Klaviermusik kann Vieles: Das Spiel mit Licht und Schatten, mit Schwarz und Weiß, mit filigraner Leichtigkeit und einer imposanten Schwere.
Tony Tixier lässt dabei noch das Spiel der Farben zu. Raffiniert spinnen die Töne im Kopf der Zuhörer Geschichten, die mehr sind als eine Schule der Geläufigkeit. Zusammen mit Karl McComas-Reichl am Bass und Tommy Crane an den Drums ist dem jungen Franzosen mit „Life of Sensitive Creatures“ ein Album gelungen, das facettenreich und kreativ von sehr Persönlichem erzählt, das zugleich universell ist.
Nie zu melancholisch, nie zu übertrieben fröhlich, erkennt man sich in den Melodien wieder, während der Puls von Bass und Schlagzeug die Songs vorantreibt und so den Plot immer weiterführt. Tixier selbst sagte über sein Trio: „Meine Musik braucht mehr als Solo-Piano, also gestalten MacComas-Reichl und Crane sie, schaffen Raum und bewegen sie in verschiedene Richtungen.“ Seine Begleiter schaffen dem Pianisten aber nicht nur Raum, sondern fangen ihn auf, unterstreichen seine Themen und man hört die langjährige musikalische Freundschaft zu Tixier in jedem Moment ihres Spiels.
Bei all ihrer Verschiedenheit gehen die Songs beinahe nahtlos in einander über, und verbinden wechselnde Gefühle zu einem Hörerlebnis. Es scheint, als habe Tixier die Flüchtigkeit zum Stilmittel erhoben: das Stück „Home At Last“ wird zum ein fröhlicher Blues, „Flow“ zum Strudel der Glückseligkeit.
Als Kind schrieb Tixier Gedichte über Glück, Traurigkeit, Illusion und die verschiedenen Formen dieser großen Worte im Alltäglichen. Musik zu schaffen, sieht er als Erweiterung dessen. Trotzdem klingt die Musik nie verkopft oder inhaltlich überfrachtet. Tixiers Kunst besteht darin, übers plakativ Erzählende hinauszugehen.
Lässt man sich auf sie ein, kann der Hörer sich in ihr erkennen. Als Hommage an seine Familie klingt die Platte eben auch für den Unbeteiligten familiär und ist gerade deshalb empfehlenswert.
Life of Sensitive Creatures
Tony Tixier (p)
Label: Whirlwind Recordings WR4716
Maria Güntner