Nachlese: Jazz & The City Salzburg 2018

Text und Fotos von Ralf Dombrowski. Schon faszinierend, eine Stadt, der man architektonisch anmerkt, dass sie Musik mag. Ein Saal wie das Solitär im Neubau des Mozarteums mit großem Panoramafenster Richtung Mönchsberg wäre andernorts womöglich Immobilienspekulanten zum Opfer gefallen, denn exklusiver geht es kaum. Salzburg aber leistet sich Musik, angedockt an den feudalen Park des Schlosses Mirabell, in Rufnähe zum Stadttheater. Tina Heine wiederum, die nun zum dritten Mal das Programm von „Jazz & The City“ verantwortet, weiß genau, dass so ein Raum nach Hochkultur lechzt und sorgt dafür, dass er am wichtigen Finalsamstag des Festivals auch mit passenden Projekten bespielt wird. Da ist zum Beispiel die Pianistin Tamar Halperin, die sich im Duo mit dem allerdings sehr dezent agierenden Elektroniker Guy Sternberg Satie, Cage, Corea widmet. Das hat zwar wenig mit dem Kerngeschäft des Jazz zu tun, bietet dafür aber die Möglichkeit, vor allem die Miniaturen des französischen Exzentrikers in einem textur-übergreifend atmosphärischen Zusammenhang zu erleben, mit Blick auf das erleuchtete Kunstmuseum am Mönchsberg, das in der frühen Abendstunde wie ein Raumschiff in der Dunkelheit schwebt.

Danach dann einer der Höhepunkte des Festivals. Der Trompeter Markus Stockhausen präsentiert eine gute Stunde Musikwelten im Duo mit dem Pianisten Florian Weber. Auch hier stand einst Kammermusik Pate, aber als Klanghaltung, nicht als Gestaltungskonzept. Beide Musiker sind einerseits phänomenale Instrumentalisten, die längst individuell und im Gespann eigene Formen der Phrasierung, der Einkreisung von musikalischen Zentren und der Durchdringung künstlerischer Energie entwickelt haben. Viel mehr Empathie und Offenheit in einem Konzert kann ein Duo nicht entfalten und so wirkte beispielsweise die Kombination des Pablo Held Trios mit den Gitarristen Ralph Towner im Vergleich schon beinahe zahm. Am gleichen Vorabend im Stadttheater zu Gast, arbeiteten sie an ähnlichen Fragen der künstlerischen Fundamentierung von Improvisation, blieben aber deutlich mehr an der Oberfläche des Formalen hängen, was letztlich in Harmonie, nicht in Mut mündete. Den wiederum stellten der Schlagzeuger Edward Perraud und der Saxofonist Thomas de Pourquery in den Mittelpunkt, ersterer im Quartett im Bösendorfersaal des Mozarteums, das sich als Laborversuch frei fließender Komplexität entpuppte, letzterer als Abschluss des Abends auf der großen Bühne des Szene Club mit einer etwas überdrehten Version popjazziger Avantgarde. Gewichtung hin, Bedeutung her – ein Erlebnis waren alle diese Konzerte des Festivalsamstags. Glücklich, wenn eine Stadt so viel Musik zu hören hat.

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