Auf der Crowdfunding-Plattform „Startnext“ startete der Musiker Benjamin Schaefer ein Crowdfunding-Projekt. Dazu schreibt er: „In diesem Jahr habe ich nach fast zwei Jahren Vorarbeit mein erstes Big Band-Album ‚Hive Mind‘ aufgenommen. Ich wünsche mir, dass diese Big Band auch Konzerte spielt. Das ist teuer (ca. 10.000€ pro Konzert), und die Zahl der Spielorte für Jazz, die sich eine solche Band überhaupt leisten können, ist sehr gering. Deshalb möchte ich einen Teil dieses Geldes durch Crowdfunding co-finanzieren – und euch dabei um eure Unterstützung bitten!“
Martin Hufner hat ihm in diesem Zusammenhang ein paar Fragen zum Thema Crowdfunding, Förderung und Perspektive solcher Initiativen gestellt.
Martin Hufner: Benjamin Schaefer, Du gehst gerade einen relativ neuen Weg, um Deine Musik und die Deines Ensembles jenseits einer CD-Produktion zugänglich zu machen. Du sammelst Geld über Crowdfunding ein. Soweit ist es schon gekommen, soweit musste es kommen, endlich kommt es dazu! Crowdfunding als Notnagel oder einer Form von wirklicher Selbstbestimmung?
Benjamin Schaefer: Crowdfunding für Musikprojekte gibt es schon seit 15 Jahren, meist werden CD-Produktionen damit finanziert. Ich bin in der glücklichen Situation, dass der Produktionsteil schon durch institutionelle Förderung abgesichert war. Ob Crowdfunding eher Notnagel oder wirkliche Selbstbestimmung ist, finde ich schwer zu beantworten. In einer (aus Musikersicht) perfekten Welt bräuchte es kein Crowdfunding, weil alle Spielorte so gut besucht und/oder gefördert wären, dass auch für große Ensembles wie eine Big Band genügend Geld zur Verfügung stünde. Das ist aber sehr eindeutig nicht der Fall.
MH: Denkst Du, dass solchen Crowdfunding-Projekten die Zukunft im Bereich Jazz-Performances gehört?
BS: Ich hoffe nicht! Eine solche Kampagne durchzuführen ist nur mit großem persönlichen Zeitaufwand möglich – Zeit, die dann andernorts (Üben, Proben, Musik machen…) fehlt.
MH: Deine Aktion ist ja auch rein technisch und organisatorisch recht aufwendig (Videointerviews etc.). Es hat den Anschein, als würde der „Verkauf“ und die Präsentation der Idee recht viel Aufwand bedeuten. Lohnt sich das?
BS: Siehe vorige Frage. Zwar macht es auch Spaß, sich die Kampagneninhalte auszudenken, und es gibt den guten Nebeneffekt einer Langzeitwerbung – viel mehr Leute wissen jetzt, dass ich eine Big Band-CD gemacht habe -, aber im Endeffekt sind es vier Wochen mehr oder weniger unbezahlte Arbeit. Arbeit, die sich nur gelohnt haben wird, wenn am Ende der Zielbetrag erreicht worden ist.
MH: Man könnte auch sagen, mit Crowdfunding lässt sich gegebenenfalls eine Lücke schließen, die die allgemeine Musikförderung zurzeit nicht decken kann? Kann das die wünschenswerte Zukunft solcher Projekte sein? Und anders: Bist Du bei anderen Fördermöglichkeiten (Initiative Musik / Förderfonds für zeitgenössische Musik) mit diesem Projekt gescheitert?
BS: Institutionelle Förderung und Crowdfunding können bestenfalls Hand in Hand gehen. Wie oben beschrieben, habe ich für die CD-Produktion bereits institutionelle Förderung erhalten. Sollte meine Crowdfunding-Kampagne nicht erfolgreich sein, gibt es gegebenenfalls weitere Institutionen, an die ich mich wenden kann. Der Vorteil bei Crowdfunding ist, dass das Interesse an meiner Musik nicht „von oben“ verordnet (und deshalb finanziert) wird, sondern auf Augenhöhe vom geneigten Publikum signalisiert werden kann. Ich habe ja – außer ein bisschen Geld – nichts davon, wenn meine Big Band ein voll finanziertes Konzert ohne Zuschauer spielt.
MH: Kann es nicht sogar dahin kommen, dass bisherige Förderer (staatliche, öffentliche oder private) sich sagen: Dann können wir uns aus diesem Engagement zurückziehen? Je erfolgreicher solche Crowdfundingprojekte sind, desto schlechter für bisherige Förderinstrumente?
BS: Ich glaube nicht, dass diese „Gefahr“ ernsthaft besteht. Dafür müssten wir erstmal an einen Punkt gelangen, an dem Jazz, diese wunderbare Feier des musikalischen Moments, wieder ein breites Publikum erreicht. Das ist nicht allein Aufgabe der Musiker, wie gerne suggeriert wird. Es ist auch die Aufgabe unserer Zuhörer, offen und aufnahmefähig zu bleiben, mutig zu sein im Umgang mit Unerwartetem und Unerhörtem. Nur gemeinsam können wir es schaffen.
MH: Herzlichen Dank, Benjamin Schaefer. Willst Du sonst noch etwas unseren Leserinnen mitgeben? Dann jetzt!
BS: Ja, klar! Liebe Leserinnen, bitte geht auf meine Projektseite https://www.startnext.com/hivemind, schaut euch das Pitch Video an, sucht euch euer Lieblingsdankeschön aus und seid dabei! Die Kampagne läuft noch bis zum 13. September um 23:59h, am Ende gilt das Alles-oder-Nichts-Prinzip. Wird der Zielbetrag nicht erreicht, bekommen alle Unterstützer ihr Geld zurück und ich stehe mit leeren Händen da. Das wäre doch schade…
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