. Deswegen unterhalten wir seit Jahren enge Kooperationen mit Schulen unserer Stadt, in denen wir Workshops und Vortragsreihen mit Künstlerinnen und Künstlern unseres Programms ermöglichen. Dass unser Engagement für junge Menschen Früchte trägt, sieht man nicht zuletzt daran, dass etwa Marius Peters, heute anerkannter Gitarrist aus unserer Region, überhaupt erst durch unsere Jazznacht zu dieser Musik gekommen ist. Es geht uns aber nicht nur um die zukünftigen Stars, sondern auch darum, jungen Menschen zu vermitteln, dass Jazz eine hochaktuelle Kunstform ist, die konkret etwas mit ihrem Leben zu tun hat und zu ihrer Lebensqualität beitragen kann“, so Reiners weiter.
Text: Dr. Michael Vogt