Open Land
Meeting John Abercrombie
A Film by Arno Oehri & Oliver Primus
A Music Heritage Production ECM
Der Lichtensteiner Filmemacher und Regisseur Arno Oehri interviewte den letztes Jahr leider viel zu früh verstorbenen Gitarristen John Abercrombie ausführlich zuhause in Greenwich/Connecticut und besuchte mit ihm Stationen seines Lebens. Herausgekommen ist dabei ein sehr persönliches Portrait. Abercrombies Werdegang wird behutsam beleuchtet, treue Begleiter kommen zu Wort, wie z.B. der New Yorker Gitarrenbauer Ric McCurdy, der akribisch darauf bedacht ist individuelle Gitarrenlösungen und Spezialanfertigungen für sein Klientel zu finden oder seine Frau Lisa, die ihm all die Jahre zur Seite stand.
John Abercrombies erste Begegnung mit seinem zukünftigen Instrument wird von ihm selbst mit Humor und Augenzwinkern beschrieben (wer hätte gedacht, dass er zuerst von Chuck Berry und dessen Gitarre fasziniert war), seine Anfänge auf der akustischen Gitarre, der weitere Werdegang abseits des Mainstream bis hin zu seinem kreativen Improvisationsstil. Der Meister erzählt selbst gelassen und ruhig was ihn bewegte, beeinflusste und wie er letztlich zum Jazz kam. Dabei konnte sich Abercrombie auf seine Familie verlassen, die ihn zwar kritisch beäugte aber immer förderte, unterstützte und seine Entscheidung Profimusiker zu werden akzeptierte. Mit viel Fingerspitzengefühl verbindet Oehri in seinem Film Interviewpassagen mit typischen Abercrombie Soundscapes, die er mit atmosphärisch passenden Bildern und Sequenzen zu herrlichen Musik-Clips kombiniert. Musiker kommen zu Wort und beschreiben die gemeinsame Zusammenarbeit, die stets von gegenseitigem Respekt und Zuneigung geprägt war. Zwischendurch auflockernde Ausschnitte eines Konzertes mit Gary Versace und Adam Nussbaum im Lichtensteiner Jazzclub Tangente, einer Jam-Session mit Rob Sheps, Eliot Zigmund und David Kingsnorth, oder wie er z.B. am New Yorker Purchase College Studenten unterrichtete. John Abercrombie war Zeit seines Lebens ein Menschenfreund, gefühlvoll, positiv gestimmt, trotz einiger Rückschläge, die ihn im Leben ereilten, wie z.B. ein Feuer, das 2002 sein Haus und seine ganze Habe zerstörte. Er war ein Suchender, immer mit seiner Gitarre neuen Klängen auf der Spur, die ihn und sein Spiel so unique machten. Ein großartiger Improvisator voller Poesie und gleichzeitig Teamplayer mit seinen Kollegen, der sich nie in den Vordergrund spielte, mit seinen Improvisationen und Timing aber immer einzigartig und ungemein inspiriert war.
Die DVD „Open Land“ ist ein Film am Ende der musikalischen Reise Abercrombies, leider, denn er steckte nach wie vor voller Ideen. Ein wunderbares, einfühlsames Portrait über einen der bedeutendsten Gitarristen unserer Zeit, der mit seinem entschleunigten Spiel und tiefgründigen Improvisationen ein Ruhepol in der Hektik des Alltags war. Dass er vor über 40 Jahren seine Karriere bei ECM Records begann und dort vornehmlich sein musikalisches zuhause hatte spricht für sich.
Text: Thomas J. Krebs